Raus aus dem Teich

Zum Vergrößern klicken

Gleich mit ihrem ersten Animationsspielfilm landete die von Chris Meledandri gegründete Produktionsschmiede Illumination einen veritablen Hit. „Ich – Einfach unverbesserlich“ kam 2010 in die Kinos, wurde von den Kritikern positiv besprochen und spielte mehr als eine halbe Milliarde Dollar ein. Unter anderem dank zweier Fortsetzungen und der Spin-offs um die chaotischen gelben Helferlein namens Minions hat sich die Firma längst als ein Big Player unter den Animationsstudios etabliert. Mit „Raus aus dem Teich“ findet kurz vor Weihnachten ein neuer Illumination-Titel den Weg auf die große Leinwand. Der optisch überzeugende Film rund um eine Entenfamilie auf Reisen fängt halbwegs vielversprechend an, hat am Ende aber wenig Spannendes zu erzählen.

Webseite: https://www.upig.de/micro/raus-aus-dem-teich

Migration
Regie: Benjamin Renner, Guylo Homsy (Ko-Regisseur)
Drehbuch: Mike White
Deutsche Sprecher: Elyas M’Barek, Nazan Eckes, Julius Weckauf, Luiza Kampf, Jorge González, Nina Chuba, Axel Lutter u.a.

Länge: 92 Minuten
FSK: ab 0 Jahren
Verleih/Vertrieb: Universal Pictures Germany
Kinostart: 21.12.2023

FILMKRITIK:

Alles, was jenseits des vertrauten Gewässers irgendwo im US-amerikanischen Nordosten liegt, ist ungemütlich und gefährlich. So predigt es Stockentenvater Mack (deutsche Stimme: Elyas M’Barek) unaufhörlich seinen Kindern Dax (Julius Weckauf) und Gwen (Luiza Kampf). Seine Schauergeschichten können gar nicht brutal genug sein, um die Neugier der Kleinen im Keim zu ersticken. Ehefrau Pam (Nazan Eckes) hingegen sieht das Ganze etwas gelassener, fährt ihrem heimatverbundenen Gatten bislang aber nicht entscheidend in die Parade.

Als Zugvogelenten auf dem Weg nach Jamaika einen Zwischenstopp am beschaulichen Teich der Familie einlegen, befeuern ihre Erzählungen jedoch die Fantasie und Abenteuerlust der Mutter und ihres Nachwuchses. Macks Abwehrhaltung bröckelt und geht schließlich flöten. Wohl oder übel bleibt ihm nichts anderes übrig, als mit seinen Liebsten eine Reise in den Süden anzutreten. Begleitet werden sie auf ihrem – selbstredend – turbulent verlaufenden Trip vom tollpatschigen Onkel Dan (Axel Lutter).

Die größte Stärke des neuen Illumination-Abenteuers sind ohne Wenn und Aber seine eindrucksvollen Animationsbilder. Die Heimat der Protagonisten erstrahlt in leuchtend-schönen Herbstfarben, macht sofort Lust auf einen Urlaub inmitten der Natur Neuenglands. Überaus gelungen ist außerdem die Darstellung des Wassers, dessen Bewegungen täuschend echt aussehen. Spektakuläre Anblicke liefern nicht zuletzt der rasante Flug durch die Wolken und der etwas länger werdende Aufenthalt in der Metropole New York City, die mit viel Liebe zum Detail auf die Leinwand gebracht wird.

Optisch gibt es nichts zu meckern. Inhaltlich jedoch biegt „Raus aus dem Teich“ im Mittelteil falsch ab. Gut und gerne hätte man aus der Prämisse eine mitreißend-ergreifende Geschichte über das Loslassen, den Mut zum Risiko und das Überwinden von Vorurteilen stricken können. Herausgekommen ist aber leider ein Film, der seine tierischen Figuren nur grob konturiert und ohne Biss oder Hintersinn auf sein Ende zusteuert. Überraschend, wenn man bedenkt, dass Mike White, immerhin Schöpfer der galligen Satireserie „The White Lotus“, die von ihm und Regisseur Benjamin Renner („Ernest & Célestine“) ausgeheckte Grundidee zu einem Drehbuch ausgearbeitet hat.

Dass selbst die Macher ihren Charakteren nicht wirklich trauen, wird an den irgendwann Überhand nehmenden generischen Actioneinlagen deutlich. Ein grotesk kostümierter Chefkoch mutiert zu einem platten, bloß Grummellaute ausstoßenden Schurken und setzt der Entenfamilie und ihren neuen Freunden zu. Mit seinen Hightech-Gerätschaften und Flugobjekten fällt er im Kontext des Films komplett aus dem Rahmen, scheint eher aus einem der „Ich – Einfach unverbesserlich“-Werke zu stammen. Die kreativen Köpfe versuchen hier, auf die denkbar einfachste und langweiligste Weise Nervenkitzel zu erzeugen.

Nicht unerwähnt lassen wollen wir abschließend die diskutable FSK-Einstufung. Obwohl Mack des Öfteren über deftige Tötungsformen spricht und ein Besuch der Protagonisten bei einem alten Reiherpaar wie ein Horrorfilm inszeniert ist, soll „Raus aus dem Teich“ für alle Altersklassen geeignet sein. Bei dieser Entscheidung scheinen die Prüfer beide Augen kräftig zugedrückt zu haben.

 

Christopher Diekhaus