Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt

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Der 1967 publizierte Kinderbuchklassiker „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“ von Boy Lornsen wurde schon 1972 als Puppenfilm-Serie des WDR adaptiert. Der im Kinderfilmbereich versierte Wolfgang Groos, bekannt für die ersten beiden „Vampirschwestern“-Teile und „Rico, Oskar und das Herzgebreche“, verfilmt die Geschichte über die Freundschaft eines Jungen zu einem Roboter nun in einer modernisierten Variante. Inhaltlich wandelt die Drehbuchadaption von Jan Berger („Wir sind die Nacht“) auf klassischen Kinderfilmpfaden, wenn der Außenseiter Tobbi durch die Kraft der Freundschaft den Glauben an sich selbst findet. Die leicht verständliche Botschaft verpackt Groos in ein kurzweiliges Abenteuer, das ein Publikum ab fünf Jahren avisiert.

Webseite: www.robbitobbiunddasfliewatüüt.de

Deutschland, Belgien 2016
Regie: Wolfgang Groos
Drehbuch: Jan Berger nach dem Kinderbuch von Boy Lornsen
Darsteller: Arsseni Bultmann, Friedrich Mücke, Sam Riley, Alexandra Maria Lara, Jördis Triebel, Ralph Caspers, Melina Mardini, Bjarne Mädel
Länge: 105 Min.
Verleih: Studiocanal
Kinostart: 1. Dezember 2016

PRESSESTIMMEN:

Eine wunderschöne und fantasievolle Neuverfilmung eines wahren Klassikers, die alten und neuen Fans der Geschichte viel Vergnügen bereiten wird. - Prädikat: Besonders Wertvoll!
FBW
 

FILMKRITIK:

Der 10-jährige Außenseiter Tobbi Findteisen (Arsseni Bultmann) wird in der Schule gemobbt. In seiner Freizeit erfindet er praktische Dinge wie einen Geschirrspüler, der das Geschirr automatisch vom Tisch räumt und spült. Tobbis neuste Erfindung ist das „Fliewatüüt“, ein Multifunktionsfahrzeug, das fliegen, im Wasser schwimmen und als Auto (tüüt) über Land fahren kann. Zusammenbauen kann Tobbi das Gerät mit seinen zwei linken Händen allerdings nicht, dafür wäre er auf die Hilfe seiner Mutter (Jördis Triebel) angewiesen, die als Mechanikerin an Autos und Motorrädern schraubt. Doch anders als sein Vater (Ralph Caspers) findet die Mutter, dass Tobbi statt Sachen zu erfinden lieber Freunde finden soll.
 
Das Blatt wendet sich, als der außerirdische Roboter ROB 344–66/IIIa, Rufname Robbi, knapp neben Tobbi auf der Erde notlandet. Der Junge schafft den vermeintlichen Satelliten nach Hause und stellt fest, dass Robbi ein sprechender Roboter mit Emotionen ist. Das weckt das Interesse des Unternehmers Sir Joshua (Friedrich Mücke), der seine Technikprodukte mit Robbis Herz aufwerten will. Also setzt er die Agenten Brad Blutbad (Sam Riley) und Sharon Schalldämpfer (Alexandra Maria Lara) auf den Roboter an. Robbi und Tobbi montieren unterdessen das Fliewatüüt und brechen zum Nordpol auf, wo Robbis Eltern auf Hilfe warten.
 
Im Buch mussten Robbi und Tobbi drei Rätsel lösen und benötigten für ihre Reise zum Nordpol einige Tage. Die Kinoadaption schreitet rasanter voran, wenn die Freunde in einer Mischung aus Rettungsmission und Verfolgungsjagd über Nacht zum Nordpol gelangen. Auch sonst modernisieren Wolfgang Groos und Jan Berger die fast fünfzig Jahre alte Buchvorlage. Das zeigt sich etwa an den vertauschten Rollen von Robbis Eltern: Der Vater schmeißt den Haushalt, die Mutter tüftelt in der Werkstatt. Eine andere zeitgemäße Figur ist das forsche Inuitmädchen Nunu (Melina Mardini), das tatkräftiger als der zurückhaltende Tobbi wirkt. Zudem klingt die Gegenwart in der Profitgier des Bösewichts an, der ganz nebenbei die Mobilfunkgeräte seiner Kunden ausspioniert.
 
Erzähltechnisch ist die Neuverfilmung auf die Aufmerksamkeitsspanne kleiner Kinder zugeschnitten. Zentrale Aspekte wie Tobbis Außenseitertum werden unmissverständlich verdeutlicht, wenn Tobbi wie Bastian aus „Die unendliche Geschichte“ in eine Mülltonne verfrachtet wird. Auch der böse Firmenchef wiederholt sein Mantra doppelt: „Es gibt zwei Sorten Menschen: die, die befehlen und die, die gehorchen.“ Die schlichte Botschaft rund um Freundschaft und Zusammenhalt tritt so in klaren Linien hervor. Im Verbund mit Robbi überwindet Tobbi (nicht nur) seine Flugangst und kann es dem Raufbold aus der Schule humorvoll heimzahlen.
 
Zum heimlichen Helden avanciert der liebevoll gestaltete Roboter Robbi, der mit seiner unbedarften Art die Sympathien auf seine Seite zieht. Wie „Nummer 5“ kann sich Robbi das Wissen ganzer Bücher umstandlos ins System laden, wie „E.T. – Der Außerirdische“ vermisst er seine Familie. Tricktechnisch ist der als Modell gebaute Robbi schön gelungen.
 
Die Erwachsenen sind prominent besetzt, spielen aber wie noch in jedem Kinderfilm die zweite Geige. Der „Sendung mit der Maus“-Moderator Ralph Caspers und Jördis Triebe („Emmas Glück“) geben Tobbis liebende Eltern, die nur das Beste für ihr Kind wollen. Einen lustigen Gastauftritt als schrulliger Leuchtturmwärter absolviert der als „Tatortreiniger“ bekannte Bjarne Mädel, den Bösewicht legt Friedrich Mücke („SMS für Dich“) als Karikatur an. Am ehesten greifen die Agenten Alexandra Maria Lara („Rubbeldiekatz“) und Sam Riley („Control“) in die Handlung ein. Eine ernste Gefahr sind sie allerdings nicht, auch wenn Sharon Schalldämpfer wie Trinity aus den „Matrix“-Filmen durch die Luft wirbelt. Anstatt wie die Helden an einem Strang zu ziehen, behindern sie sich als pädagogisches Negativbeispiel gegenseitig, bis sie schließlich den Wert der Freundschaft erkennen.
 
Christian Horn