Rumba

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Tanzfreunde sollten sich vom Titel nicht irritieren lassen. Zwar wird im zweiten Spielfilm des vom Theater und der pantomimischen Kleinkunst kommenden Trios Dominique Abel, Fiona Gordon und Bruno Romy durchaus Rumba getanzt, nach einem Schicksalsschlag der Hauptfiguren aber ist daran nicht mehr zu denken. So gut wie ohne Worte, dafür gestenreich mit lustigen Posen und reichlich Slapstick erzählt „Rumba“ vom Verlieren und Finden der Liebe. Obwohl an bekannte Kinokomödianten erinnernd, ist der Film jedoch mehr Kleinkunst als Kino.

Webseite: x-verleih.de

Belgien/Frankreich 2008
Regie und Buch: Dominique Abel, Fiona Gordon, Bruno Romy
Darsteller: Dominique Abel, Fiona Gordon, Philippe Martz, Bruno Romy
77 Minuten
Verleih: X-Verleih
Kinostart: 6.11.2008

PRESSESTIMMEN:

...auf film-zeit.de


FILMKRITIK:

Ihre Wohnung strotz voller Pokale, als Tänzer sind Fiona und ihr Mann Dominique unschlagbar. Auch von ihrer jüngsten Turnierteilnahme für lateinamerikanische Tänze bringen die an einer Dorfschule tätigen Lehrer wieder eine Trophäe mit. Doch dann ändert sich beider Leben mit einem Schlag. Beim Versuch, einem Selbstmörder auszuweichen, kracht ihr Wagen gegen eine Wand. Fiona verliert ein Bein, Dom das Gedächtnis. Nichts wird wieder sein wie es war, auch wenn sich beide am Ende doch wieder in den Armen liegen werden. 

Schon mit ihrem ersten abendfüllenden Spielfilm „L’Iceberg“ (2005) haben der Belgier Dominique Abel, die Kanadierin Fiona Gordon und der Franzose Bruno Romy das Publikum gespalten. Begeistert waren jene, die sich für die betonte Körpersprache, die absurden Einfälle, die Konzentration auf Slapstick und den weitestgehenden Verzicht auf Sprache erwärmen konnten, die akzeptierten, dass clowneske Kleinkunst sich des Mediums Film bediente, in der Ausstattung und Gestaltung der bewegten Bilder aber bühnenhaft blieben. Enttäuscht hingegen jene, die zwischen den surreal-absurden Einfällen Tempo vermissten und sich über die Künstlichkeit der Inszenierung ärgerten. Zwischen diesen beiden Extremen wird sich das Publikum nun erneut wiederfinden.

„Rumba“ beginnt für seine Verhältnisse überaus wortreich mit lustigen englischen Sprachspielen. Dann aber übernehmen burleske Einfälle, wie man sie von Stummfilmen mit Buster Keaton oder Komödien mit Jacques Tati her kennt, die Regie. Wortlose Fahrten in einem vor statischen Kulissen gefilmten Wagen erinnern sowohl an die Anfänge des Studiofilms wie auch an jene des Slapsticks, wo eine Katastrophe in die nächste mündet. Abel und Gordon sind hier voll in ihrem Element, gehören die Ungeschicktheiten des Menschen doch zu ihren Lieblingsthemen. Auch Schattentheater wird betrieben, um die sinnliche Geschichte vom Verlieren und Wiederfinden der Liebe und dem Umgang mit Katastrophen zu erzählen. 

Weil sie Clowns sind und keine Filmschauspieler, bedienen sie sich für ihren selbstironischen Film auch der ihnen vertrauten Mittel, Charaktere und Geschichten zu erzählen. Die Nähe zur Kleinkunst durchzieht ihren mit statischen Kameras und so gut wie ausschließlich in Totalen aufgenommenen Film daher von Anfang bis Ende – die Leinwand wird so zur Bühne mit einem Mehr an Möglichkeiten als auf einer Theater- oder Kleinkunstbühne. Und was sie nicht durch Worte ausdrücken, das machen sie durch körperliche Gesten und die Ausstattung deutlich. Für viele Kinogänger ist das sicher eine gewöhnungsbedürftige Ästhetik. Für die Künstler aber ist es eine Möglichkeit, einen Schulterschluss zwischen Kleinkunst und Filmkunst herzustellen.

Thomas Volkmann

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Dom und Fiona sind ein Lehrerpaar, sie für Englisch, er für Sport. Sie leben zusammen, sind glücklich – noch. Ihre Leidenschaft ist das Tanzen, Rumba zum Beispiel. Darin haben sie es weit gebracht. Leicht und elegant schweben ihre Körper durch das Leben und über die Leinwand.

Ein Unglück geschieht. Auf einer Heimfahrt weichen Dom und Fiona mit dem Auto einem Selbstmörder aus und knallen gegen eine Mauer. Beide sind verletzt, Fiona so schwer, dass sie ein Bein einbüßt. Dom verliert sein Gedächtnis. Die Tanzschritte ausgenommen, kann er sich an nichts mehr erinnern.

Jetzt brennt auch noch ihr Haus ab. Und bei dem Versuch, ein Frühstück zu organisieren, verirrt Dom sich und landet bei dem Selbstmordkandidaten, der ihren Unfall verursacht hat. Diese beiden hausen nun in der Donut-Bude eines Ferienortes an der Atlantikküste. 

Erst nach langer Zeit finden Fiona und Dom wieder zusammen.

Dominique Abel und Fiona Gordon, die diesen Film geschaffen haben und beinahe ausschließlich verkörpern, sind Clowns, Theater- und Zirkusleute. Das wollten sie erklärtermaßen auch in ihrem Film bleiben, den sie burlesk nennen. Damit ist eine entscheidende Abweichung von gängiger Komik, von lautem Humor verbunden. Es ist ein Stil, den man mögen und an den man sich gewöhnen muss.

Es zählen die Körpersprache, die Stummheit, der simple Gag, der Slapstick, die Anklänge an Buster Keaton, Jacques Tati oder Charlie Chaplin, die Überzeichnung, die Entfernung vom Realismus, das Statische in Geschichte und Bild, manchmal auch das Poetische.

Ein übergeordnetes Thema: Zwei, bei denen es bergab geht, die alles verlieren, halten zusammen.

Das Großkinohafte, die Sensation, das Packende, das Schnelle, das Überrumpelnde, das musikalisch Überwältigende, der Suspense, Dinge, die das Kino“geschäft“ charakterisieren, sie fehlen. „Rumba“ ist eher ein erratischer Block in der Kinolandschaft. Ein Stück, das durch absichtliche Einfachheit,  gezielte Eigenart, in manchem durch eine exquisite Komik und sicherlich auch durch eine gewisse Einzigartigkeit hervorsticht. Es gibt sicherlich viele Menschen, die das goutieren.

Thomas Engel