The Disaster Artist

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Gemeinhin gilt Ed Wood als „schlechtester Regisseur aller Zeiten“. Kommt die Rede aber auf den „schlechtesten Film aller Zeiten“, schießt meist der arg misslungene und gerade deshalb zum Kultphänomen avancierte „The Room“ des Kanadiers Tommy Wiseau den Vogel ab. Nun nimmt sich der umtriebige Hollywood-Star James Franco („127 Hours“) der Entstehungsgeschichte des 2003 erschienenen Machwerks an. Als Regisseur und Hauptdarsteller in Personalunion gelingt ihm ein unterhaltsamer Blick hinter die Kulissen eines kruden Filmdrehs, der den herrlich verschrobenen Tommy Wiseau und seinem unbändigen Schaffensdrang huldigt. Denn „The Room“ mag zwar gescheitert sein, aber hey, immerhin hat Wiseau das Ding durchgezogen!

Webseite: www.warnerbros.de

USA 2017
Regie: James Franco
Drehbuch: Scott Neustadter, Michael H. Weber; nach dem Buch „The Disaster Artist: My Life Inside The Room, the Greatest Bad Movie Ever Made“ von Greg Sestero & Tom Bissell
Darsteller/innen: James Franco, Dave Franco, Seth Rogen, Ari Graynor, Alison Brie, Jacki Weaver, Zac Efron, Josh Hutcherson, Paul Scheer
Laufzeit: 105 Min.
Verleih: Warner Bros.
Kinostart: 1. Februar 2018

FILMKRITIK:

Im San Francisco des Jahres 1998 träumen der 19-jährige Greg (Dave Franco) und der exzentrische Tommy (James Franco) von einer Schauspielkarriere. Beide lernen sich im Schauspielunterricht von Jean Shelton (Melanie Griffith) kennen, wo ihre Bühnendarbietungen jedoch niederschmetterndes Feedback erhalten. Den unsicheren Greg hätte die Kritik wohl aus der Bahn geworfen, wenn da nicht der Narzisst Tommy gewesen wäre, der schon mit seiner langen schwarzen Mähne und dem undefinierbaren Akzent auffällt. Tommys von sich selbst und seinem Talent überzeugtes Wesen beflügelt Greg.
 
Also ziehen die ungleichen Freunde nach Los Angeles, um groß rauszukommen. Dort findet Greg zwar die Agentin Iris (Sharon Stone) und kommt mit Amber (Alison Brie) zusammen, doch an der Karrierefront tut sich wenig. Tja, wenn Hollywood es nicht schnallt, muss Tommy eben selbst Tatsachen schaffen und beginnt mit dem Dreh eines eigenen Films. Das löchrige Skript zu „The Room“ stammt von ihm selbst, das Budget beträgt sechs Millionen US-Dollar, wobei unklar bleibt, wie Tommy an das Geld gekommen ist. Im Verlauf der Dreharbeiten muss die Crew mit Tommys Launen und seiner völligen Talentfreiheit klarkommen.
 
James Francos Verfilmung dieser Entstehungsgeschichte basiert auf dem Buch „The Disaster Artist: My Life Inside The Room, the Greatest Bad Movie Ever Made“, das Wiseaus Co-Darsteller Greg Sestero gemeinsam mit Tom Bissell geschrieben hat. Nun wäre es ein Leichtes, den Schöpfer von „The Room“ im Zuge des Making-ofs als gescheiterten Freak mit viel zu hohen Ambitionen zu verunglimpfen.
 
Doch stattdessen nähern sich Franco und die Drehbuchautoren Scott Neustadter und Michael H. Weber dem markanten Protagonisten mit einer gewissen Faszination. Wo viele Filmschaffende ihre Werke den Regeln des Markts unterwerfen, Stoffe auf Betreiben der Produzenten abändern oder sich Monate und Jahre um Fördermittel bemühen, bis ihre Projekte schließlich in der Schublade verstauben, macht Tommy Wiseau schlicht und ergreifend Nägel mit Köpfen. Hemdsärmelig und mit einem schiefen Selbstbild wirft er sich in den Dreh zu „The Room“. Dass der Film nie als Trashperle gedacht war, sondern mit viel Ernst angegangen wurde, erweist sich als das eigentlich Grandiose am Scheitern des Ganzen. Tragik und Komik liegen hier nah beisammen – und über allem thront der künstlerische Schaffensdrang eines absoluten Amateurs.
 
Allein schon, um den filmischen Ecken und Kanten von „The Room“ zu huldigen (zu nennen wäre etwa Wiseaus absurde Vorliebe für unnötige Green Screen-Aufnahmen), hätte James Franco gern ein wenig forscher inszenieren können. Den Unterhaltungswert des in manchen Szenen brüllend komischen Films schmälert die recht konventionelle Umsetzung jedoch kaum. Vor allem darstellerisch schöpft Franco aus dem Vollen. Er selbst gibt Tommy Wiseau mit der richtigen Mischung aus Verschrobenheit und Tatendrang, wobei er auf das starke Zusammenspiel mit seinem Bruder Dave Franco bauen kann. Hinzu kommen etliche prominente Gastauftritte, unter anderem von Seth Rogen, Jacki Weaver und Josh Hutcherson. Ein kurzes Cameo von Wiseau selbst wurde indes bezeichnenderweise ans Filmende verbannt.
 
Christian Horn