Solidarity

Was ist Solidarität im Kontext der weltweiten Migrationskrise? Wieso erfahren manche Geflüchtete Zusammenhalt und Unterstützung, während andere vor verschlossenen Grenzen ausharren müssen? Der vielschichtige Film „Solidarity“ geht diesen und anderen Fragen nach. Die differenzierte Doku berücksichtigt den Blick der Helfenden ebenso wie der Hilfesuchenden. Sie widmet sich den Geschehnissen an der Grenze zu Belarus, der Flüchtlingsbewegung aus der Ukraine und schaut in den Nahen Osten, wo selbst die UN machtlos scheint.

 

Über den Film

Originaltitel

Solidarity

Deutscher Titel

Solidarity

Produktionsland

DEU,CHE

Filmdauer

92 min

Produktionsjahr

2025

Regisseur

Bernet, David

Verleih

farbfilm verleih GmbH

Starttermin

25.09.2025

 

Solidarität ist eines der wertvollsten Prinzipien menschlichen Zusammenlebens und aller Gemeinschaften – und zugleich ein zutiefst widersprüchliches. Denn Menschen definieren „Solidarität“ teils völlig anders, zudem hängt sie von mannigfaltigen, komplexen Faktoren ab. In „Solidarity“ stellt der schweizerische Dokumentarfilmer David Bernet fünf Personen vor, die tagtäglich für andere Einstehen und sich für die Belange ihrer Mitmenschen bedingungslos einsetzen. Sie sehen Flüchtende an der belarussisch-polnischen Grenze sterben, sind bei der Grenzöffnung für Migranten aus der Ukraine dabei und Zeugen des Krieges im Nahen Osten, der immer mehr Opfer fordert.

Seit mittlerweile vier Jahren versucht Polen an der belarussischen Grenze vehement, Flüchtlinge bei der Einreise in die Europäische Union zu stoppen. Während es an der dortigen Grenze noch immer zu tragischen Ereignissen kommt (dutzende Tote und mindestens 300 Vermisste seit 2021), zeigt sich Polen gegenüber Flüchtenden aus der Ukraine seit der russischen Invasion hilfsbereit. Eine beispiellose Welle der Solidarität erfasste Polen und sie hält bis heute an.

Doch warum ist das so? Wieso bleibt für die einen nur „Stacheldraht“ und „Grenzzaun“, während den anderen eine Willkommenskultur und landesweite Solidarität entgegengebracht wird? Dies sind die Kernfragen in Bernets anspruchsvoller, informativer dokumentarischer Arbeit, die sich dem vielschichtigen Begriff der „Solidarität“ multiperspektivisch nähert. In Polen spricht Bernet mit einer Menschenrechtsaktivistin und einer Flüchtlingsberaterin, in Genf interviewt er Gillian Triggs, zum Zeitpunkt des Drehs stellvertretende Hochkommissarin für Flüchtlingsschutz des UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der UN. Dazu gewährt der Film Einblicke in Debatten und Vorträge im EU-Parlament zur Migrations- und Asylpolitik.

Allein die Wahl der Schauplätze und Perspektiven ist klug gewählt, versinnbildlicht sie doch nicht zuletzt eine ganz zentrale Diskrepanz: An dem einen Ort (Brüssel) werden die Gesetze gemacht und entscheiden Diplomaten sowie Politiker in teils langjährigen, bürokratischen Prozessen über neue Vorgehensweisen und Regelungen. Weit entfernt davon spielen sich an der EU-Ostgrenze hingegen die tatsächlichen – menschlichen – Dramen ab. Ganz real und täglich immerzu.

Wichtige, einordnende Informationen erfahren wir neben Triggs von Filippo Grandi, italienischer UN-Diplomat und Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen. Ganz offen sprechen die Beiden dabei auch ihre Bedenken und Zweifel an. „Was, wenn frühere Lösungen angesichts der heutigen Herausforderungen nicht mehr ausreichen?“, fragt Triggs und verweist auf die globale Flüchtlingskrise, die sich in den letzten Jahren weiter verschärft hat.

In der libanesischen Hauptstadt Beirut teilt der Moralphilosoph Bashshar Haydar, passend dazu, seine Ansicht zum Thema „Solidarität“. Man könne nur dann solidarisch sein und Opfer bringen, sagt er, wenn eine Verbindung zu den Menschen besteht, die Hilfe brauchen. Sprich: Man müsse sich mit den Hilfesuchenden verbunden und ihnen nah fühlen.

„Solidarity“ präsentiert einige Beispiele zielführender humanitärer Unterstützung und funktionierender Flüchtlingshilfe, mit dem Ziel der erfolgreichen Eingliederung der Menschen in ihre neue Heimat – so ihnen die Rückkehr verwehrt bleibt. Später richtet der Film seinen Blick in den Nahen Osten (Jordanien, Libanon), wo die humanitären Menschenrechte ins Wanken geraten sind und selbst die UN an ihre Grenzen stößt. Der Bewohner einer Zeltstadt im Libanon, der mit Frau und Kindern schon seit über zehn Jahren im Camp ausharrt, berichtet Bernet von den alltäglichen Beschwernissen. Und wie groß der Wunsch ist, endlich nach Europa zu gelangen.

 

Björn Schneider

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