Tigermilch

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In ihrer Adaption des Jugendromans „Tigermilch“ reißt Regisseurin und Drehbuchautorin Ute Wieland („Freche Mädchen“) viele Themen an, sehr viele sogar. Als Verbindungskitt der episodischen Struktur dienen die 14-jährigen Protagonistinnen Nini und Jameelah, gespielt von Flora Li Thiemann und Emily Kusche. Die von Leichtigkeit geprägte Darstellung ihres stürmischen und politisch nicht immer korrekt verlebten Erwachsenwerdens trifft auf die Schwere der schlagwortartig aufsummierten Themen.

Webseite: www.constantin-film.de/kino/tigermilch

Deutschland 2017
Regie: Ute Wieland
Drehbuch: Ute Wieland nach dem Roman von Stefanie de Velasco
Darsteller: Flora Thiemann, Emily Kusche, David Ali, Narges Rashidi, Anne Büttner, Alexandru Cirneala, Carmen Dalfogo
Laufzeit: 106 Min.
Verleih: Constantin Film
Kinostart: 17. August 2017

FILMKRITIK:

Die Titel gebende „Tigermilch“ bringt das Lebensgefühl der 14-jährigen Freundinnen Nini und Jameelah (Flora Li Thiemann & Emily Kusche) auf den Punkt: Für ihr Lieblingsgetränk mixen sie Milch für die Knochen, Maracujasaft für die Süße und einen Schuss Mariacron, weil sie ja fast erwachsen sind. Für die Sommerferien planen die Berlinerinnen ihr erstes Mal. Zwei Jungs für das „Projekt Defloration“ wurden schon auserkoren, doch im Verlauf des Sommers passiert noch allerhand mehr: Die aus dem Irak stammende Jameelah und ihre Mutter (Narges Rashidi) warten auf grünes Licht für ihre Einbürgerung, Nini muss zu einer Zahnoperation, und im Familienkreis passiert ein Mord, den die Mädchen zufällig beobachten...
 
In „Tigermilch“ passiert fast schon zu viel. Die Regisseurin und Drehbuchautorin Ute Wieland („Freche Mädchen“) adaptiert den 2014 veröffentlichten Jugendroman von Stefanie de Velasco als multithematisches Teenager-Porträt. Die vielen Themen werden zwangsläufig nur angerissen, was insbesondere für den Behördenhickhack um Jameelahs Einbürgerung gilt, der am Anfang kurz getriggert wird, am Ende aber für Dramatik sorgen soll.
 
Was „Tigermilch“ einigermaßen vor der Lehrbuchhaftigkeit eines typisch deutschen Problemfilms bewahrt, ist die lebendige Darstellung der beiden Teenagerinnen, deren Sicht Wieland einnimmt. Wenn die Schülerinnen klauen, sich am Kudamm als Prostituierte ausgeben oder anderweitig über die Stränge schlagen, erhebt Ute Wieland keinen moralischen Zeigefinger: Nini und Jameelah machen, was sie eben machen. Ihr spezifisches Lebensgefühl steht im Fokus, nicht das Regelwerk der Erwachsenen. So entsteht ein gewisser Charme, der fast ausschließlich an die Hauptfiguren gekoppelt ist. Die Vielzahl der Themen drumherum hätte es in der beinah stichpunktartigen Form zwar nicht gebraucht, aber hey, immerhin hat „Tigermilch“ das Zeug dazu, Helikoptereltern auf die Palme zu bringen. Der Zielgruppe dürfte das gefallen.
 
Christian Horn