Sprich mit mir

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Caro fährt mit ihrer Mutter eine Woche in den Urlaub an die Ostsee, obwohl sie keine Lust hat. Sie hat zwar einen guten Kontakt zu ihrer Mutter, aber der Urlaub wird dennoch zur Belastungsprobe. Janin Halischs Abschlussfilm erzählt weniger eine Geschichte, als dass er vielmehr das alltägliche Leben zweier Frauen in den Fokus stellt.

Webseite: https://ucm.one/de/kinoverleih/kinostarts/

Deutschland 2023
Regie: Janin Halisch
Buch: Janin Halisch, Hannah Sioda
Darsteller: Jonathan Berlin, Pierre Besson, Pearl Graw

Länge: 80 Minuten
Verleih: UCM.ONE
Kinostart: 18. Januar 2024

FILMKRITIK:

Caro kommt nach Hause. Ihr Freund will mit ihr schlafen, Lust hat sie keine, sie willigt aber ein. Als er das merkt, ist es auch das Signal für das, was er offenkundig schon lange vorhatte: Er trennt sich von ihr. Caros Mutter hat derweil einen einwöchigen Urlaub an der Ostsee gebucht – für sich und ihre Tochter. Eigentlich hat Caro keine Lust, aber sie kommt halt mit. Die Leere, die sie spürt, geht aber auch im Urlaub nicht weg.

„Sprich mit mir“ ist der gelungene dffb-Abschlussfilm von Janin Halisch, dessen Kern die Beziehung einer Mutter und ihrer Tochter ist. Es ist eine scheinbar gute Beziehung, aber eine, die auch ein bisschen übergriffig ist, bei der die Mutter-Tochter-Konstellation nie in Frage gestellt wurde. Der Großteil des Films spielt im Urlaub, in dem die Mutter einen neuen Lover auftut, Caro sich allein fühlt, mit der Tochter eines anderen Gasts Zeit verbringt, aber nichts lässt sie ein Gefühl bekommen, dass alles gut geht. Schon gar nicht, als sie eine weinerliche Nachricht ihres Freundes bekommt.

Es sind Vignetten eines Lebens, die hier präsentiert werden. Vor allem aber ist dies eine Geschichte über Menschen, die verlernt haben, miteinander zu sprechen, oder dies vielleicht auch niemals konnten. Der Titel ist Programm, Caro wünscht sich, wirklich und wahrhaftig wahrgenommen zu werden, dass jemand sie sieht und mit ihr spricht, als wäre das so. Ebenso agiert aber auch die Mutter im luftleeren Raum. Denn ihre Tochter spricht auch nicht mit ihr, von Oberflächlichkeiten abgesehen.

Im Endeffekt ist „Sprich mit mir“ darüber auch ein gut beobachteter Diskurs über die Unfähigkeit, dass Menschen auf eine tiefgehende und intime Art miteinander reden. Stattdessen leben die Meisten aneinander vorbei oder nebeneinander her.

Der Film ist zurückhaltend inszeniert, er lässt den Schauspielern Raum, sich zu entfalten. Sie sind überzeugend in ihren Rollen und liefern das intensive Porträt von Menschen ab, die sich verloren fühlen. Ein Gefühl, das nirgendwo prägnanter als im Urlaub ist, wenn das normale Leben außenvor ist und doch all die Probleme und der Ballast des Alltags an einem zehren.

 

Peter Osteried