Scoop

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Kaum ein Jahr nachdem er mit Matchpoint seinen erfolgreichsten Film seit Jahren abgeliefert hat, läuft schon der nächste Woody Allen-Film an. Erneut ist der Schauplatz London, doch über weite Strecken bewegt sich Allen wieder ganz auf bekanntem Terrain. Und dennoch tut die gehörige Dosis Zynismus, die mit Matchpoint in Allens Werk Eingang fand, auch hier ihre Wirkung.

Webseite: www.concorde-film.de

USA 2006
Regie: Woody Allen
Buch: Woody Allen
Kamera: Remi Adefarasin
Schnitt: Alisa Lepselter
Darsteller: Scarlett Johansson, Hugh Jackman, Woody Allen, Ian McShane
 96 Minuten, Format 1:1,85
Verleih: Concorde Filmverleih
Kinostart: 16. November

PRESSESTIMMEN:

Von pointierten Dialogen und gelungener Situationskomik getragenes, höchst amüsantes Drama von Woody Allen vor dem Hintergrund einer satirisch skizzierten Klassengesellschaft, in der für den Erhalt von Status und Privilegien auch über Leichen gegangen wird.
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FILMKRITIK:

Wie schon in Matchpoint spielt auch in Scoop Scarlett Johansson die Hauptrolle, wirkt aber angesichts der pointierten Oneliner, die Allen diesmal wieder verstärkt einsetzt, etwas überfordert und weniger überzeugend als in ihrer ersten Zusammenarbeit mit Allen. Sie spielt die amerikanische Journalistikstudentin Sondra Pransky, die zu Besuch bei Freunden in London ist. Bei einer Aufführung des Magiers Splendini (Allen selbst), dem sie bei einem Trick assistiert, begegnet ihr der Geist des verstorbenen Journalisten Joe Strombel (Ian McShane). Der hatte bei seiner Überfahrt in den Hades eine Sekretärin kennen gelernt, die behauptet, das Opfer des Tarot-Killers geworden zu sein. Da Strombel diesem Knüller oder Scoop (daher der englische Titel) aus verständlichen Gründen nicht mehr selber nachgehen kann, wendet er sich an die erstbeste Person und die ist zufällig eine Kollegin. Kurz entschlossen macht sich Sondra auf die Spur des mutmaßlichen Kilers, der sich als Mitglied der britischen High Society entpuppt. Es ist Peter Lyman (Hugh Jackman), Sohn eines wohlhabenden Lords und zukünftiges Mitglied des Parlaments. Mit der Hilfe Splendinis lernt Sondra Peter kennen – und verliebt sich in ihn. Dass dieser charmante, aufmerksame, gut aussehende Mann ein dutzend Frauen auf dem Gewissen haben soll, mag weder Sondra noch der Zuschauer glauben, doch das Drehbuch hat noch einige hübsche Überraschungen in petto...
 

Zwar begibt sich Allen auch bei seinem zweiten in London entstandenen Film in die britische Upper-Class. Nach dem morbiden Matchpoint, der über weite Strecken kaum als Woody Allen-Film zu erkennen war, ist Scoop wieder „typisch“ Allen. Nicht zuletzt dadurch, dass er selbst wieder eine Rolle übernimmt, die sich mit der bekannten Hyperaktivität und vielen, meist treffenden Oneliners auszeichnet. Die moralische Komplexität von Matchpoint erreicht Scoop zwar nicht, dennoch sollte man diesen vermeintlich kleineren, leichteren Film nicht unterschätzen. Zumal Allen geschickt mit den durch Matchpoint geschürten Erwartungen, anders ausgedrückt einer veränderten Sichtweise auf die Moral in Allens Welt, spielt. Dass er es dort gewagt hat, einen Doppelmörder ohne (äußere) Strafe davonkommen zu lassen, beeinflusst in erheblichem Maße den Blick auf den mutmaßlichen Mörder in diesem Film. Die in ähnlichen Fällen in der Regel vorhandene Gewissheit, dass eine so sympathische Figur wie Peter Lyman, die noch dazu von einem Schauspieler verkörpert wird, der normalerweise auf der Seite des Guten steht, niemals ein Mörder sein kann, ist durch das Wissen um Matchpoint nicht gegeben. So hört man auch dann nicht auf zu Zweifeln, als selbst Sondra längst von Lymans Unschuld überzeugt ist.

Sicherlich erreicht Scoop nicht die Qualität der besten Woody Allen-Filme liegt jedoch dank seiner pointierten Dialoge und der selbstreflexiven Haltung deutlich über dem Durchschnitt des immer noch enorm fleißig filmenden New Yorkers.

Michael Meyns