Republic of Silence

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Fast vergessen scheint in diesen Tagen zahlloser Konflikte und globaler Probleme der Syrien-Krieg, der seit Jahren ungelöst vor sich hin brodelt. Ändern dürfte auch „Republic of Silence“ daran wenig, was Diana El Jeiroudi essayistischen Dokumentarfilm nicht weniger interessant macht. Eine drei Stunden lange, sehr persönliche Auseinandersetzung zwischen Damaskus und Berlin, zwischen dem Leben im Exil und dem Schicksal einer zunehmend zerstörten Heimat.

Webseite: https://salzgeber.de/republic

Republic of Silence
Deutschland/Frankreich/Syrien/Katar/Italien 2021
Regie & Buch: Diana El Jeiroudi
Dokumentarfilm

Länge: 183 Minuten
Verleih: Edition Salzgeber
Kinostart: 11. August

FILMKRITIK:

Seit sie sieben Jahre alt war nimmt sie Bilder auf, lässt Regisseurin Diana El Jeiroudi den Zuschauer zu Beginn mittels einer Einblendung wissen. Immer wieder werden im Lauf der folgenden drei Stunden kurze Notizen auf der Leinwand erscheinen, teils erklärende Texte, die den oft disparat wirkenden Bildern einen Kontext geben, teils persönliche Notizen, wie man sie in einem Tagebuch finden würde.

Nicht von ungefähr, denn „Republic of Silence“ ist ein sehr persönlicher, essayistischer Dokumentarfilm, der lose Bilder, Gedanken und Beobachtungen verknüpft und vom Schicksal eines Landes, vor allem aber dem eines Paares erzählt. Neben der Regisseurin Diana El Jeiroudi ist das Orwa Nyrabia, ein international bekannter Filmemacher, Kurator und Aktivist, der seit 2018 das Internationale Dokumentarfilmfestival in Amsterdam leitet.

Und der 2012 für einige Woche verschwunden war, nach seiner Einreise in Syrien verhaftet und nicht aufzufinden. Filmemacher und Freunde aus aller Welt forderten damals seine Freilassung, die auch bald erfolgte. Was man in „Republic of Silence“ allerdings nur ahnen kann, wie ohnehin vieles im Unbestimmten bleibt. Einen Film, der die Geschichte des Syrien-Konflikts nachzeichnet, darf man nicht erwarten. Zwar verwendet El Jeiroudi auch historische Aufnahmen, zeigt etwa Baschar al-Assad, wie er 2000 vor dem Parlament vereidigt wird und die Macht von seinem kurz zuvor verstorbenen Vater übernimmt, doch den Kontext muss man selber mitbringen. Etwa, dass mit seinem Machtantritt die Hoffnung verbunden war, dass sich Syrien öffnet, vielleicht sogar demokratischer wird, eine Hoffnung, die sich bald zerschlug und inzwischen, angesichts eines mit brutalsten Methoden geführten Bürgerkriegs geradezu phantastisch erscheint.

Auch von der Biographie El Jeiroudis und Nyrabias erfährt man kaum konkretes, doch gerade das macht sie auch zu exemplarischen Menschen im Exil. In einem Berliner Altbau leben sie nun, in Sicherheit, aber doch auch fern der Heimat. Ganz normal wirkt diese Realität, während für Freunde und Verwandte, die in Syrien geblieben sind, der Krieg alltäglich ist. Doch spätestens mit den Ereignissen in der Silvesternacht 2015/16 ändert sich auch die Situation für syrische Flüchtlinge in Deutschland.

Sehr persönliche Einblicke in ihr Denken und Fühlen gibt Diana El Jeiroudi mit ihren Film „Republic of Silence“, der lose mäandernd erzählt, darauf verzichtet, einen konkreten Kontext zu etablieren und gerade dadurch spannende Einblicke in das Leben im Exil gibt.

 

Michael Meyns