Schmetterlinge im Ohr

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Was macht ein Mann um die 50, wenn er merkt, dass er schlecht hört? – Für Antoine ist das eine echte Herausforderung, die zu unserem Glück geradewegs in eine RomCom führt. Ein charmanter Film aus Frankreich, der zusätzlich ein paar feine Tricks und gut durchdachte Ton-Effekte präsentiert.

Webseite: https://www.neuevisionen.de/de/filme/schmetterlinge-im-ohr-115

On est fait pour s’entendre
Regie und Drehbuch: Pascal Elbé
Darsteller: Sandrine Kiberlain, Pascal Elbé, Valérie Donzelli, Emmanuelle Devos,
François Berléand, Marthe Villalonga
Kamera: Rémy Chevrin
Musik: Christophe „Disco“ Minck

Länge: 93 Minuten
Verleih: Neue Visionen
Start: 16. Juni 2022

FILMKRITIK:

Irgendwie ist das Leben für Antoine plötzlich sehr schwierig. Seine Freundin verlässt ihn ohne Begründung, die Nachbarin macht ihn ständig zur Schnecke, seine Schüler und die Kollegen beschweren sich über sein Desinteresse … Antoine braucht eine Weile, bis er den Ursprung seiner Probleme erkennt: Er kriegt nichts mehr mit, weil er schlecht hört. Beziehungsweise kaum etwas, mal ein bisschen mehr, mal weniger. Meistens weniger. Oder gar nichts. Also her mit den Hörgeräten, aber da ist auch Antoines Eitelkeit. Man könnte ihn ja für einen alten Mann halten! Was er alles verpasst, wird ihm aber erst so richtig klar, als er seine Nachbarin Claire näher kennenlernt.

Pascal Elbé serviert seine romantische Komödie mit viel Charme und liebenswertem Humor. Als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller in einer Person konfrontiert er Antoine mit unzähligen witzigen, nicht immer ganz unvorhersehbaren Wendungen und Missverständnissen. Im Vordergrund steht dabei Antoines Entwicklung vom Gefühlsdödel zum netten Menschen. Ohne es zu merken, ist der attraktive Lehrer nämlich einsam und gleichgültig geworden; eine gewisse, vielleicht auch berufs- und altersbedingte Stinkstiefeligkeit hat sich eingestellt, die ihn für andere nicht gerade sympathisch macht. Pascal Elbé gelingt es als Autor und als Schauspieler, den Zusammenhang zwischen sozialer Isolierung und Schwerhörigkeit in subtiler Weise so darzustellen, dass der Film seine durchgängig humorvolle Linie behält. Dazu trägt auch Sandrine Kiberlain als ebenso bissige wie handfeste Claire bei. Einige originelle Nebenfiguren sorgen zusätzlich für Verwicklungen, bieten aber auch gelegentliche Hilfestellung für Antoine auf seinem Weg in hoffentlich bessere Zeiten.

Schön und gut, ein netter Film also, ein bisschen französischer Esprit, gute Schauspieler … sagt man sich. Doch da ist noch mehr, denn was Elbé mit dem Filmton anstellt, ist allein schon das Kinoticket wert. Wenn Antoine durch das Wieder-Hören die Welt neu erlebt, ist das ebenso rührend wie herrlich komisch: seine Freude über das Plätschern des Regens oder sein Zorn über die Kollegin mit ihren Kartoffelchips. Antoine entdeckt schließlich auch, dass es manchmal sogar von Vorteil sein kann, nichts zu hören. Aber am besten ist es sowieso, wenn man sich ganz ohne Worte versteht.

 

Gaby Sikorski