Stop-Zemlia

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Die 16-jährige Masha verliert sich im Schwebezustand zwischen dem Ende ihrer Jugend und dem Erwachsenwerden. Bald beginnt das Leben so richtig, doch steht sie mit ihren besten Freunden diesem kommenden Lebensabschnitt mit emotionaler Konfusion, Unsicherheit und Zweifeln gegenüber. „Stop-Zemlia“, das Langfilmdebüt von Regisseurin Kateryna Gornostai, beobachtet ihre Protagonisten bei der Bewältigung dieser beunruhigenden Emotionen und Ruhelosigkeit. Ein dokumentarisch anmutender, ehrlicher Film, der sich lediglich in der Betrachtung der Nebenfiguren verliert und dabei leicht aus dem Tritt gerät.

Ukraine 2021
Regie: Katerina Gornostai
Drehbuch: Katerina Gornostai
Darsteller: Maria Fedorchenko, Arsenii Markov, Yana Isaienko

Länge: 122 Minuten
Kinostart: 09. Februar 2023
Verleih: déjà-vu film

FILMKRITIK:

Für Masha (Maria Fedorchenko) und ihre Freunde Yana (Yana Isaienko) und Senia (Arsenii Markov) steht das vorletzte Schuljahr an. Ihre Zeit verbringen die Jugendlichen vor allem mit Partys, dem gemeinsamen Abhängen und der Pflege ihrer Social-Media-Accounts. Nur pflichtbewusst leisten sie die letzten Monate ihres Schuldasein vor Ort in ihrer „Bildungseinrichtung“ ab, mit den Gedanken sind die Freunde ohnehin fast nur mit der Frage beschäftigt, wie es nach der Schule weitergeht. Dabei ringen Masha, Yana und Senie sehr stark mit sich und ihrem Umfeld. Außerdem prägen Themen wie unerwiderte Gefühle, Mobbing und Stress im Elternhaus ihren Alltag.

Die ukrainische Regisseurin Katerina Gornostai kommt ursprünglich vom Dokumentarfilm. Und das merkt man ihrem poetischen, romantischen Teenie-Drama durchaus an. Momente der Unmittelbarkeit und Authentizität entstehen, wenn Gornostai ihren jungen Protagonisten ganz dicht mit der Kamera folgt – und ihnen gewissermaßen über die Köpfe und Schultern filmt. Beim Abhängen und Rauchen auf dem Pausenhof, im Bio-Unterricht oder während einer Hausparty, bei der die Hormone sprudeln.

Jene unmittelbare, dokumentarische Note zeigt sich nicht zuletzt im ungekünstelten Spiel der Darsteller, allen voran beim Freunde-Trio Masha, Yana und Senia. Sie wirken in ihren Verhaltensweisen, Reaktionen, in der Gestik und Mimik immer echt und wahrhaftig. Ein Grund dafür: Maria Fedorchenkound, Yana Isaienko und Arsenii Markov hatten sich nicht starr an ein Drehbuch zu halten.

Sie durften immer wieder improvisieren und sie selbst sein: Junge, zweifelnde sowie emotional aufgewühlte Menschen zwischen dem Ende der Jugend und dem Übertritt ins Erwachsenenleben. Die Unbeschwertheit der Jugend ist vorbei. Diese Melancholie und Unsicherheit ob der Zukunft schwingen in vielen Szenen mit. Dazwischen gibt es auch noch kurze Interviewpassagen mit den Charakteren, welche dem Film überdies die Aura eines Dokufilms verleihen.

Gornostai hat ein gutes Gespür für leise Zwischentöne und exakte (zwischenmenschliche) Beobachtungen. Zudem erzählt sie angenehm zurückhaltend und ohne aufgesetzte, falsche oder vorgegebene Betroffenheit. Ein paar Schwächen ergeben sich an anderer Stelle. Denn

häufiger deutet sie Themen und Probleme ihrer Figuren an, oder weiter darauf einzugehen oder diese Aspekte näher zu beleuchten. Darunter die emotionale Instabilität und psychische Fragilität von Masha.

Und einerseits ist es zwar löblich, dass „Stop-Zemlia“ den Fokus bisweilen weg vom Hauptfiguren-Trio hin zu anderen Personen in deren Umfeld lenkt. Darunter Mitschüler, Mashas heimlicher Schwarm Sasha oder die Perspektive eines Elternteils. In all diesen kurz angedeuteten Nebenschauplätzen und Seitensträngen verliert sich der Film jedoch. Vieles lässt der Film anklingen oder teasert etwas an, nur wenig davon wird aber einer genaueren Betrachtung unterzogen. Und so bleibt gerade bei den Nebenfiguren etliches nur vage und unausgesprochen.

 

Björn Schneider