Recycle

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Der Filmemacher Mahmoud al-Massad reist nach acht Jahren im Ausland in seine jordanische Heimat. In der Millionenstadt Sarka heftet er sich ann die Fersen eines ehemaligen Dschihad-Anhängers und versucht die Beweggründe des Top-Terroristen Abu Musa al Sarkawi zu ergründen, der ebenfalls aus Sarka stammt. Der Dokumentarfilm überzeugt dabei nicht nur als intimes Porträt, sondern gibt auch einen einprägsamen Einblick in die Lebenswelten im Nahen Osten.

Webseite: mecfilm.de

OT: Ea'adat Khalq
Jordanien/Niederlande/Deutschland/Schweiz/USA 2007
Regisseur: Mahmoud al-Massad
Länge: 80 Minuten
Verleih: MEC Films
Kinostart: 2.10.2008

PRESSESTIMMEN:

Ein hochinteressanter Film aus einer Welt, die von den Massenmedien
konsequent ignoriert wird. 
tip Berlin

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FILMKRITIK:

„Recycle“ ist der Versuch einer Bestandsaufnahme. Sarka ist mit knapp einer Million Bewohnern die zweitgrößte Stadt Jordaniens und Heimat vieler einflussreicher Islamisten. Gleichzeitig auch die ehemalige Heimat von Regisseur Mahmoud al-Massad, der zum ersten Mal nach acht Jahren in die vertrauten Straßen und Viertel zurückkehrt. 

Für seinen Dokumentarfilm legt er zwei Handlungsstränge an: Er begleitet Abu Ammar, einem ehemaligen Dschihad-Kämpfer, durch den neuen Alltag. Zum anderen geht er auf die Spurensuche von Abu Musa al Sarkawi, jenem Al-Kaida-Führer im Irak, der 2005 von US-amerikanischen Truppen getötet wurde und in Sarka aufgewachsen ist.

In schlichten und einprägsamen Bildern verwebt Mahmoud al-Massad seine beiden Geschichten, die jenseits von politischen Idealisierungen sind und einen nüchternen Einblick in die schonungslose Lebensrealität im Nahen Osten geben. Dabei versucht sich der Film gar nicht erst an politischen Erklärungsversuchen oder Schuldzuweisungen, sondern reißt die Konflikte um die US-amerikanische Invasion im Irak und in Afghanistan lediglich kurz an. Während im Laufe der Spielzeit der Name al-Sarkawi in den Hintergrund rückt und sich zahlreiche Nachbarn und ehemalige Wegbegleiter über den berühmt gewordenen Terroristen zu Wort melden, verlagert sich „Recycling“ mehr und mehr zu einem Porträt über Abu Ammar. Der ehemalige Dschihad-Anhänger, der vor ein paar Jahren desillusioniert Afghanistan verlassen hat, sammelt jetzt weggeworfenes Altpapier auf den Straßen von Sarka. Nebenbei versucht er sich als Schriftsteller und schreibt nachts an einem Thesenbuch über den Dschihad. 

Man könnte „Recycling“ allenfalls die Beliebigkeit vorwerfen, mit der hier Szenen aus dem komplexen Alltag montiert wurden, die scheinbar keiner besonderen Intention folgen. Dennoch ist der Film mehr als nur ein Spiegelbild gegenwärtiger Lebensverhältnisse: Es ist der Einblick eines ehemaligen Insiders, der erschrocken feststellen muss, dass sich die Umstände im heimatlichen Sarka über die  vergangenen Jahren rapide verschlechtert haben –  Regisseur Mahmoud al-Massad verdeutlicht dies mit einem simplen Beispiel, als sein Protagonist Kamelmilch kaufen will und in tagelange Verhandlungen mit den Verkäufern hingehalten und im Ungewissen gelassen wird. So überzeugt sein Film in der Beobachtung eines gebrochenen Mannes, der auf der Suche nach seinem Weg in ein besseres Leben ist, das bislang aber noch von den Widersprüchen zwischen religiöser Doktrinen und grauem Lebensalltag bestimmt ist.

David Siems

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