Sascha

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Für den 19jährigen Sascha ist das Leben reichlich kompliziert. Er ist schwul und hatte noch kein Coming Out, außerdem ist Homosexualität für seinen Vater ohnehin eine Schande. Doch das ist bei weitem nicht sein einziges Problem. Denn seine Mutter will aus ihm einen erfolgreichen Konzertpianisten machen und der Vater hat ihn für seine seit Jahren geplante Rückkehr in die Heimat Montenegro vorgesehen. Dabei ist Sascha heimlich in seinen Klavierlehrer verliebt, der die Stadt aber in Kürze für immer verlassen will. Höchste Zeit also für den zaudernden Sascha, zu zeigen, was er wirklich will und seinen eigenen Weg einzuschlagen. Dennis Todorovics gelungene Tragikomödie erweist sich als charmanter Film über das Erwachsenwerden und die Schwierigkeit, sich selbst treu zu sein.

Webseite: www.sascha-kinofilm.de

D 2010
Regie: Dennis Todorovic
Darsteller: Saša Kekez, Željka Preksavec, Pedja Bjelac, Jasin Mjumjunov, Ljubiša Lupo Grujèiæ, Tim Bergmann
Länge: 102 Minuten
Kinostart: 24.03.2011
Verleih: Salzgeber

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

„Ich bin schwul. Das ist so, das war immer so und das wird immer so bleiben.“, sagt der 19jährige Sascha (Saša Kekez) zu seiner besten Freundin Jiao (Yvonne Yung Hee). Sich mit solcher Entschiedenheit zu outen, traut er sich allerdings nur bei ihr. Bei seiner Familie sieht die Sache ganz anders aus, da diese nicht gerade aufgeschlossen für das Thema Homosexualität ist, die vor allem für den Vater eine großes Tabu darstellt.

Doch das ist nur eines der Themen, mit denen sich Sascha so herumschlägt. Denn seine Eltern Stanka (Željka Preksavec) und Vlado (Pedja Bjelac) verfolgen so ihre eigenen Interessen, für die sie Sascha einspannen. Der Vater ist vom Leben enttäuscht und träumt von einer Rückkehr nach Montenegro, wobei er selbstverständlich davon aus geht, dass die Familie einschließlich Sascha ihm dahin zu folgen hat. Die Mutter möchte ihren Sohn dagegen als erfolgreichen Pianisten sehen, weshalb dieser ständig für die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule üben muss. Für Sascha ist das einzig Angenehme dabei, dass er heimlich verliebt ist in seinen Klavierlehrer Gebhard Weber, von Tim Bergmann überzeugend als überspannten Egozentriker gespielt. Doch der eröffnet ihm, dass er Köln in Kürze für einen Karrieresprung nach Wien für immer verlassen will. Und windiger Typ, der er ist, stellt sich heraus, dass Sascha beileibe nicht der einzige Werbende um Gebhards Gunst ist.

Um das Maß voll zu machen, wäre Jiao gern mehr als Saschas „beste“ Freundin und ist zunächst einmal enttäuscht ist, als sie von dessen Homosexualität erfährt. Dennoch steht sie weiter zu ihm, auch als Alibi-Freundin vor seinen Eltern. Sehr zum Ärger von Saschas Bruder Boki (Jasin Mjumjunov), der wiederum gar nicht so heimlich in Jiao verliebt ist und das „Paar“ misstrauisch beäugt.

So steht Sascha von allen Seiten ziemlich unter Druck. Höchste Zeit also für ihn, eigene Entscheidungen zu treffen, trotz der Angst vor den Konsequenzen. Denn die werden ganz schnell dramatisch, als Saschas Vater dahinter kommt, dass dieser die Nacht nicht bei Alibi-Freundin Jiao verbrachte, sondern eine heiße Begegnung mit Gebhard hatte.

Einfühlsam und mit Humor erzählt Dennis Todorovic die Geschichte eines jungen, schwulen Immigranten zwischen den Erwartungen der Familie und eigenen Wünschen und Hoffnungen inmitten des deutschen Großstadtlebens. Selbst deutsch-tschechisch-montenegrinischer Herkunft, schafft es der Regisseur in seinem ersten langen Spielfilm, den multikulturellen Charme nicht ins Klischeehafte abgleiten zu lassen. Gekonnt hält er die Balance zwischen Humor und Ernsthaftigkeit, wobei auch vergnügliche wie entlarvende Seitenhiebe auf den deutschen Umgang mit ausländischen Mitbürgern nicht ausgespart werden.

Todorovics Figuren wirken immer authentisch, was vor allem an den großartigen und unverbrauchten Darstellern liegt. Neben Sasa Kekez in der Titelrolle überzeugen vor allem Željka Preksavec als Mutter Stanka sowie Pedja Bjelac als Vater Vlado. Kekez, der für einen 19jährigen allerdings zu alt wirkt, spielt den zurückhaltenden Sascha mit stiller Intensität. Man erlebt einen ruhigen, verträumten jungen Mann, der sich nichts sehnlicher wünscht, als endlich sein eigenes Leben zu leben. So leidet man mit ihm, wenn er in seinem Zimmer eigentlich nur verzweifelt in die Kissen schluchzen will, weil Gebhard für eine Professur die Stadt - und damit ihn – verlassen will, er aber gleichzeitig den nicht enden wollenden Fragen und Ermahnungen seiner Mutter Rede und Antwort stehen muss.

Trotz der gelegentlich durchaus ernsten Töne verliert der Film nie vollständig seine Leichtigkeit. Zwar ist Vater Vlado im Grunde ein Familientyrann, der auch nicht nur homophob ist, sondern auch vor Gewalt nicht zurückschreckt. Mutter Stanka will in ihrem fast krankhaften Ehrgeiz ihre verpassten Träume in Sascha verwirklichen, wobei es sie wenig zu kümmern scheint, was in ihrem Sohn wirklich vorgeht, denn als dieser nach einer handfesten Auseinandersetzung um Gebhard auf einer Schwulenparty mit einer verletzten Lippe zurückkommt, ist sie nur in Sorge um seine kostbaren Pianistenhände.

Doch dann sind auch immer wieder die komischen Momente, die einen schmunzeln lassen, wenn etwa Sascha an einer Tankstelle in einem schwulen Magazin mit Weltschmerz im Blick einen Artikel mit der Überschrift „young, gay and unhappy“ liest oder Vater Vlado in einer eher resignierten denn wütenden Schimpftirade seiner Frau gegenüber deren Ehrgeiz kommentiert, mit dem sie die Familie drangsaliert:“Alle müssen Weltmeister werden!“

Mit guten Dialogen und Situationskomik, immer passend untermalt von flottem Balkanpop, überzeugt „Sascha“ als unterhaltsame Mischung aus warmherziger Coming Out-Geschichte und ironischer Multi-Kulti-Komödie.

Claudia Lindner

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