Schweinskopf al dente

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Komisch, derb, schräg, absoluter Kult. Die nach „Dampfnudelblues“ und „Winterkartoffelknödel“ dritte schwarze, bayerische Krimikomödie um den Dorfpolizisten Franz Eberhofer nach den beliebten Bestsellern von Autorin Rita Falk ist wieder eine „Mordsgaudi“. Mit einer unschlagbaren Mischung aus staubtrockenem Humor und authentischen Charakteren brilliert die österreichisch-bayerische Schauspielriege, allen voran Sebastian Bezzel als ihr lakonischer, wortkarger Antiheld. Diesmal auf den Spuren eines rachsüchtigen, psychopatischen Mörders.

Webseite: www.schweinskopf-al-dente.de

Deutschland 2016
Regie: Ed Herzog
Drehbuch: Stefan Betz
Darsteller: Sebastian Bezzel, Simon Schwarz, Lisa Maria Potthoff, Sigi Zimmerschied, Eisi Gulp
Länge: 95 Minuten
Verleih: Constantin Filmverleih
Kinostart: 11.8.2016
 

FILMKRITIK:

Fast friedlich sieht er aus, wie er da so liegt, rosarot, fleischig und faltig, die Ohren sorgfältig aufs Kopfkissen gebettet: der Schweinskopf.  Der völlig aufgelösten Polizei-Dienststellenleiter Moratschek (Sigi Zimmerschied), der den abgeschnittenen Kopf in seinem Schlafzimmerbett findet, reagiert trotzdem panisch. „Ham´s jetzt Ärger mit der Mafia“, will der niederbayerische, strafversetzte Provinzpolizist Franz Eberhofer (Sebastian Bezzel) von seinem Vorgesetzten wissen. „Das war der Küstner“ haucht der nur noch. „Der Psychopath ist seit einer Woche abgängig. Schließlich war ich derjenige, der ihn hinter Schloss und Riegel gebracht hat“. Und sofort erklärt er Franz zu seinem persönlichen Bodyguard.

Auf dem Eberhofer-Hof in Niederkaltenkirchen soll er ihn vor dem entflohenen, rachsüchtigen Mörder (Gregor Bloéb), gegen den Psychopath Hannibal Lecter ein Dreck ist, verstecken. Dort freilich baut sein Hippie-Vater (Eisi Gulp) immer noch fleißig Cannabis an, das er in der Küche trocknet. Aber das ist nicht sein einziges Problem. Auch privat steckt der sympathische Grantler in der Krise. Seine langjährige On-Off-Freundin Susi (Lisa Maria Potthoff) hat ihn kurzerhand verlassen, um mit ihrem italienischen Verehrer Luca in seiner Pizzeria am Gardasee neu durchzustarten. Weil der Franz will sich halt einfach nicht wirklich festlegen. Schon allein, dass sie mit ihm zusammenziehen will, macht ihm Angst.

Zum Glück kann er sich, dann doch, auf seinen Freund und ehemaligen Kollegen Rudi Birkenberger (Simon Schwarz) verlassen, der ihm beruflich wie privat beisteht. Schließlich betreibt der Rudi inzwischen eine eigene Privatdetektei in München. Denn von dem arroganten Kommissar Barschl (Francis Fulton Smith) aus Landshut ist keine Hilfe zu erwarten. Gleichzeitig wollen ihn seine rüstige Oma (Enzi Fuchs) samt Vater und Boss Moratschek, die sich inzwischen verbrüdert haben, zu einer Italienreise an den Gardasee verdonnern. Grund: Sie wollen die Susi aus den Fängen ihres italienischen Gigolos befreien.

Und erneut zeigt sich: Bayern mit seiner Mundart und seinen bisweilen anarchischen Dickschädeln ist und bleibt ein künstlerisch kraftvoll lohnendes Biotop. Natürlich immer vorausgesetzt, der mit Filmdeutschlands beliebtesten Bundesland verbundene lässig barocke Lebensstil wird nicht mit dumpfen Hinterwäldlertum in kracherten Lederhosen und strammen Dirndln vor sonniger Alpenkulisse assoziiert. Außerdem ist eben nichts so abgründig wie die scheinbar idyllische Provinz. Auch diesmal rutscht die bayerische Kriminalkomödie, die hinter dem Weißwurstäquator erneut fulminant die große Leinwand erobert, nicht in einen normalen Who-done-it-Krimi ab.

Das liebenswert kuriose Zwischenmenschliche steht wie immer im Vordergrund. Echte komödiantische Höhepunkte liefern diesmal das bizarre und stimmige Duo, Eisi Gulp als Alt-68er Marihuana anpflanzender Vater Eberhofer und der Passauer Ausnahmekabarettist Sigi Zimmerschied als Moratschek. Die beiden avancieren zu den heimlichen Stars der schwarzhumorig bajuwarischen Krimikomödie mit italienischer Note. Zimmerschied, der als scharfzüngiger Kabarettist einst vor keiner Obrigkeit Halt machte, ist und bleibt ein unübertroffenes Original. „Wenn ein bayerischer Polizist den ersten Joint raucht, des hoad scho woas von da Mondlandung“, weiß er sicher.

Aber auch Sebastian Bezzel brilliert wieder in der Rolle des Dorfpolizisten, die ihm wie auf den Leib geschrieben scheint. Als wortkarg, lakonischer Antiheld wirkt der 45jährige in seinen besten Momenten fast wie eine bayerische Ausgabe des begnadeten Komödianten Josef Hader in der Rolle von Wolf Haas‘ Kultromanfigur Brenner. Der gebürtige Garmischer und Wahlhamburger läuft auch diesmal zu Hochtouren auf. Last but not least sorgt Kameramann Sebastian Edschmid für atmosphärisch dichte Bilder in dem herrlich schrägen Kinospass, bei dem die Mischung aus Krimi, Lokalkolorit und schrägen Figuren einfach umwerfend stimmt.

Luitgard Koch (München)