Same same but different

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Detlev Buck hat zum ersten Mal eine Liebesgeschichte verfilmt. Romantisch ist sie nicht gerade. Die Frau, die der Rucksackreisende Ben in Kambodscha kennen lernt, hat Aids. Doch Ben lässt seine asiatische Freundin nicht fallen, ist bereit, ihr Schicksalspäckchen mitzutragen – bis an ihr Lebensende. Vertrauen ist da wichtig. Zweifel und kulturell bedingte Unterschiede aber nagen an der Beziehung, die dem in Hamburg lebenden Benjamin Prüfer tatsächlich so widerfahren ist. Keine leichte Kost also. Trotzdem findet Buck Gelegenheit für Humor und Hoffnung.

Webseite: www.samesame-themovie.com

Deutschland 2009
Regie: Detlev Buck
Darsteller: David Kross, Apinya Sakuljaroensuk, Michael Ostrowski, Jens Harzer, Stefan Konarske, Mario Adorf, Wanda Badwal, Daniel Nocke
107 Minuten
Verleih: Delphi Filmverleih
Kinostart: 21.1.2010
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Dafür, dass Benjamin Prüfer während seiner Asienreise mit einem Kumpel nach einer Tuk-Tuk-Panne aus Angst vor einem Überfall panisch die Flucht ergreift, als ein Trio junger Kambodschaner Hilfe anbietet, ist sein weiteres Verhalten doch mehr als mutig. In Phnom Penh nämlich lernt Ben (David Kross) das Barmädchen Sreykeo (Apinya Sakuljaroensuk) kennen und lieben. Eine Fernbeziehung entspinnt sich – und bleibt auch dann noch bestehen, als Sreykeo via Skype beichtet, HIV-positiv zu sein. Ben – zu diesem Zeitpunkt wieder in Hamburg - steht seiner Freundin bei, besorgt ihr Medikamente, fliegt erneut nach Kambodscha.

All zu viel erdichten konnte Detlev Buck für seinen ersten Liebesfilm nicht. Die Geschichte ist wahr, 2003 lernte der damals 23 Jahre alte Ben seine zukünftige Frau kennen. 2006 sorgte seine Reportage in der Zeitschrift Neon für Aufmerksamkeit, im Jahr darauf folgte unter dem Titel „Wohin du auch gehst“ eine ausführliche Reflektion in Buchform. Heute lebt das Paar mit den beiden gemeinsamen Kindern in Phnom Penh.

Detlev Buck erzählt die Geschichte einer fast unmöglichen Liebe eher nüchtern und so nah an den Fakten wie möglich – vor allem aber aus Sicht des Deutschen. Viele Einzelheiten lässt er allerdings auch weg, weshalb man sich dann schon mal fragt, wie Ben das eigentlich macht, als junger Bursche ständig Geld nach Kambodscha zu überweisen – 250 Dollar sollen es monatlich gewesen sein. Dass die Story jedoch nicht zum schwermütigen Krankheitsdrama verkommt, liegt zu einem großen Teil auch an der buddhistischen Sichtweise Sreykeos, aber auch an der Sensibilität, mit der sich Buck den schicksalsgeprüften Figuren nähert. David Kross („Der Vorleser“, „Krabat“) und Apinya Sakuljaroensuk stellen die durchaus verständliche Unsicherheit ihrer Figuren überzeugend dar. Für Beziehungsromantik ist in Anbetracht der Situation allerdings kein Platz.

Für Backpackerromantik hingegen schon. Dank ihrer und auch den auf Hamburger Verlagsfluren geführten (großkotzigen) Die-Welt-gehört-uns-Gesprächen gibt’s aber doch den ein oder anderen Moment zum Schmunzeln. Vor allem Jens Harzer als Bens so eigensinniger wie gönnerhafter Bruder hat ein paar starke Momente, Michael Ostrowski darf wie in „Contact High“ den ewig bekifften Traveller geben. Bei den Szenen in Asien erfolgt der Blick allerdings viel zu oft nur durch die westliche Brille. Same same but different, jene Redewendung aus Thailand, die immer dann bemüht wird, wenn Dinge beschrieben werden sollen, die sich im Grunde zwar ähneln, letztlich aber doch in ihrem eigenen Kontext kulturelle Unterschiede oder Sichtweisen aufweisen – mag sicher manche Situation für Ben und Sreykeo beschreiben. Buck gelingt es leider nicht immer, die Sicht beider Figuren und ihrer inneren Welten tatsächlich auch zu vermitteln.

Ein Versuch, es doch zu tun, erfolgt über die Musik. Sie reicht von aggressiven Rammstein-Hymnen bis hin zu zarten Liebesgedichten von Cat Power und neuen Stücken von Konstantin Gropper („Get well Soon“), der zuletzt ja schon in Wim Wenders „Palermo Shooting“ und Michael Glawoggers „Contact High“ am Soundtrack beteiligt war. Was die Atmosphäre betrifft: auch Angkor Wat rückt für einen kurzen Moment stimmungsvoll ins Bild, die Handlung selbst bleibt den Ruinen jedoch fern. Dafür bietet Phnom Penh als selbst dem Verfall anheim gegebene Kulisse den perfekten Rahmen für eine Geschichte vom Untergang und wie man ihn motiviert für das Gefühl einer großen Liebe hinauszögert. Es mag der autobiografischen Vorlage geschuldet sein, dass diesem Film dramaturgische Höhepunkte fehlen und Buck sich wiederholt in Überraschungsmomente von Gastauftritten wie Mario Adorf, Daniel Nocke, Anatol Taubman und Olli Dietrich flüchtet. Jana Marsiks sich vorsichtig den Figuren nähernde Kamera und das glaubhafte Spiel der beiden Hauptdarsteller fangen dies aber wieder auf. Fazit also: eine nahegehende Liebesgeschichte, ja, aber eben eine der Sorte „Same same but different“.

Thomas Volkmann