Anno 1993 gelang Ang Lee mit „Das Hochzeitsbankett“, seinem zweiten Kinostreich, auf Anhieb ein queerer Klassiker der überaus erfolgreichen Art: Goldener Berlinale Bär, Oscar-Nominierung sowie 23 Millionen US-Dollar Einnahmen bei nur einer Million Produktionskosten. Drei Jahrzehnte später erlebt die Komödie um die Scheinehe eines schwulen Asiaten in den USA nun ein Remake. Wie damals schrieb James Schamus als Koautor das Drehbuch. Die erfrischende Leichtigkeit und glaubhafte Emotionalität erreicht das Remake kaum. In populistischen Trump-Zeiten gleichwohl ein wichtiger Film. Kein Nischen-Kino, sondern Mainstream, das Diversität und Ehe für alle feiert. Make America queer again.
Über den Film
Originaltitel
The Wedding Banquet
Deutscher Titel
The Wedding Banquet
Produktionsland
USA
Filmdauer
103 min
Produktionsjahr
2024
Regisseur
Ahn, Andrew
Verleih
Universal Pictures International Germany GmbH
Starttermin
05.06.2025
Die Story klingt bekannt. Ein schwuler Asiate in den USA geht eine Scheinehe mit einer Frau ein, um eine Green Card zu bekommen. Aber als die resolute Oma aus der Heimat überraschend zum Kontrollbesuch anreist, geraten die Dinge erst ein bisschen und alsbald ziemlich arg außer Kontrolle.
Alles beginnt damit, dass der südkoreanische Kunststudent Min (Han Gi-Chan) seinen langjährigen Partner Chris (Bowen Yang) heiraten möchte, um endlich eine Aufenthaltsgenehmigung für die USA zu bekommen. Als Min von seinem bindungsängstlichen Freund beim Antrag überraschend einen Korb erhält, bietet sich seine lesbische Freundin Angela (Kelly Marie Tran) als Heiratskandidatin an. Das könnte nebenbei dem lange gehegten Kinderwunsch von ihr und ihrer Partnerin Lee (Lily Gladstone) auf die Sprünge helfen, nachdem die teuren Versuche einer künstlichen Befruchtung bislang erfolglos blieben. Die überaus vermögende Oma aus Seoul ist höchst erfreut über die Neuigkeiten ihres Enkels, von dessen Schwulsein sie nichts ahnt. Beim Videocall stellt der Student seine Braut stolz als Wissenschaftlerin vor, die über Würmer forscht, die Plastik fressen. Großmutter ist begeistert – und kündigt zum Schrecken von Min ihre sofortige Anreise an. Mit vereinten Kräften wird die Wohnung „unschwul“ gemacht, verräterische Videos und Bücher fliegen aus den Regalen. Ganz so leicht lässt sich resolute Oma, immerhin eine erfahrene Konzernchefin, freilich nicht hinters Licht führen. Als der Gast ein traditionelles koreanisches Hochzeitsbankett verlangt, werden alle Beziehungs- und Familien-Karten ziemlich neu gemischt.
Mit der Originalität von einst kann der Aufguss naturgemäß nicht mithalten, dafür wird diesmal eine Promi-Riege ins schwule Comedy-Rennen geschickt. Oscar-Gewinnerin Youn Yuh-Jung („Minari“) spielt die reiche Oma aus Fernost. Der Emmy-nominierte „Saturday Night Live “-Star Bowen Yang gibt den schwulen Helden dessen Partner vom angesagten K-Pop-Promi Han Gi-Chan gespielt wird. Lily Gladstone bekam für Scorseses „Killers of the Flower Moon“ als erste indigene Person einen Golden Globe samt Oscar-Nominierung. Derweil Kelly Marie Tran seit ihrem Auftritt als Rose Tico in „Star Wars: Die letzten Jedi“ eine einschlägige Fanbase hat.
Doch der Funke will nie so richtig zünden, die queere Rom-Com bleibt im Unterschied zum Original vor drei Jahrzehnten eher auf Seifenopern-Niveau. Nicht nur an der Chemie zwischen den beiden Pärchen mangelt es spürbar, auch die Inszenierung wirkt seltsam prüde. Ein Küsschen auf die Wange, und im Bett behält man das T-Shirt gerne an.
Trotz solcher Schwächen ist das Remake in populistischen Zeiten zunehmender Homophobie ein wichtiger Film: Kein Nischen-Kino, sondern Mainstream, der Diversität und Ehe für alle feiert. Make America queer again!
Dieter Oßwald