Röbi geht

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Bewegende Dokumentation über einen alten Mann und die letzte Wegstrecke seines Lebens. Einfühlsam begleitet die Kamera den 77-jährigen Robert Widmer-Demuth, den alle nur „Röbi“ nennen. Ein unheilbarer Krebs im Endstadium lässt den Countdown unbarmherzig ticken. Der selbstbewusste Senior stellt sich unerschrocken seinem Schicksal. Er redet offen mit Familie und Freunden über das Unausweichliche. Er schreibt Gedichte an den „Bruder Tod“. Und er will selbst bestimmen, wann es Zeit ist, zu gehen. Das intime Porträt erweist sich als tröstlicher Film über die Trauer. Das Motto findet sich auf dem Plakat: „Ein Film über den Tod, der das Leben feiert.“

Webseite: https://mindjazz-pictures.de/filme/roebi-geht/

Schweiz 2023
Regie: Heidi Schmid, Christian Labhart
Darsteller: Robert ("Röbi") Widmer-Demuth, Heidi Demuth Widmer;
Filmlänge: 84 Minuten
Verleih: mindjazz pictures
Kinostart: 27. März

FILMKRITIK:

„Lungenleiden, nicht heilbar! Was mir bleibt? Monate? Ein Jahr?“ erzählt „Röbi“, wie Robert von allen genannt wird, gleich zu Beginn. Der 77-Jährige weiß, was ihm bevorsteht. Und er nimmt sein Schicksal selbstbewusst an. Gemeinsam mit seiner Frau hat er sich bewusst dafür entschieden, auf Chemotherapien zu verzichten, die das Leiden nur verlängern. Für alle Fälle hat er einen Platz bei einer Sterbehilfe-Organisation gebucht.

Der Rentner blickt auf ein erfülltes Leben zurück. Glückliche Ehe, gesunde Kinder und Enkel. Jahrzehntelang kümmerte er sich um Obdachlose in Zürich. Nun bereitet er sich auf seinen Tod vor. Er schreibt ihm Gedichte und bittet: „Komm durch die offene Tür, in einer klaren Stunde. Nicht so bald: Ich hab noch einiges zu leben.“ Und er spricht viel mit der Familie und mit Freunden. Die Gespräche finden vor allem auf dem Sofa seiner Stube statt, wo die Kamera dezent dabei ist. „Röbi“ ist ein Opa wie aus dem Bilderbuch: Weißer Bart, freundlich und stets eine Geschichte auf Lager. Die drei Enkel lauschen gespannt, wenn Großvater erzählt. Die befreundete Hausärztin und ein Pfarrer sind gleichfalls Gäste auf der Couch. Und natürlich seine langjährige Ehefrau Heidi, die am meisten unter der Situation leidet. Aber auch sie hat gelernt, mit der Trauer umzugehen.

Die Gespräche feiern das Leben, und sie blicken respektvoll auf den Tod. Es wird gelacht und auch geweint. Ehrlichkeit, Offenheit und Behutsamkeit bestimmen diese intime Atmosphäre. Ohne Voyeurismus und falsche Sentimentalität, dafür mit der notwendigen Würde begleitet die Kamera als teilnehmender Beobachter das Geschehen. Die Worte berühren unaufdringlich und sie konfrontieren mit einem Thema, das allzu gerne verdrängt wird. Der Tod ist ein Tabu. Der selbstbestimmte Tod sorgt für noch viel größere Berührungsängste. Die Doku setzt auf Offenheit, das war die ausdrückliche Vorgabe der Protagonisten; „Röbi und Heidi wünschen sich, dass der Film realistisch wird: keine weichgespülten Statements zur Endlichkeit des Lebens, keine Mitleid heischenden Gesten. Damit meinten sie, dass neben Mut und Tapferkeit auch Zweifel und Traurigkeit, ja sogar Verzweiflung ihren Platz im Film haben müssen.“ erzählt Regisseur Labhart, der den Film gemeinsam mit Ehefrau Heidi Schmid gedreht hat.

Im Gespräch wird Röbi einmal gefragt: „Welchen Mentoren bist du in deinem Leben begegnet, dass du nun so gut mit dem Tod umgehen kannst?“. Als Antwort nennt der einstige Sozialarbeiter seine Erfahrungen mit Obdachlosen, Begegnungen mit Menschen, die den Tod ständig vor Augen hatten. Viel Zeit bleibt ihm nun selbst nicht mehr. Als Trost gibt Röbi allen auf den Weg: „Ich habe so viel gelebt, ich kann gut tot sein“.

 

Dieter Oßwald