Ramba Zamba

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Vielfalt in einem kunterbunten Ensemble – dafür steht das Berliner RambaZamba-Theater, das den inklusiven Gedanken mit integrativer Kulturarbeit verbindet. Über die inszenierten Werke kommen Menschen mit und ohne Behinderung zusammen und gehen ihrer künstlerischen Arbeit nach. Die authentische Dokumentation „Ramba Zamba“ erzeugt eine große Nähe zu den Porträtierten und verbindet gekonnt einen subjektiven, sehr persönlichen Ansatz mit der Wissensvermittlung über partizipative Theaterarbeit. 

Deutschland 2023
Regie: Sobo Swobodnik
Buch: Sobo Swobodnik

Länge: 90 Minuten
Verleih: Partisan
Kinostart: 11. Mai 2023

FILMKRITIK:

Inklusion und Teilhabe – dafür steht das im Berliner Ortsteil Prenzlauer Berg beheimatete RambaZamba-Theater. An der 1990 gegründeten Spielstätte arbeiten körperlich oder geistig beeinträchtigte Menschen mit nicht behinderten Künstlern, Kreativen und Schauspielern zusammen. Die aufgeführten Stücke reichen von „Nosferatu“ über „Moby Dick“ bis hin zu „Einer flog über das Kuckucksnest“ (inszeniert von Leander Haußmann). Regisseur Sobo Swobodnik begleitet Crew und Darsteller über einen Zeitraum von einem halben Jahr mit seiner Kamera: von den Vorbereitungen und Proben bis hin zum lange geplanten Premierenauftritt, dem alle entgegenfiebern.

Die Idee des RambaZamba-Theaters sowie ähnlich arbeitender Kulturinstitutionen, nämlich die aktive Teilhabe und Partizipation aller, überträgt Swobodnik auch auf seinen Film. So haben die Darstellerinnen und Darsteller, die hier im Mittelpunkt stehen und porträtiert werden, selbst einen großen Einfluss auf Gestaltung und Dramaturgie dieser Dokumentation. Zu Beginn des Films sieht man, wie einige der Ensemble-Mitglieder eine Camcorder-Einweisung erhalten. Wie lässt sich der Bildschirm drehen? Wie zoomt man und welche Kameraposition ist die ideale?

Wie selbstverständlich macht Swobodnik die Porträtierten damit gewissermaßen zu seinen Co-Regisseuren, die einen Großteil der Aufnahmen und Szenen liefern. Zum Beispiel Jonas Sippel, der seit 2012 Theatermitglied ist und sich Anfangs erst einmal den Zuschauern vorstellt. In der Folge gewährt er Einblicke in seine Lebensrealität und seinen Alltag – ebenso wie einige seiner Mitstreiter*innen. Manche zeigen ihre Wohnung, filmen sich bei der Hausarbeit, ein anderer hält seinen Südtirol-Urlaub mit der Kamera fest. Jonas bringt eine weitere subjektive Note in den Film, in dem er den Weg von seiner Wohnung zum Theater dreht – und der Zuschauer diesen somit auf unmittelbare, sehr persönliche Weise miterleben darf.

Überhaupt ist es dieser intime Rahmen, der einen nicht unerheblichen Reiz von „Ramba Zamba“ ausmacht. Unaufdringlich und authentisch lernt der Kinobesucher die Darsteller so nochmal auf eine ganz andere, private Art kennen. Und wie sie die Wirklichkeit, das Leben um sich herum, wahrnehmen. Demgegenüber stehen die Szenen von den Proben, Übungen und der Entwicklung des Stücks „Golem“, basierend auf der aus dem 16. Jahrhundert stammenden Legende rund um die zum Leben erweckte, mystische und (angeblich) überlebensgroße Lehmfigur.

„Ramba Zamba“ zeigt in diesen Momenten, wie gelebtes inklusives Theater funktioniert und in der Praxis aussehen kann. Wenn Schauspieler und Autoren das Drehbuch durchgehen, die Deutungsebenen und Interpretationsmöglichkeiten des Stücks besprechen, bei Gesangsübungen zu sehen sind oder auch mal hitzig und beherzt über bestimmte Szenen diskutieren. Die Proben stehen stellvertretend für etwas, das Kunst zu leisten im Stande ist und was sich vor allem in partizipativen, integrativen Theaterprojekten manifestiert: kreatives, kulturelles Tun, das alle Menschen verbindet und das ein jeder mitgestalten kann.

Ergänzend kommen Impressionen von Aktionen und öffentlichkeitswirksamen Auftritten hinzu, die zur Bewusstseinsbildung und Aufklärung in der Gesellschaft beitragen sollen. Wenn die Theatermitglieder zum Beispiel im offenen Wagen durch die Straßen der Hauptstadt fahren, im öffentlichen Raum ihre Kunst darbieten und nebenbei über die Theaterarbeit oder auch Trisomie 21 aufklären.

 

Björn Schneider