In Berlin schlägt das elektronische Herz der Techno-Szene mit mehreren hundert Beats pro Minute. Die Clubs und die DJ-Legenden, die dort auflegen, sind weltweit bekannt und bieten eine einzigartige Vielfalt, die rund um den Globus junge Leute nach Berlin lockt.
Diesem Mekka der Techno-Kultur haben Niklas Chryssos und Viktor Jakovleski in ihrem rauschhaften Disco-Drama ein filmisches Denkmal gesetzt. Ihre teilweise dokumentarisch anmutende Reise eines DJs durch die Nacht wird zum einigermaßen wilden Ritt durch die Erlebniswelt der Techno-Szene. Und wenn erstmal das ganze Kino groovt, wer kann da noch die Füße stillhalten?
Über den Film
Originaltitel
Rave On
Deutscher Titel
Rave on
Produktionsland
DEU
Filmdauer
80 min
Produktionsjahr
2025
Produzent
Patrick Schorn und Andro Steinborn
Regisseur
Nikias Chryssos und Viktor Jakovleski
Verleih
Weltkino Filmverleih GmbH
Starttermin
31.07.2025
Als DJ war Kosmo (Aaron Altaras) einmal zu den ganz großen Zielen unterwegs – er war angesagt, galt als der kommende Superstar. Doch seine große Reise endete in einer verhängnisvollen Nacht, in der er und sein Kumpel Klaus (Clemens Schick) den Durchbruch schaffen wollten. Das ging gründlich schief, statt Triumph gab es Krach, shit happens, game over. Der Headliner der Show an jenem Abend war Troy Porter (Jamal Moss), eine Legende unter den DJ’s, der jetzt wieder in der Stadt ist, um im selben Club aufzulegen wie damals … Und Kosmo will’s noch einmal wissen. Mit einer Vinyl-LP, auf der er seine besten Tracks zusammengestellt hat, geht er in den Club, um sie Troy zu überreichen. Kaum ist er drin, beginnt ein wilder Trip. Er wird nicht nur mit seiner Vergangenheit, sondern auch mit neuen Gegenwarten konfrontiert, er trifft alte Bekannte, verirrt sich in Träumen und Erinnerungen und kommt wieder auf Kurs. Auf dem Höhepunkt der rauschhaften Nacht passiert es dann: Er verliert die Platte mit seinem Lebenswerk. Alles scheint verloren …
Die Parallelen zwischen Kosmos Reise in die eigene Vergangenheit und den Irrfahrten des Odysseus über das Mittelmeer sind offensichtlich. Beide haben nur ein einziges Ziel: sie wollen nach Hause kommen. Odysseus zog es nach Ithaka, Kosmos will von „seiner“ Techno-Szene wieder aufgenommen werden. Odysseus‘ Irrfahrt dauerte zehn Jahre, Kosmos ist nur eine einzige Nacht lang unterwegs, doch diese Nacht hat es in sich. Aber Vorsicht! Wer hier einen raffinierten Plot und ein minutiös verfasstes Drehbuch erwartet, ist komplett auf dem Holzweg bzw. im falschen Film. „Rave On“ erzählt nicht wirklich eine Geschichte, sondern beschränkt sich darauf, Kosmos Weg zu sich selbst zu bebildern.
Dass dies gelingen kann, wäre neben der wirklich mitreißenden Kameraarbeit Jonas Schneiders sicherlich auch der Performance von Aaron Altaras zu verdanken. Man merkt ihm den DJ-Hintergrund an, er hat das, was er spielt, auch erlebt. Und er ist klug genug, den innerlich zutiefst zerrissenen Kosmo nicht zu erklären, sondern ihm sein Geheimnis zu lassen.
Um das Feeling einer Clubnacht möglichst authentisch zu vermitteln, haben die Regisseure einige Nächte lang echte Raves in einem Club gefilmt und mit den Aufnahmen der Spielhandlung zusammenmontiert. Kombiniert mit den treibenden Rhythmen der von Ed Davenport für den Film kombinierten Tracks entstand auf diese Weise ein Film, der die Erfahrung einer Berliner Clubnacht im Kino nachvollziehbar macht: die Euphorie, den Rausch, die Selbstvergessenheit. Und die Flucht vor der Wirklichkeit, die immer nur einen Türsteher weit entfernt ist.
Spätestens ab dem Moment, an dem Drogen ins Spiel kommen, hat „Rave On“ das Potenzial, das Publikum zu spalten und zu polarisieren. Techno-affine Szenefans, die das Abenteuer einer Club-Nacht kennen und schätzen, werden auf jeden Fall von diesem Frontalangriff auf Augen und Ohren begeistert sein. Konservativere Gemüter, deren Gehörgänge Gediegeneres gewöhnt sind, werden dem Geschehen eher verständnislos begegnen. Doch das liegt in der Natur der Sache, denn „Rave On“ funktioniert tatsächlich wie eine echte Clubnacht: Die Chancen für eine mitreißende Erfahrung sind hoch – wenn man willens und in der Lage ist, sich auf die Sache einzulassen.
Gaby Sikorski