Robin Bank

Zum Vergrößern klicken

Der Spanier Enric Duran ist eine Mischung aus modernem Don Quijote und Robin Hood, der die Welt zu einem besseren Ort machen will. Sein Ziel: eine anti-kapitalistische Welt- und Sozialordnung, ohne gewinnorientierte Banken und toxische wirtschaftliche Modelle. Die sorgfältig recherchierte, dramaturgisch klug montierte Doku „Robin Bank“ handelt von diesem Mann, der 2008 eine halbe Million Euro von 39 verschiedenen Banken erbeutete, um damit soziale Projekte zu fördern.

Website: www.camino-film.com/filme/robinbank/

Spanien, Deutschland 2022
Regie: Anna Giralt Gris
Drehbuch: Anna Giralt Gris

Länge: 79 Minuten
Kinostart: 10. November 2022
Verleih: Camino

FILMKRITIK:

Er wurde bekannt als der Robin Hood der Banken: Enric Duran narrte 2008 die Finanzwelt. Er führte das absurde Kreditsystem der Bankenwelt vor, indem er sich Kredite in Höhe von einer halben Million Euro erschlich. Diese zahlte er nie zurück und unterstützte damit soziale Initiativen sowie „alternative Bewegungen“. Doch der Preis dafür war hoch: Duran musste untertauchen und lebt bis heute im Exil. 16 der von ihm betrogenen Banken fordern bis heute eine Haftstrafe. Regisseurin Anna Giralt Gris erzählt in „Robin Bank“ die beeindruckende Geschichte dieser außergewöhnlichen Person, der sich zwischen den idealistischen Vorstellungen eines überzeugten Aktivisten und unserer gesellschaftlichen Realität bewegt.

Wer ist dieser Mann, der in gewisser Weise sein eigenes Leben, seine Freiheit, opferte, um die Gesellschaft zum Aufbegehren gegen unsere vorherrschende Wirtschaftsordnung zu bewegen. Ein Mann, der im Alter von 30 Jahren damit begann, Geld von denjenigen „zu rauben, die uns am meisten bestehlen“ – den Banken. Und der seit fast zehn Jahren nicht in seine spanische Heimat zurückkehren kann. Filmemacherin Gris gelingt es, hinter die Fassade zu blicken, die Motivationen und Denkweisen von Duran herauszuarbeiten und dem Zuschauer detailliert zu präsentieren.

Dafür spricht sie ausführlich mit Durans Mutter, die sich erst sträubt, mit der Regisseurin über ihren Sohn zu reden – allmählich aber immer mehr Vertrauen zu ihr gewinnt. In langen Unterredungen gewährt die ältere Dame, die ihren Sohn seit vielen Jahren nicht gesehen hat, Einblicke in das Wesen und den Charakter ihres Jungen. Ein Mensch, der schon als Schüler wenig an Leistungsvergleichen und am Kampf um die besten Noten interessiert war (obwohl er einer der besten Schüler war).

Dramaturgisch clever montiert Gris Originalaufnahmen und Archivbilder von Durans politischen Aktionen, darunter Aufnahmen der ersten Proteste des zivilen Ungehorsams ab den mittleren 2000ern. Als Duran und seine Mitstreiter unter anderem diverse Wirtschaftsgipfel, an denen der Internationale Währungsfonds und die Weltbank beteiligt waren, mit ihren friedlichen, aber Aufsehen erregenden Protestaktionen störten.

Die insgesamt dynamische Inszenierung und das hohe Erzähltempo sind der Spannungskurve in „Robin Bank“ sehr dienlich. Und schließlich gelingt es der engagierten, empathisch auftretenden Regisseurin auch, Kontakt zu Duran selbst aufzunehmen. In Chat-Protokollen offenbart der Antikapitalist und entschiedene Gegner unseres westlichen Finanzsystems seine Beweggründe und künftigen Pläne. Zusammen mit Ausschnitten aus TV-Interviews, allen voran aus der Zeit nach Bekanntwerden seines großen „Banken-Coups“ in den Jahren 2008 bis 2010, lernt der Betrachter auf diese Weise Duran Stück um Stück besser kennen. Und erfährt, was ihn im innersten antreibt: die Schwächen des Kapitalismus als bestimmendes Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell offenzulegen, die Welt fairer sowie den Planeten zu einem besseren Ort zu machen

Einen angenehmen, passenden und objektiven Gegenpart zu den Interviews und Äußerungen der Mutter sowie von Duran selbst stellen die sachlichen, einordnenden Kommentare einiger Wirtschaftsfachleute und externer Experten dar.

 

Björn Schneider