Sonic Mirror

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Seit Jahren beschäftigt sich der finnische Regisseur Mika Kaurismäki (kleiner Bruder des großen Aki) mit Brasilien und seiner Musik. Auch in seinem neuen Film „Sonic Mirror“ spielt Brasilien eine Rolle, allerdings eine kleine. Es ist einer der Orte, an denen der legendäre Schlagzeuger Billy Cobham Projekte mit Kindern durchführt, eine Beschäftigung, die ihn abseits der Konzertbühnen, auch zu Autisten in die Schweiz führt. Eine interessante Dokumentation mit grandioser Musik.

Webseite: www.sonicmirror.com

Schweiz/ Finnland/ Deutschland 2008, 79 Minuten
Regie: Mika Kaurismäki
Drehbuch: Uwe Dresh, Marco Forster, Mika Kaurismäki
Musik: Billy Cobham
Dokumentation
Verleih: Real Fiction
Kinostart: 15. Oktober 2009
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Weltmusik hat ja nicht unbedingt einen guten Klang. Das klingt ein bisschen nach Ethnokitsch, nach westlichen Wohlstandsbürgern, die nach immer neuen, möglichst exotischen Musikarten tanzen wollen, meist allerdings ohne viel Rhythmusgefühl. Der in Panama geborene, in New York aufgewachsene Schlagzeuger Billy Cobham ist ohne Frage ein Weltmusiker. Er tritt mit der finnischen Espoo Big Band auf Festivals rund um die Welt auf, arbeitet mit Musikern und Tänzern jeden Alters in Projekten von Brasilien über Nigeria bis in die Schweiz, ist dabei stets lässig und souverän, eben ein echter Weltbürger.

Mika Kaurismäki, der schon vor Jahren seine kalte finnische Heimat verließ, um sich in wärmeren Gefilden niederzulassen, begleitet Cobham in seinem neuen Film „Sonic Mirror“ bei dessen Reisen um die Welt. Ein wenig rastlos muten die zahlreichen Projekte an, an denen Cobham beteiligt ist, wie ein nachholen verlorener Zeit. Lange Jahre war Cobham im Hintergrund, in der Jazzszene zwar als brillanter Studiomusiker begehrt (unter anderem Miles Davis engagierte ihn für die Aufnahmen zu seinem berühmten Album „Bitches Brew“), aber nicht als Komponist. Erst als Teil der finnischen Espoo Big Band konnte Cobham eigene künstlerische Ambitionen verwirklichen, seiner Kreativität freien Lauf lassen. Wie das aussieht kann man in einigen sensationellen Passagen bestaunen, in denen Cobham seinem Schlagzeug kaum vorstellbare Töne entlockt. Mit teilweise vier (!) Stöcken spielt Cobham dann, auf bis zu vier Trommeln gleichzeitig.

So weit sind die Kinder und Jugendlichen in seinen Projekten rund um die Welt noch lange nicht. Fehlende Technik wird hier mit viel Engagement wettgemacht, mit Einsatz und Lust an Musik und Bewegung. In der Schweiz wiederum, wo Cobham inzwischen lebt, ist die Musik für eine Gruppe von Autisten Mittel zur Kommunikation. Nach Jahren, in denen autistischen Menschen die Fähigkeit zur Kommunikation abgesprochen wurde, entdecken Forscher nun, dass es nur an den Mitteln der Kommunikation fehlt. Statt zu sprechen teilen sich Autisten hier durch die Musik mit. Und welche wäre dafür besser geeignet, als die Trommeln Billy Cobhams. So endet Mika Kaurismäkis Film mit einem Konzert, dass der Bezeichnung „durch Musik kommunizieren“ ganz neue, inspirierende Bedeutung gibt.

Michael Meyns