State of Play – Stand der Dinge

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Die von der BBC produzierte Mini-Serie “Mord auf Seite eins” diente als Vorlage für Kevin Macdonalds Polit-Thriller „State of Play – Stand der Dinge“, der mit Russell Crowe, Ben Affleck und Helen Mirren gleich drei Oscar-Preisträger aufbietet. Doch große Namen allein garantieren noch kein überzeugendes Ergebnis. Bei dem Versuch, Alan J. Pakulas „Die Unbestechlichen“ zu imitieren, zeigen sich doch deutliche Defizite.

Webseite: www.state-of-play.de

OT: State of Play
USA 2009
Regie: Kevin Macdonald
Darsteller: Russell Crowe, Ben Affleck, Rachel McAdams, Robin Wright Penn, Jeff Daniels, Helen Mirren, Jason Bateman
Laufzeit 127 Minuten
Kinostart: 18.6.2009
Verleih: UPI

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Als der erfahrene Journalist des „Washington Globe“ Cal McAffrey (Russell Crowe) an einen Tatort beordert wird, an dem am Vorabend ein Mensch erschossen und ein weiterer schwer verletzt wurde, deutet zunächst vieles auf ein Verbrechen im Milieu und kaum etwas auf eine politisch motivierte Tat hin. Doch mit dem nur wenige Stunden später bekannt gewordenen Selbstmord einer engen Vertrauten des aufstrebenden Kongress-Abgeordneten Stephen Collins (Ben Affleck) ändert sich plötzlich Cals Sichtweise auf den Fall. Der Tod der jungen Frau löst im politischen Washington ein Erdbeben aus. Schon bald wird gemutmaßt, dass Collins Verhältnis zu seiner Mitarbeiterin nicht rein beruflicher Natur war. Der so Beschuldigte gerät immer stärker in die Defensive, bis er schließlich bei einer öffentlichen Anhörung die Nerven verliert.

Auch ohne eine journalistische Spürnase oder ein besonderes Faible für Verschwörungstheorien ahnt man zu diesem Zeitpunkt bereits, dass die ganze Wahrheit weitaus komplexer, schmutziger und gefährlicher ist. Für die weiteren Recherchen bekommt Cal von seiner anfangs misstrauischen Chefin (Helen Mirren) eine junge, noch recht unerfahrene Kollegin (Rachel McAdams) aus der Online-Redaktion an die Seite gestellt. Doch die lässt sich von dem schroffen Umgangston ihres Kollegen nicht entmutigen. Immerhin spürt auch sie, dass sie da an einer ganz großen Story dran sind.

Bei „State of Play“ handelt es sich um die Hollywood-Adaption der sechsteiligen BBC-Serie „Mord auf Seite eins“. Die politisch brisante Geschichte erfuhr infolge des Formatwechsels eine deutliche Straffung und Kürzung. Angesichts des komplexen Themas und der Vielzahl an Charakteren wundert es nicht, dass die Kinoversion daher gegenüber dem britischen Original in vielerlei Hinsicht den Kürzeren zieht. Insbesondere die Recherche-Arbeit der engagierten „Globe“-Journalisten bricht das Drehbuch von Tony Gilroy, Billy Ray und Matthew Carnahan zu oft auf die Ebene einer unglaubwürdigen Schnitzeljagd herunter wie man sie aus weniger ambitionierten Produktionen zur Genüge kennt.

Hinzu kommt, dass der Film überhaupt nur wenig Aufwand und Zeit in eine differenzierte Charakterzeichnung investiert. Russell Crowes kantiger, von einem fast schon pathologischen Gerechtigkeitssinn getriebener Journalisten-Haudegen alter Schule erfüllt alle Klischees, die man als Zuschauer über dessen Berufsstand seit „Die Unbestechlichen“ so haben kann. Richtig ärgerlich wird es jedoch erst, wenn sich „State of Play“ bisweilen wenig differenziert über die Arbeit von Online-Journalisten äußert. Tenor: Nur was tatsächlich in gedruckter Form publiziert wird, darf sich mit dem Etikett des „Qualitäts-Journalismus“ schmücken. Blogs seien dagegen das digitale Pendant zur Yellow Press und ihre Betreiber „Blutsauger“.

Mit jeder Wendung, die der Plot zum Ende hin nimmt, entfernt sich „State of Play“ etwas weiter von seinem durchaus spannenden Sujet. Die Frage, welche Konsequenzen und Interessenskonflikte aus einer Privatisierung hoheitlicher Aufgaben erwachsen, tritt zugunsten einer wenig spektakulären Thriller-Logik in den Hintergrund, in der Freund und Feind erwartungsgemäß mehrmals die Rollen wechseln dürfen. Aus der Tatsache, dass multinationale Militärdienstleister wie „Blackwater“ – diesem realen Vorbild ist die Film-Version „Pointcorp“ zweifelsfrei nachempfunden – unsere demokratische, rechtsstaatliche Kultur bedrohen, schlägt Kevin Macdonalds oberflächlicher Polit-Thriller letztlich zu wenig Kapital.

Marcus Wessel

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