Sorry Genosse

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Es ist eine fast unglaubliche Geschichte, die Vera Brückner in ihrem Film „Sorry Genosse“ erzählt. Die einer großen Liebe zweier Menschen, die in unterschiedlichen deutschen Staaten lebten – und darum eigentlich nicht hätten zusammenkommen dürfen. Der Film zeichnet ihre Geschichte nach. Eine Geschichte, die davon erzählt wie Liebende doch zueinander finden, über alle Widerstände hinweg. Es ist aber auch eine Geschichte über zwei Staaten, eine Flucht und einen Sehnsuchtsort.

Webseite: https://www.wfilm.de/sorry-genosse/

Deutschland 2022
Regie + Buch: Vera Brückner

Länge: 93 Minuten
Verleih: W-Film
Kinostart: 9. Februar 2023

FILMKRITIK:

Hedi und Karl-Heinz sind in derselben Stadt geboren, aber seine Eltern flohen mit dem Jungen in den Westen, als er ein Jahr alt war. Als junge Menschen lernten Hedi und Karl-Heinz sich dann kennen und auch lieben. Sie, die Medizinstudentin aus der DDR, er der Student aus dem Westen. Eine Liebe, die eigentlich nicht sein darf, aber sein soll. Karl-Heinz wäre sogar bereit, sich in die DDR einbürgern zu lassen, doch die Staatssicherheit hegt Verdacht. Warum sollte ein Westler DDR-Bürger werden? Dies ist nicht der Weg, wie Hedi und Karl-Heinz zusammenkommen können. Es muss einen anderen Weg geben. Den mit Hedis Flucht aus der DDR.

Vera Brückner lässt ihre beiden Protagonisten zu Wort kommen. Die beiden, die sich seit mehr als 50 Jahren lieben, erinnern sich. An die schönen Momente, aber auch an die schweren. Die des Abschieds. Die der Zweifel, der Ängste, der Sehnsüchte. Man merkt diesen beiden Menschen an, dass sie füreinander gemacht worden sind. Ihre Liebe ist in jedem Moment spürbar. Umso aufregender ist ihre Geschichte, nämlich die einer Flucht, die oftmals hätte scheitern können, die aber glückte, und das aber auch nur durch die Hilfe von engen Freunden, die selbst alles riskierten.

„Sorry Genosse“ ist eine sehr interessante Dokumentation, die dieses Jahr auf der Berlinale und dem Dokfest in München zu sehen war. Eine Dokumentation, die eine intime Geschichte erzählt, die aber auch das größere Bild nicht aus den Augen lässt und es mit Archivmaterial aus Nachrichtensendungen illustriert. So zeichnet Brückner das Bild eines jungen Mannes, der mit dem westlichen System – nach Vietnam, nach der Ermordung Che Guevaras, nach dem Imperialismus – hadert und nicht nur der Liebe wegen in die DDR gegangen wäre, aber es nicht konnte. So wird auch ein Bild der damaligen Zeit der 1970er Jahre gezeichnet, auch wenn es in erster Linie um das eigentlich kleine Leben zweier Menschen geht.

Das macht „Sorry Genosse“ zu einer kleinen, aber auch großen Geschichte, die es schafft, ein vielschichtiges Bild der Zeit zu zeichnen.

 

Peter Osteried