South

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Diese österreichische Produktion hat Durchhaltevermögen gebraucht. Zwölf Jahre lang dauerte die Fertigstellung von „South“, der komplett ohne Fördermittel gedreht wurde und seine beiden Macher, Gerhard Fillei und Joachim Krenn, immer wieder mit leeren Taschen da stehen ließ. Zwischendurch mussten sie gar einmal die Filmrechte ver- und teuer wieder zurückkaufen. Ihr vorwiegend in Schwarz-Weiß gedrehtes Drama um einen Bankräuber auf der Flucht, der über seine eigene Vergangenheit und Identität rätselt und in New York auf eine ebenfalls auf der Flucht befindliche junge Frau trifft, gefällt dabei durch einen ganz besonderen Stilwillen, eine elliptische Erzählweise, schnelle Schnittfolgen, starke Kameraarbeit und einen stimmigen Soundtrack. Eine echte Entdeckung!

Webseite: www.south-derfilm.de

Österreich/USA 2010
Regie: Gerhard Fillei / Joachim Krenn
Mit: Matthew Mark Meyer, Claudia Vick, Sal Giorno, Tim Kirkpatrick, Jimena Hoyos, Nina Hader, Billy Crosby, Bryan Hanna u.v.a.
105 Minuten
Verleih: W-Film
Kinostart: 11.11.2010
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Eine schnell auf der Flughafentoilette an sich selbst vorgenommene Frisurenveränderung und Rasur seines Bartes ermöglichen es Bruce McGray (Matthew Mark Meyer), nach einem dramatisch gescheiterten Banküberfall den eifrig nach ihm fahndenden Suchtrupps von FBI und Polizei von Los Angeles nach New York zu entkommen. Von hier aus will er ein neues Leben beginnen, Südamerika scheint eine Option für ihn zu sein. Mit der Mexikanerin Maria (Jimena Hoyos) hatte er vor vielen Jahren jedenfalls mal eine Liebesbeziehung, telefonisch versucht er sie zu erreichen. Nicht ganz klar ist ihm allerdings, was es mit dem Tagebuch einer ihm unbekannten Frau, das er von Maria zugeschickt bekam, auf sich hat. Doch je mehr er sich durch die Aufzeichnungen arbeitet und darin enthaltene Fotografien betrachtet, scheint er den Zusammenhang mit seiner eigenen Vergangenheit zu erkennen. In Rückblenden scheint diese immer wieder auf, immer mehr fügt sich die Erinnerung wie ein Puzzle zusammen.

Beim Zusammensetzen dieses Puzzles ist auch der Zuschauer immer wieder gefordert. Ganz einfach macht es einem das Regieduo dabei nicht immer – aber eben dies macht auch den Reiz dieses Films aus, der vor allem im Schlussteil ordentlich spannend ist. Gewiss ist: der mysteriösen Atmosphäre kann man sich nut schwer entziehen, wundervolle Schwarz-Weiß-Bilder und ungewohnte Kameraperspektiven wollen entdeckt und aufgesogen werden, ein zu dieser Stimmung passender Soundtrack rundet das Drama, das neben der Bankräuber-auf-der-Flucht-Story und dem Tagebuch-Rätsel noch mit einem weiteren Subplot aufwartet.

Ihn ihm geht es um Al Davis, einen Italoamerikaner gespielt von Sal Giorno, der dem Figurenkabinett eines New Yorker Mafiafilms entstiegen sein könnte, hier aber als rechtschaffener Pianoverkäufer selbst in einer finanziellen Klemme zu stecken scheint und wie alle anderen Darsteller von „South“ ein bislang auf der Leinwand unbekanntes Gesicht ist. Um sie vor ihrem gewalttätigen Ehemann zu schützen, lässt Davis seine Aushilfe Dana (Claudia Vick, die der Französin Elodie Bouchez verblüffend ähnlich sieht) nachts in seinem Laden übernachten. Dass sie und Bruce eines Morgens gemeinsam ins Visier des FBI geraten, wundert ihn zwar im ersten Moment. In den Lauf der Geschichte greift er jedoch nicht weiter ein.

Zugegeben, ganz leicht zu durchschauen ist dieses Geflecht sich nebenher entwickelnder Handlungen sowie eingestreuter Flashbacks, innerer Monologe, vager Erinnerungen und rätselhafter Tagebucheinträge nicht. Doch man merkt diesem Film in jeder Einstellung an, dass es sich hier um ein Herzensprojekt handelt. Fillei/Krenn hatten, als sie das Projekt „South“ 1996 begannen, einen 30-minütigen film noir über Zufall und Schicksal und einen Mann im Sinn, der sich an ein traumatisches Ereignis aus der Vergangenheit nicht mehr erinnern kann und in New York einer jungen Frau über den Weg läuft.

Während der Entwicklung des Stoffes bekamen die beiden Österreicher in den Medien von einem brutalen Banküberfall Wind, in dem zwei der Täter vor laufender Kamera erschossen wurden und ein dritter, von dem in späteren Berichten plötzlich nicht mehr die Rede war, verschwand. Dieser mysteriöse dritte Mann findet sich nun in der Figur von Bruce wieder. Dass zwischen den Drehs oftmals mehrere Jahre vergingen, ihnen zwischendurch nicht einmal mehr die Rechte an ihrem eigenen Werk gehörten, merkt man „South“ dank seiner schnellen Schnittfolge kaum an. Ohnehin lohnt es sich für all jene, die hinter das Geheimnis von Bruce kommen möchten, sich den Film mehrmals anzuschauen.

Thomas Volkmann

Bruce McGray war an einem Banküberfall beteiligt. Sie waren zu dritt, die beiden anderen wurden in dem dabei entstehenden Feuergefecht erschossen. Bruce ist auf der Flucht – zuerst nach Oregon, dann nach New York.

Aus Del Rio bekommt er von Maria ein Tagebuch zugeschickt. Mit Maria war er vor etwa zehn Jahren liiert. Das Tagebuch gehörte einer jungen Frau, die darin ihr Leben im „Garten Gottes“ beschrieb, einer verlassenen Orangenfarm unweit Cartagenas in Kolumbien.

Wie hat Maria Bruce wiedergefunden, und was verbindet ihn mit der Autorin des Tagebuches?

Die Polizei ist Bruce auf den Fersen. Während der Kreis um ihn immer enger wird, muss er sich retten, sein Verhältnis zu Maria klären, aus einer großen Ungewissheit heraus sich vergewissern, was es mit der Tagebuchschreiberin auf sich hat und schließlich die immer größer werdenden eigenen Zweifel an seiner Identität zu klären versuchen.

Ein Debütfilm, aber ein interessanter. Krimi- und Psychoelemente mischen sich ständig, Schnitt und Montage sind derart rasend, dass man als Zuschauer höllisch aufpassen muss. Man spürt, mit welcher Leidenschaft „South“ von den beiden Autoren und Regisseuren konzipiert und gedreht wurde. Der in schwarz/weiß gefertigte österreichisch-amerikanische Streifen – ein „film noir“ im wahrsten Sinne des Wortes – hält auch seine Spannung bis zum Ende durch.

Die Schauspieler stiegen intensiv ein, vor allem Matthew Mark Meyer in der Rolle des Bruce McGray.

Insgesamt ein Erstlingswerk mit interessanten filmischen Ansätzen, das die Passion der Regisseure spüren lässt, das einen fähigen Hauptdarsteller aufweist, das für die Zukunft der beiden Filmemacher einiges verspricht.

Thomas Engel