Spuren eines Lebens

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Gleich ein halbes Dutzend von Hollywoods renommiertesten Schauspielerinnen veredeln Lajos Koltais Roman-Verfilmung Spuren eines Lebens. Mit seiner Vermischung von Fiktion und Wahrheit, Leben und Tod, Liebe und Leiden erweist sich die Geschichte als ein vorrangig für ein weibliches Zielpublikum konstruiertes Melodram. Die Ähnlichkeit zum Virginia Woolf-Drama The Hours ist dabei kein reiner Zufall. Immerhin beauftragten die Produzenten The Hours-Autor Michael Cunningham mit der Adaption der erfolgreichen Vorlage von Susan Minot.

Webseite: www.spuren-eines-lebens.de

OT: Evening
Regie: Lajos Koltai
Drehbuch: Michael Cunningham, Susan Minot basierend auf dem Roman von Susan Minot
Mit Claire Danes, Toni Collette, Natasha Richardson, Vanessa Redgrave, Glenn Close, Mamie Gummer, Patrick Wilson, Hugh Dancy, Meryl Streep
Laufzeit 118 Minuten
Kinostart: 10.1.2008
Verleih: UPI

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Wenn der eigene Tod näher rückt und die Endlichkeit des Seins auf dieser Welt mit aller Macht ihren Tribut fordert, dann blickt der Mensch zurück auf das, was er erlebt hat und auf die Entscheidungen, die er am liebsten rückgängig machen würde. Auch Ann Lord (Vanessa Redgrave) reist in ihren Erinnerungen zurück in der Zeit. Auf dem Sterbebett offenbart sie ihren beiden Töchtern Constance (Natasha Richardson) und Nina (Toni Collette) ein großes Geheimnis. Als sie noch unverheiratet war und Ann Grant (Claire Danes) hieß, lernte sie auf der Hochzeit ihrer besten Freundin Lila Wittenborn (Mamie Gummer) einen attraktiven Mann (Patrick Wilson) kennen. Harris – ein guter Freund der Familie Wittenborn – löste in ihr ein bis dahin vollkommen unbekanntes Gefühlschaos aus. Umso mysteriöser erscheint es ihren Töchtern, dass ihre Mutter den Namen „Harris“ zuvor in all den Jahren noch nie erwähnte. Vielleicht handelt es sich bei ihm daher in Wirklichkeit lediglich um einen Fiebertraum, von dem Ann glaubt, er sei real.
 

Constance und Nina fühlen sich hin- und hergerissen zwischen dem, was ihre Mutter erzählt und dem, was sie glauben möchten. Dennoch beginnen sie, in der Vergangenheit ihrer Mutter nach Antworten zu suchen. Wer ist dieser Harris? In welcher Beziehung stand er zu Ann? Und was hat es mit dem Mord auf sich, den sie nicht müde wird, zu erwähnen?

Es dürfte schwer werden, in diesem Jahr eine vergleichbar prominent besetzte Literaturadaption zu finden. Neben Schauspiel-Veteranninnen wie Vanessa Redgrave, Glenn Close und Meryl Streep – letztere übernimmt im zweiten Handlungsstrang der Erzählung die Rolle von Anns Freundin Lila, die in den Rückblenden von Streeps eigener Tochter Mamie Gummer verkörpert wird – spielen Claire Danes, Patrick Wilson und Toni Collette. Dabei zeigt sich, dass Spuren eines Lebens, der auf dem Roman-Bestseller von Susan Minot basiert und von The Hours-Autor Michael Cunningham für die Leinwand adaptiert wurde, mit seiner recht kalkulierten Mischung aus Herzschmerz, Melodrama und einer romantischen Liebesgeschichte vor allem ein weibliches Publikum ködern möchte.

