The Sadness

Seit George Romeros Klassiker „Night of the Living Dead“ werden Erzählungen über Zombies gerne als Metaphern über gesellschaftliche und soziale Zustände verstanden. In diesem Sinne funktioniert auch der taiwanesische Film „The Sadness“, der mit exzessiver Brutalität von den Auswüchsen einer Pandemie erzählt.

Website: www.capelight.de/the-sadness

The Sadness (Ku Bei)
Taiwan 2021
Regie & Buch: Rob Jabbaz
Darsteller: Regina Leo, Berant Zhu, Wang Tzu-Chiang, Emerson Tsai, Chen Ying-Ru, Ralf Chiu
Länge: 100 Minuten
Verleih: Capelight
Kinostart: 03.02.2022

 

Über den Film

Originaltitel

The Sadness

Deutscher Titel

The Sadness

Produktionsland

TWN

Filmdauer

99 min

Produktionsjahr

2021

Produzent

Barker, David/Huang, Li-Cheng

Regisseur

Jabbaz, Robert

Verleih

Starttermin

09.02.2022

 

FILMKRITIK:


Trotz aller Corona-Proteste, trotz Demonstrationen gegen Impfungen und andere sinnvolle Maßnahmen, trotz der zunehmend beschriebenen Spaltung der Gesellschaft: Wirklich dramatisch sind die Zustände in Deutschland (noch) nicht, gerade wenn man sie mit den in den letzten Jahrzehnten kaum zu zählenden Filmen vergleicht, die unterschiedliche Formen einer Zombie-Apokalypse beschreiben.

Dass das Zombie-Genre unmittelbar die Folgen einer Infektion beschreibt, die je nach Film und Imaginationskraft nur mit Bissen oder auch viral übertragen werden kann, bietet es als Metapher für die grassierende Corona-Pandemie an. So ging es auch dem aus Kanada stammenden, seit langem in Taiwan lebenden Regisseur Rob Jabbaz. Während die reale Pandemie dank der Insellage Taiwans und den konsequent durchgesetzten Maßnahmen in der Hauptstadt Taipeh weitestgehend harmlos verlief, imaginiert Jabbaz in „The Sadness“ ein Virus, das sich gewaschen hat.

Alvin-Virus nennt sich die Krankheit, die zu Beginn des Films schon so lang grassiert, dass die meisten Bewohner sich längst an sie gewöhnt haben. So auch das junge Paar Jim (Berant Zhu) und Kat (Regina Lei), das sich ohne Sorge verabschiedet, nichts ahnend, dass die Welt bald eine andere sein wird. Denn aus heiterem Himmel mutiert das Alvin-Virus und macht aus eben noch mehr oder weniger gewöhnlichen Menschen Bestien. Die jedoch nicht etwa im Gleichklang mutieren, die sich nicht etwa zu gleichförmigen, geradezu klassischen Zombies verwandeln, die jeden beliebigen Menschen, der sich ihnen in den Weg stellt, anfallen, sondern zu deutlich unangenehmeren Wesen.

Das Virus verstärkt das, was sich ohnehin in den Menschen verbirgt, lässt die Abgründe zum Vorschein treten, die normalerweise im Verborgenen bleiben, die im Alltag vom Mantel der Zivilisation verdeckt werden. Da wird etwa Kat in der U-Bahn von einem Geschäftsmann (Wang Tzu-Chiang) angesprochen, der zunächst recht harmlos wirkt, sich jedoch bald als zudringlicher Stalker erweist. Sobald er schließlich mit dem Virus infiziert ist gibt es kein Halten mehr und der eben noch kontrollierte Geschäftsmann wird zum brutalen Vergewaltiger.

Andere Opfer des Virus wiederum lassen ihrer Mordlust freien Lauf, ergehen sich in perverser Brutalität oder exzessiven Sexspielen. Was Jabbaz Film nun so besonders macht ist die Schonungslosigkeit, mit der jeder Akt gezeigt wird. Dinge nur anzudeuten reicht hier nicht aus, jeder auch noch so brutale Mord, jede noch so perverse Handlung wird in bisweilen kaum zu ertragender Direktheit gezeigt. Falls es Jabbaz darum gehen sollte, neue Maßstäbe der Gewaltdarstellung zu setzen ist ihm das ohne Frage gelungen.

Das „The Sadness“ ungekürzt und unzensiert in die deutschen Kinos kommt ist ein kleines Wunder und dürfte damit zu tun haben, dass es sich am Ende dann doch um so übertriebene Darstellungen handelt, die zudem von deutlich unmenschlich wirkenden Wesen durchgeführt werden, dass der Exzess immer wieder ins irreale abdriftet. Ob all das wirklich notwendig war, um als klassisch gesellschaftskritischer Zombie-Film durchzugehen sei dahingestellt. Als blutige Genre-Variation kann „The Sadness“ jedoch überzeugen, in diesem Fall nicht trotz, sondern wegen seiner ebenso exzessiven wie originellen Gewaltdarstellungen.

Michael Meyns

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