Rhinland.Fontane

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Als zweiten Teil einer Fontane-Tetralogie zu seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ zeigt Bernhard Sallmann meditativ statische Bilder aus dem Ruppiner Land, zu denen Judica Albrecht mit sanfter Stimme Fontane-Texte rezitiert. Das kleine, literarische Filmessay wird schwerlich ein größeres Kinopublikum finden. Wer allerdings die Interpretation auf assoziativer Basis schätzt, findet viele Möglichkeiten, beim Zuhören Denkansätze zu finden. Offenbar geht es dem Autor um eine konnektive und gleichzeitig diskonnektive Auseinandersetzung mit Fontane und seiner Zeit, was ja lediglich bedeutet, dass es Trennendes und Verbindendes gibt, sich aber imposanter anhört.

Webseite: www.facebook.com/rhinland.fontane/

Deutschland 2018
Drehbuch, Regie, Kamera, Ton: Bernhard Sallmann
Sprecherin: Judica Albrecht
68 Minuten
Verleih: Krokodil Distribution
Kinostart: 12.04.2018

FILMKRITIK:

Das künstlerische Konzept des Filmessays wird hier um einen weiteren Aspekt ergänzt: die komplette Unbeweglichkeit der Kamera. Bild und Text stehen nebeneinander, haben offenkundig wenig miteinander zu tun, der Filmemacher verzichtet zudem auf eindeutige Verbindungen von Zeit und Raum, die Bilder werden weder erklärt noch kommentiert. Sie wirken in ihrer Leblosigkeit manchmal wie Tableaus und stehen zunächst einmal für sich, ebenso die Fontane-Texte. Manchmal gibt es statische Bilder mit Text, manchmal ohne. Dem Betrachter bleibt es überlassen, Deutungen zu finden. Und das gibt – bei allem Anspruch des Filmemachers – dem Film und seinen Bildern dann doch etwas Beliebiges. Der Anblick der unberührten Natur, der stillen Seen und lichten Wälder ist dabei durchaus erfreulich, auch die schnurgeraden Alleen, übrigens eine Art Markenzeichen Brandenburgs, und einiger hübsch herausgeputzter Schlösser, Denkmäler, Straßenzüge, Kanäle und Schleusen haben gelegentlich ihren Reiz. Dazu wirken auch Fontanes Geschichten immer noch, denen Judica Albrecht eine sympathische Stimme gibt. Der Beginn kommt arg bedeutungsschwanger daher.
 
Vermutlich geht es dem Künstler darum, Bezüge zwischen gestern und heute herzustellen und die Bilder in einen wie auch immer gearteten Kontext zu stellen, der sich aus den dargebotenen Texten nicht direkt erschließt. Dieses Ansinnen mag höchst feinsinnig und bildungsbürgerlich erstrebenswert sein, man könnte mit viel gutem Willen Bernhard Sallmanns Film als irgendwie poetisch bezeichnen. Jedoch muss man sich einlassen wollen auf die spröde Machart, die das Markenzeichen Sallmanns zu sein scheint. Wer hier als Zielgruppe anvisiert wurde, ist ebenfalls unklar, denn Bernhard Sallmann bleibt sich selbst genug in seinen Bildern, es gibt weder Untertitel noch Beschreibungen. Den Cineasten bietet Bernhard Sallmann eine sehr eigene, minimalistische Auslegung des Filmkunstbegriffes in Form einer essayistischen Auseinandersetzung mit Bild, Text, Zeit und Raum. Dem Fontane-Fan bietet sein Film kaum konkrete Bezüge außerhalb der bekannten Texte. Der Brandenburg-Fan darf sich an schönen Blicken erfreuen, die es allerdings, man muss es einfach sagen, in nahezu unbegrenzter Menge nicht nur im Ruppiner Land, sondern überall dort gibt, wo bewaldete Seeufer, Alleen und lichte Luche auf Entdeckung warten. Und das gilt für beinahe das gesamte schöne Brandenburger Land.
 
Schade: Eine etwas weniger fordernde und leidenschaftlichere Auseinandersetzung mit Fontanes „Wanderungen“, eventuell mit deutlicheren Bezügen zwischen gestern und heute hätte vielleicht eher eine Chance, ein Kinopublikum zu finden.

Gaby Sikorski