Die Verwandtschaft zu The Hours fällt nicht zuletzt vor dem Hintergrund der miteinander verwobenen, unterschiedlichen Zeitebenen auf. Die Handlung spielt in etwa zu gleichen Teilen in den Jahren 1954 und 1998. Allerdings mangelt es vor allem dem 98er-Segment an einer interessanten Entwicklung von Plot und Charakteren. Die Schwestern machen natürlich die eine oder andere Entdeckung, die das Leben ihrer Mutter in einem anderen Licht erscheinen lässt. Doch das allein reicht nicht, um die oftmals statische Rahmenhandlung wirklich voranzubringen.

Immerhin weiß Regisseur Lajos Koltai, Minots Roman optisch ansprechend zu bebildern. Dass er sich als gelernter Kameramann der Ästhetik eines Films besonders verbunden fühlt, deutet bereits die erste Szene an. So scheinen die Aufnahmen vom Landsitz der Wittenborns aus einem Douglas Sirk-Drama oder den Gemälden Norman Rockwells herauskopiert worden zu sein. Prachtvoll erstrahlt die sorgsam herausgeputzte weiße Fassade inmitten der saftigen, grünen Wiesen. Indes können auch diese Bilder die inhaltliche Seichtheit nicht zu Gänze überdecken. Der Eindruck, hier sei schauspielerisches Potenzial ohne Not an ein bestenfalls durchschnittliches Melodram verschenkt worden, bleibt davon unberührt.

Marcus Wessel

 
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Ann Lord hatte ein langes Leben, doch jetzt geht es mit ihr langsam zu Ende. Ihre Töchter Constance, Ehefrau und Mutter. und Nina, etwas widerspenstige Junggesellin, sind gekommen und pflegen sie. Ann ist bettlägerig, schläft, dämmert vor sich hin. In hellen Momenten erinnert sie sich, von Halluzinationen und Visionen begleitet, an dramatische Zeiten in ihrem Leben.

Die junge Ann reist zur Hochzeit ihrer Freundin Lila. Es soll im feudalen Landsitz der Familie ein großes Fest werden. Aber was ist mit Lila los? Sicher, sie liebt Buddy, ihren zukünftigen Ehemann, doch noch mehr scheint sie Harris, Buddys bestem Freund, zugetan. Sie ist unsicher, weiß nicht, ob diese Ehe ihr ein gutes Leben bescheren kann, weiß nicht, ob sie lachen oder weinen soll.

Buddy, der aufgedreht ist, das Leben leichter zu nehmen scheint als andere und dem Alkohol mehr zuspricht als vernünftig, liebt seine Lila zweifellos auch, doch vor allem entflammt er jetzt für Ann, die ihm jedoch unmissverständlich einen Korb gibt. Am Tag nach der Hochzeit kommt es zu explosiven Situationen. Sogar der Tod spielt mit. Alle Wege trennen sich.

Später treffen sich Harris und Ann zufällig. Jeder für sich ist längst verheiratet, hat Kinder. In der kurzen Begegnung kommt viel Sympathie auf, jedoch auch eine gewisse Verlegenheit.

Lila hat vom prekären Gesundheitszustand Anns erfahren und kommt zu Besuch. Die beiden Frauen erkennen, dass nicht nur ihre Wünsche ihr Leben geprägt haben, sondern vor allem die Bestimmung. Ann kann sich jetzt ruhig verabschieden.

Such is life – mit allen Gefühlswallungen, Enttäuschungen, Banalitäten. Liebe und Gefühle sind im Überfluss vorhanden, doch oft fehlt eben die richtige Zuordnung. Deshalb lässt sich ein großer Teil der Paare nach kurzer Zeit scheiden. Die übrigen arrangieren sich. Die wenigsten sind bis zum Lebensende das, was man glücklich nennt.

Inszeniert und montiert ist der auf einem Bestsellerroman fußende Film des bekannten ungarischen Regisseurs Lajos Koltai vorzüglich - mit ausgezeichnetem Drehbuch und hervorragender Milieuschilderung.

Das ist auch kein Wunder, wenn man die Darstellerliste zur Kenntnis nimmt: Vanessa Redgrave, Meryl Streep, Glenn Close, Eileen Atkins, Claire Danes, Hugh Dancy, Patrick Wilson und andere. Die crème de la crème. Was will man mehr?

Thomas Engel