Mit ihrer Courage und Lebensfreude vermitteln sie Kindern das Lesen und Schreiben, und das in abgelegenen, unwirtlichen und von Armut geplagten Regionen: die Lehrerinnen, die die französische Doku „Schulen dieser Welt“ porträtiert. Der intensive und beherzt umgesetzte Film macht die globale Chancenungleichheit deutlich und zeigt, unter welch harschen Voraussetzungen an manchen Orten der Welt Bildungsarbeit geleistet wird. Gleichzeitig ist „Schulen dieser Welt“ ein positives Werk, das Hoffnung spendet und klar macht, was mit Einsatzbereitschaft und trotz bescheidener (finanzieller) Mittel alles möglich ist.
Frankreich 2019
Regie: Emilie Thérond
Buch: Emilie Thérond
Länge: 90 Minuten
Verleih: X-Verleih
Kinostart: 27. April 2023
FILMKRITIK:
Die Lehrerinnen Svetlana, Sandrine und Taslima haben eines gemeinsam: Sie geben ihr Wissen an ihre Schülerinnen und Schüler an Orten weiter, die für die meisten schwer zugänglich oder unerreichbar sind. In abgelegenen, oft sehr armen Regionen Westafrikas, Südasiens und in Russisch-Nordasien versuchen die drei Frauen, den Kindern durch Bildung und Wissensvermittlung den Weg in eine sichere Zukunft zu ermöglichen. Ihre Mission: über einfachen Unterricht hinaus die Schülerinnen und Schüler zu selbstbewussten jungen Menschen zu erziehen.
In einem angenehmen Tempo und an dramaturgisch stimmigen Stellen wechselt Regisseurin Emilie Thérond zwischen ihren drei Protagonistinnen – und damit auch den drei so unterschiedlichen Schauplätzen, an denen Svetlana, Sandrine und Taslima ihrer pädagogischen Arbeit nachgehen. Svetlana leitet eine Nomadenschule in den tiefsten Wäldern Sibiriens, Taslima unterrichtet Kinder im überschwemmten Bangladesch auf einer Bootsschule und Sandrine tritt im heißen Buschland Burkina Fasos für sechs Jahre eine Stelle als Lehrerin in einer Dorfschule an. Für den Zuschauer offenbaren sich schnell die einfachen und damit erschwerten Lebens- und auch Lernbedingungen.
Von einem richtigen Schulgebäude kann etwa im Fall von Svetlanas Schule nicht die Rede sein, vielmehr handelt es sich um eine halboffene Lehmhütte – spärlich ausgestattet mit den nötigsten Unterrichtsmaterialien und einer schlichten Tafel. Thérond erweist sich als aufmerksame, interessierte Beobachterin nicht nur des Unterrichts, sondern ebenso der Stimmung ihrer Porträtierten: Sandrine zum Beispiel hat nicht erwartet, dass sich die Lage vor Ort und die Arbeit als derart herausfordernd erweisen würden. Ein stabiles Telefonnetz existiert nicht, der Brunnen im Dorf kann nicht genutzt werden. Und die Tatsache, dass die Schüler fünf verschiedene Dialekte sprechen, erschwert den Unterricht zusätzlich.
Doch es wird klar, und dieser Umstand eint die Protagonistinnen, dass es sich bei den drei Frauen um engagierte, ungemein willensstarke Personen handelt. Lehrerinnen mit Leib und Seele, die den Kindern leidenschaftlich und mit ansteckender Freude das Lesen und Schreiben beibringen. Ihr Ziel: die jungen Menschen langfristig von der Armut befreien und vom Straßenrand holen. Thérond ist mit ihrer Kamera immer dicht bei den Frauen, die – im Wechsel mit einer Erzählerin – zum Teil selber aus dem Off zu hören sind und ihre Arbeit vor Ort kommentieren. Gleichsam gewähren sie Einblicke in ihre Arbeitsweise, Emotionen und Motivation. „Es geht darum, unseren Lehrauftrag zu erfüllen“, sagt Svetlana an einer Stelle. Selbst in unwirtlicher Natur und unter heftigen Bedingungen.
„Schulen dieser Welt“ ist deshalb ein so wichtiger Film, weil er den aufopferungsvollen Einsatz und das entschiedene Engagement von Menschen wie Svetlana, Sandrine und Taslima zeigt. Zudem behandelt er essentielle Themen wie Chancenungleichheit sowie die Bildungskluft zwischen armen und reichen Ländern. Erwähnung finden muss zudem, dass sich Thérond mit ihrer aufklärerischen dokumentarischen Arbeit auch nicht der Bedeutung und Existenz Jahrhunderte alter Kulturen und Brauchtümer verschließt. So dokumentiert „Schulen dieser Welt“ das spärliche und harte nomadische (Über-)Leben im sibirischen Eis und die Tradition der Minderjährigen-Ehe in Bangladesch, die Taslima mit ihrem Einsatz bei einer ihrer Schülerin verhindert.
Björn Schneider