Riff Raff – Verbrechen ist Familiensache

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Ja, die Nostalgiewelle schwappt weiter und beginnt nun, Konzepte aus den 90er Jahren in die Gegenwart zu übernehmen, von modernisieren mag man allerdings nicht sprechen. Wie einer jener allzu vielen Möchtergern-Tarantinos, die im Zuge von „Pulp Fiction“ gedreht wurden wirkt Dito Montiels „Riff Raff“, eine Familiengeschichte mit derbem Humor und plakativer Gewalt, die sich in Momenten interessant entwickelt, meist aber flach bleibt.

USA 2024
Regie: Dito Montiel
Buch: John Pollono
Darsteller: Miles J. Harvey, Ed Harris, Jennifer Coolidge, Lewis Pullman, Emanuela Postacchini, Gabrielle Union, Pete Davidson, Bill Murray

Länge: 103 Minuten
Verleih: Splendid/ 24 Bilder
Kinostart: 27. März 2025

FILMKRITIK:

Mit einer Waffe bedroht DJ (Miles J. Harvey), ein junger, etwas pummeliger Schwarzer, den alten, am Kopf blutenden weißen Vincent (Ed Harris) mit einer Pistole. Wie es zu dieser seltsamen Situation kam wird im Folgenden erzählt. Seltsam, denn an sich sind DJ und Vincent Stiefsohn und Stiefvater, seit Vincent DJs Mutter Sandy (Gabrielle Union) geheiratet hat. Ein schönes Leben führt das Paar, von einigem Wohlstand geprägt, wie das ausladende Haus beweist, in dem die Familie nun Silvester verbringen will.

Doch bevor Vincent Sandy heiratete, hatte er ein anderes Leben und das holt ihn nun ein. Mit seiner ersten Frau Ruth (Jennifer Coolidge), einer versoffenen, vulgären Person, hatte er den Sohn Rocco (Lewis Pullman), einen ziemlichen Versager. Der scheint nun endlich auf dem Weg, ein halbwegs ehrbares Leben zu führen, seine italienischen Freundin Marina (Emanuela Postacchini) ist schwanger, das Glück scheint nicht mehr weit entfernt.

Doch dann tauchen Rocco, Marina und die bewusstlose Ruth mitten in der Nacht bei Vincent auf, verfolgt von den beiden Killern Leftie (Bill Murray) und Lonnie (Pete Davidson), deren Absichten dem friedlichen Familienfest im Wege stehen.

Spätestens wenn Leftie und Lonnie einem Kassierer kurz und schmerzlos den Kopf wegschießen, bloß weil dieser ihre Namen gehört hat, weiß man, dass „Riff Raff“ eine jener Filme sein will, die extreme, plakative Gewalt als Gag einsetzen. Es ist ein Film, in dem auch Killer Probleme haben, in denen während der Folter über die richtige Temperatur für ein Steak gesprochen wird, kurz: Ein Versuch, es dem Witz und dem Exzess eines Quentin Tarantino gleich zu tun.

Allerdings dem Tarantino von Mitte der 90er, als „Pulp Fiction“ eine Sensation war und binnen kürzester Zeit allzu viele Nachahmer fand, die mit fast immer deutlich weniger Erfolg versuchten, mit einer vorher nicht gekannten Mischung von Humor und Gewalt zu schockieren. Inzwischen dreht selbst Tarantino andere Filme, was seine Epigonen allerdings nicht zu stören scheint. Erst vor wenigen Wochen versuchte sich Jonathan Eusebio mit „Love Hurts“ mehr schlecht als recht an einer Killer-Komödie, nun also Dito Montiels „Riff Raff.“

In Momenten wirkt das Drehbuch von John Pollono nicht ohne Pointe, besonders dann, wenn die beiden Hälften von Vincents Familie kontrastiert werden: Hier die vorbildliche, elegante, Wein trinkende neue, da die vulgäre, fluchende, Bier aus der Flasche trinkenden alte. Beide Seiten kennen einander nicht, müssen im Laufe des Abends, an dem die Geschichte spielt, erkennen, dass der Pater Familias Vincent auch eine ganz andere Seite hat.

Doch statt in eine gewisse emotionale Tiefe zu blicken, begnügt sich „Riff Raff“ mit einem Streifen der Oberfläche, verliert sich in Gags und Gewalt. Besonders zeitgemäß wirkt das nicht, eher wie ein seltsamer Versuch, einen Film zu drehen, der selbst Ende der 90er Jahre schon veraltet gewirkt hätte.

 

Michael Meyns