Nach „Sting“ gibt es nun „Spiders – Ihr Biss ist der Tod“. Der französische Film hat dabei die Nase etwas vorn, weil er nicht nur Spinnenhorror bietet und sich ein, zwei Anleihen bei „Aliens“ erlaubt, sondern auch durch das Setting in einem prekären Wohnhaus etwas Tiefgang mit einbringt. Denn Autor und Regisseur Sébastien Vanicek wollte das Leben im „Ghetto“ zeigen, wie es wirklich ist – nicht als Drogensumpf und nicht in Form einer Komödie, sondern als fast schon ganz normal. Mit dem Unterschied, dass die Bewohner in der Gesellschaft fast so unwillkommen sind wie die Spinnen.
Website: https://www.studiocanal.de/
Vermines
Frankreich 2023
Regie: Sébastien Vanicek
Drehbuch: Sébastien Vanicek, Florent Bernard
Darsteller: Théo Christine, Sofia Lesaffre, Jérôme Niel
Länge: 105 Minuten
Verleih: Plaion Pictures/StudioCanal
Kinostart: 21. November 2024
FILMKRITIK:
Kaleb liebt alles, was kreucht und fleucht. Er hat zuhause ein Terrarium mit seltenen Tieren und gerade von einem dubiosen Händler eine neue Spinne erworben. Die schafft es jedoch, auszubüchsen. Und nicht nur dass, sie vermehrt sich rasend schnell, so dass sich die Spinnenplage im ganzen Wohnblock ausbreitet, während die Behörden nach dem ersten Toten das ganze Haus unter Quarantäne stellen. Die Leute die noch drin sind, sind dabei egal. So entbrennt ein Kampf ums Überleben.
Nach einigen Kurzfilmen ist dies Sébastien Vaniceks erster Langfilm, mit dem er nicht nur eine Horrorgeschichte erzählen wollte. Er wollte vielmehr einen Film machen, der sich auch mit Diskriminierung auseinandersetzt, aber nicht predigend, sondern spannend – eben als Horrorfilm. Seiner Meinung nach kommt das im französischen Film zu kurz. Filme, die in heruntergekommenen Wohnblocks spielen, sind fast immer nur auf die Drogenproblematik abgestellt, oder präsentieren sich als Komödien. Vanicek wollte einen anderen Ansatz, um zu zeigen, wie afrikanisch- und arabischstämmige Franzosen wahrgenommen werden. Sie sind im Grunde so wenig willkommen wie die Spinnen im Haus. Darum hat er seinen Film im Original auch den mehrdeutigen Titel „Vermines“ („Ungeziefer“) gegeben, als das nicht nur – fälschlicherweise – Spinnen, sondern eben auch Menschen angesehen werden können.
So viel zum dramatischen Aspekt von „Spiders – Ihr Biss ist der Tod“. Der verleiht dem Ganzen etwas mehr Wirkkraft, weil er die Figuren in der Realität verankert. Sie sind auch durch die Bank gut gespielt, die größte Entdeckung stellt Théo Christine als Kaleb dar, eine Figur, die sich um die Nachbarschaft sorgt und sein kleines Stückchen Erde ein bisschen besser machen will. Ein wenig erinnert die Figur an die von John Boyega in „Attack the Block“, so wie der Film überhaupt auch an Joe Cornishs Sci-Fi-Monsterstreifen erinnert.
Man mag über die Logik streiten, dass sich die Spinnen innerhalb kurzer Zeit so extrem vermehren, dass sie sich im ganzen Block ausbreiten, oder auch darüber, dass sie exorbitant groß werden, aber das schmälert die Wirkung nicht. Denn als Kaleb und seine Freunde sich durch die verschiedenen Stockwerke kämpfen, erinnert das nicht von ungefähr an die Jagdszenen in „Aliens“. Vanicek, der als nächstes einen neuen „Evil Dead“-Film macht, hat die großen Vorbilder offenkundig genau studiert, und das nutzt er für schweißtreibende Action- und Horrorsequenzen. Dabei gelingt es ihm, die Figuren so zu gestalten, dass sie einem am Herzen liegen. Jeder Verlust trifft darum auch das Publikum.
Und: „Spiders – Ihr Biss ist der Tod“ ist einer der effektivsten Spinnen-Filme überhaupt. Die CGI-Effekte sind makellos, der Film hat aber auch bis zu 200 Laotische Riesenkrabbenspinnen eingesetzt – die sind harmlos, sehen aber furchterregend aus. In dem Sinne: Nichts für Arachnophobiker. Alle anderen haben hier eine schön gruselige Zeit.
Peter Osteried