Roller Girl

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Zusammen sind sie ein starkes Team: Drew Barrymore und „Juno“-Darstellerin Ellen Page. In Barrymores Regie-Debüt „Rollergirl“ vermischt sich eine charmante, temporeiche Coming-of-Age-Geschichte mit reichlich Indie-Feeling und der Dramaturgie eines Sportfilms. Dabei reißt die Subkultur der Rollerszene eine rebellische Teenagerin aus ihrem langweiligen Alltag einer texanischen Kleinstadt.

Webseite: www.senator.de

OT: Whip it
USA 2009
Regie: Drew Barrymore
Drehbuch: Shauna Cross
Darsteller: Ellen Page, Marcia Gay Harden, Zoe Bell, Juliette Lewis, Kristen Wiig, Daniel Stern, Eve, Drew Barrymore, Landon Pigg
Laufzeit: 110 Minuten
Verleih: Senator
Kinostart: 1.9.2011

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

In Bodeen, Texas, ist die Welt noch in Ordnung. Zumindest aus der Sicht mancher Erwachsener, die es sich wie die Eltern der 17-jährigen Bliss Cavendar (Ellen Page) zwischen einem ziemlich langweiligen Job, absurden Miss-Wahlen und ungesundem Fast Food bequem gemacht haben. Während für Bliss’ Dad (Daniel Stern) die regelmäßigen TV-Football-Übertragungen bereits ein echtes Highlight sind, drängt ihre resolute Mutter (Marcia Gay Harden) sie mit Ehrgeiz in eine Ecke, aus der sie lieber heute als morgen ausbrechen würde. Bliss ist anders. Sie macht sich nicht viel aus dem üblichen Mädchenkram, und so erscheint es fast logisch, dass sie sich bei einem Ausflug in das großstädtische Austin vom Gegenentwurf des spießigen Kleinstadtlebens magisch angezogen fühlt.

Bliss besucht heimlich ein Rollerderby. Der rasante Sport, das besondere Gefühl von Freiheit und Abenteuer, die wilden Mädels mit ihren Punk-Klamotten und bunten Tattoos, all das übt auf Bliss eine wahnsinnige Anziehungskraft aus. Mit der kleinen Notlüge, sie sei bereits volljährig, schafft sie es schließlich sogar in die Mannschaft um Maggis Mayhem (Kristen Wiig), Rosa Sparks (Eve), Smashley Simpson (Drew Barrymore) und Bloody Holly (Zoe Bell). Noch aufregender als die Rennen und der harte Wettkampf ist für sie jedoch die Erfahrung der ersten großen Liebe.

Mit der Verfilmung des Romans „Whip it“ von Shauna Cross beweist Regie-Debütantin Drew Barrymore das richtige Gespür bei der Umsetzung einer erfrischenden Coming-of-Age-Geschichte. Nicht nur weil Ellen Page hier wieder einmal ihr Indie-Image pflegt, lassen sich so manche Parallelen zum Oscar-Erfolg „Juno“ konstruieren. Die Dopplungen liegen dabei praktisch auf der Hand. Auch Bliss ist ein rebellischer Teenager, der nur zu gerne mit coolen Sprüchen die eigene Unsicherheit überspielt. Und wie die schwangere Juno sucht sie nach etwas, das sich von ihrem grauen, langweiligen Leben zu Hause deutlich abhebt. Beide Filme zeichnen überdies das Bild eines mitfühlenden, verständnisvollen Vaters – Daniel Stern ist zweifelsfrei die gute Seele der Geschichte –, der bereit wäre, alles für seine Tochter zu tun, wohingegen Bliss’ Mum wie schon Junos Stiefmutter als eher nervige Karikatur herhalten muss.

Mag der Alternative-Anstrich des Films bisweilen wenig originell erscheinen, so erzählt Barrymore doch mit großer Hingabe und Empathie für ihren weiblichen Underdog. Dabei verrät schon die Perspektive, auf was es ihr bei ihrem Regie-Debüt vornehmlich ankommt. In „Rollergirl“ sehen wir die Welt durch die Augen einer 17-jährigen Außenseiterin, die durch die Bekanntschaft mit Gleichgesinnten ein neues Selbstbewusstsein und Selbstverständnis entwickelt. Die Subkultur der Rollerszene mit ihrem ganz besonderen Kodex von Zusammenhalt und Körperkult übernimmt bei dieser temporeichen Coming-of-Age-Variante die Funktion eines sich allmählich öffnenden Ventils. Bliss’ Durchsetzungskraft und Ausdauer, die sie bei den harten Roller-Duellen auf dem engen Oval beweist, nutzt „Rollergirl“ für ein charmantes Plädoyer gegen Konformität und Mittelmaß. Anders sein ist letztlich immer nur eine Frage des Blickwinkels. Das weiß auch Bliss. Auf die Frage, ob sie eine jener „Alternativen“ sei, antwortet sie ohne zu zögern: „Alternative? Alternative to what?“.

Marcus Wessel

Drew Barrymore ist eine bekannte Schauspielerin. Wie viele ihrer Kolleginnen und Kollegen wollte sie es natürlich auch einmal mit der Regie versuchen. Vielleicht hätte sie einen interessanteren Stoff finden können. In Szene gesetzt allerdings ist die Geschichte, die sie zur Verfügung hatte, ziemlich flott.

Die junge Bliss Cavendar, 17, ist in einer texanischen Kleinstadt nahe Austin zuhause. Die Mutter, eine ehrgeizige Postbotin, hätte zwar gerne, dass Bliss an Schönheitswettbewerben teilnimmt, aber Bliss stößt, als sie eines Tages mit der Mutter in Austin weilt, auf etwas viel Interessanteres: eine Gruppe von Mädchen, die „Hurl Scouts“, die Rollerderbys fahren und vor allem gegen die „Holy Rollers“ gewinnen wollen.

Bliss, die kurz vor dem Schulabschluss steht, in einer Bar jobbt, sich ihrer besten Freundin Pash anvertraut und einen schweren Streit mit ihren Eltern riskiert, fährt regelmäßig nach Austin zu dem von dem gerissenen „Razor“ geleiteten Training und kann denn auch sehr bald am ersten Rennen teilnehmen.

Die Regeln des Spiels lassen jedoch nicht nur Schnelligkeit und Geschicklichkeit zu, sondern auch Gewalt. Bliss lernt rasch und wird im Nu unter dem Namen „Rücksichtsloses Baby“ bekannt.

Sie verliebt sich in Oliver, wird aber enttäuscht. Jetzt reißen die Schwierigkeiten nicht mehr ab, denn es gibt den Neid der Holy-Rollers-Anführerin Iron Maven, den Streit mit Pash und das Schlimmste: Die Eltern entdecken Bliss’ heimliches Leben. Alles scheint dahin, das Mädchen will aufgeben, zumal das wichtige bevorstehende Meisterschaftsderby gerade zu dem Zeitpunkt stattfindet, zu dem Bliss wieder an einer Miss-Wahl teilnehmen soll.

Wie gesagt, die Story ist wirklich nicht allzu viel wert. Und doch besitzt der Film einige Stärken. Drew Barrymore spielt selbst mit, engagierte einige Freundinnen wie Juliette Lewis (Anführerin der „Holy Rollers“) oder Marcia Gay Harden (Mutter) und zeigt eine ausgelassene Inszenierungs-, Spannungserzeugungs-, Ausstattungs- und Milieuschilderungsroutine, als hätte sie bereits zehn Filme auf den Markt gebracht.

Auf dem Markt der jungen Zuschauer könnte der Film denn auch klappen.

Thomas Engel