The Persian Version

Sieht man sich den Trailer an, erwartet man bei „The Persian Version“ einen fast typischen Culture-Clash-Film. Maryam Keshavarz‘ Werk ist aber so viel mehr. Es ist die Geschichte einer Tochter, die erst lernen muss, ihre Mutter zu verstehen, und einer Mutter, die mit ihrer Tochter reden will, aber es nicht mehr kann. Das ist ein starkes, formell interessant strukturiertes Drama mit allerhand Humor. Eine Geschichte, wie das Leben sie schreibt.

USA 2023
Regie: Maryam Keshavarz
Buch: Maryam Keshavarz
Darsteller: Layla Mohammadi, Niousha Noor, Kamand Shafieisabet

Länge: 107 Minuten
Verleih: Stage 6 Films
Kinostart: Herbst

FILMKRITIK:

Leilas Eltern kamen aus dem Iran in die USA. Wie die meisten ihrer Brüder ist auch sie in den USA geboren. Sie ist lesbisch, war mal verheiratet, möchte sich als Autorin und Regisseurin verwirklichen und eckt doch immer wieder an. Weil ihre Mutter selten ein nettes Wort für sie übrighat. Ihre Großmutter ermuntert sie jedoch, über ihre Mutter zu schreiben und dadurch zu verstehen, wer sie ist. Denn rund um den Grund, wieso ihre Eltern einst den Iran verließen gibt es noch ein skandalöses Geheimnis, das Leila ihrer Mutter schließlich näherbringt.

Mitunter mag sich das Gefühl einschleichen, dass die beiden Narrativen des Films – die humorige und die dramatische – nicht wirklich miteinander harmonieren. Aber sie bedingen einander und sie spiegeln im Grunde auch wider, wie es der Hauptfigur Leila geht, die in den USA aufwuchs, aber immer auch wieder den Iran besuchte. In den USA ist sie zu iranisch, im Iran zu amerikanisch – ihrer beider Heimaten sind, wie sie am Anfang erklärt, so etwas wie ein Liebespaar, das eine harte Scheidung durchgemacht hat.

Interessant ist, dass die Veränderung in der Narrativen graduell vonstattengeht. Anfangs ist „The Persian Version“ eine Komödie durch und durch, dann schleichen sich die ernsten Momente ein, insbesondere, als der Film die Perspektive wechselt. Plötzlich sieht man, wie Leilas Mutter sich in den USA behaupten musste. Das Interessante daran: Es ist Leilas Perspektive, aus der diese Veränderung beobachtet wird. Dann geht der Film noch weiter zurück und zeigt, wie Leilas Mutter heiratete, was im Iran passierte und wieso die Familie wirklich in die USA ging.

Der Film fühlt sich ehrlich an. Authentisch. Wahrscheinlich, weil Autorin und Regisseurin Maryam Keshavarz Teile ihrer eigenen Erfahrungen verarbeitet und Leila zu ihrem Alter Ego macht. Den Film hat sie auch ihrer Mutter und ihrer Großmutter gewidmet. Es ist ein schöner Film, der davon erzählt, wie schwer es ist, in der Fremde neu anzufangen, aber auch, seinen Platz an einem Ort zu finden, bei dem einen die Mitmenschen immer wieder das Gefühl geben, dass man nicht dazugehört.

All das vermengt „The Persian Version“ sehr schön miteinander und bündelt das in einer mitunter überraschenden, auf jeden Fall gefühlvollen Erzählung, die es auch versteht, den Konflikt aus Traditionen der Heimat mit dem modernen Leben in den Fokus zu rücken, ohne mit seichten, einfachen Antworten das Thema abzuhaken. Im Gegenteil, es wird eröffnet, und der Zuschauer zur Diskussion darüber aufgefordert.

 

Peter Osteried