Sieben Leben

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Zum zweiten Mal arbeitet Will Smith, momentan wohl beliebtester Superstar des Kino-Universums, mit Gabriele Muccino zusammen. In „Das Streben zum Glück“ zeichneten sie genau das nach, „Sieben Leben“ ist ungleich düsterer. Auf fast alttestamentarische Weise geht es um das Sühnen von Schuld, was absolut konsequent durchexerziert wird. Ein Drama, das nicht zuletzt deswegen interessant ist, weil es ohne die Persona Will Smith praktisch undenkbar wäre.

Webseite: www.siebenleben-derfilm.de

Seven Pounds
USA 2008
Regie: Gabriele Muccino
Buch: Grant Nieporte
Darsteller: Will Smith, Rosario Dawson, Woody Harrelson, Barry Pepper, Michael Ealy, Elpidia Carrilo
Länge: 123 Minuten, Format: Cinemascope
Verleih: SONY
Kinostart: 8. Januar 2009

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Es gibt kaum einen beliebteren Star als Will Smith. Der inzwischen 40 Jahre alte Sänger und Schauspieler führt eine Musterehe, hat einen Sohn, der inzwischen selbst in Filmen auftritt, hat Millionen Platten verkauft und dafür einen Grammy bekommen, war zwei Mal für den Oscar nominiert und ist als Schauspieler so erfolgreich, dass es seit Jahren ausreicht sein Gesicht auf ein Poster zu drucken, um einen Film zum Kassenschlager zu machen. Es ist nicht unwichtig all dies zu berücksichtigen, denn „Sieben Leben“ liefert sich dem Reiz von Will Smith mit Haut und Haaren aus.

In der ersten Szene hört man Smith sagen „Gott hat die Welt in sieben Tagen erschaffen. Mir reichten sieben Sekunden, um meine zu zerstören.“ In der zweiten ruft Smith einen Notarzt an, um einen Selbstmord zu melden. Auf die Frage, wer denn das Opfer sei antwortet er: „Ich selbst.“ Und in der dritten Szene sieht man, wie er am Telefon einen blinden Call Center Mitarbeiter beleidigt und erniedrigt. Dass ist also die Figur, der man nun zwei Stunden folgen, der man Sympathie entgegenbringen, für deren Probleme man sich interessieren soll. Nach solch einem Beginn wäre das immer schwer, bei „Sieben Leben“ kommt noch hinzu, dass die Handlungen von Ben – so heißt Will Smith hier – kaum nachvollziehbar sind, ja, das man genau genommen erst im Moment der Klimax endgültig erfährt, warum Ben tut was er tut. Anders ausgedrückt: Was dieser Film erwartet, ist das man zwei Stunden einer Figur dabei zusieht, wie sie aus nicht wirklich nachvollziehbarem Antrieb bisweilen befremdlich wirkende Dinge tut, die erst ganz am Ende erklärt werden. Keine Spur von klaren Zielen, die nach spätestens fünf Minuten deutlich werden, keine Plot Points und all die anderen Merkmale eines typischen Hollywood-Films. Worauf „Sieben Leben“ baut, ist die allein die Attraktivität der Figur Will Smith.

Am Ende des Films wird also sein Selbstmord stehen, soviel ist von Anfang an klar. Was ihn zu dieser Tat antreibt, bleibt lange vage, etwas Schreckliches muss passiert sein, dass Ben vollkommen aus der Bahn geworfen, ihm Schuldgefühle von biblischen Ausmaßen verursacht hat. Denn soviel ist klar, auf irgendeine Weise will Ben seine Schuld sühnen, worauf auch der Originaltitel abzielt. „Seven Pounds“ heißt der, eine Anspielung an das Pfund Fleisch aus dem Körper des Schuldners, das in Shakespeares „Der Kaufmann von Venedig“ der Geldverleiher Shylock als Sicherheit verlangt. Gleich sieben Pfund sind es also in diesem Film, bzw. sieben Menschen, deren Leben Ben dramatisch verbessern will, um seine Schuld abzutragen. Dass sein Körper dabei nicht unangetastet bleiben wird ist von Anfang an klar, auf welche Weise allerdings, mutet doch etwas bizarr an. Was „Sieben Leben“ erzählt, ist ein weit hergeholtes Konstrukt, eine extreme Form der Sühne, die sicherlich kaum für Realismus gehalten werden wird. 

„Sieben Leben“ ist ein in vielerlei Hinsicht interessantes Experiment, wie es Hollywood nicht allzu oft wagt. Einen der, wenn nicht den momentan größten Star der Welt, in ein solches Konstrukt zu stecken, sich fast ausschließlich auf seine Beliebtheit zu verlassen ist ein Risiko, dass zu weiten Teilen aufgeht.
 

Michael Meyns

Ben Thomas hat einen Autounfall verursacht, bei dem sieben Menschen starben. Er will nicht mehr. Doch bevor er sich das Leben nehmen wird, will er sieben Menschen, von denen er sich überzeugt hat, dass sie es verdienen, aus ihrer Not retten – wenn, wie sich herausstellt, auch auf nicht ganz legale Weise.

Er verhilft einem blinden Pianisten zu neuen Augen und einem farbigen Jungen zu einer Rückenmarkspende. Holly erhält einen Teil seiner Leber, die Latina Connie, die mit ihren beiden Kindern Todesangst vor ihrem Mann hat, ein Haus. So geht es weiter.

Aber nicht ganz glatt. Ben trifft auf die schwer herzkranke Emily, der er zwar auch helfen würde, in die er sich jedoch zwar zögernd, aber dann unsterblich verliebt. Bringt dies seinen Lebens- bzw. Todesplan durcheinander? Wird er jetzt nicht mehr Selbstmord begehen?

Ein Film, der berührt: durch seine geheimnisvolle Machart, die Spannung erzeugt; durch seine erstaunliche Montage, die neue Wege geht; durch seine originell erfundene Geschichte, in einem sehr guten Drehbuch präsentiert; durch den gut ausgesuchten Personenkreis; durch seine wunderschöne Liebesgeschichte; durch seinen humanen Touch; durch seine Sentimentalität; durch seine erstklassigen schauspielerischen Darbietungen – von Will Smith als melancholischer, grübelnder, liebender Ben Thomas, Rosario Dawson als rührende, einen Anker suchende Emily oder Woody Harrelson als der blinde Pianist Ezra.

Ein bestens gemachter und zugleich schöner Film. 

Thomas Engel