Till – Kampf um die Wahrheit

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Im Süden der USA des Jahres 1955 ist ein schwarzes Leben nicht viel wert. Das illustriert „Till – Kampf um die Wahrheit“, der einen realen Mordfall aufgreift und nicht nur zeigt, wie die Unterschiede im Süden und im Norden der USA für farbige Menschen waren, sondern auch, wie im Namen des Rechts Mörder auf freien Fuß gelangten. Und doch: Der Mord an dem 14-jährigen Emmett Till hat zu Veränderungen in den USA geführt. Der Film führt das eindrucksvoll vor Augen. Besonders herausragend: Danielle Deadwyler als Mutter des Jungen.

Webseite: https://www.upig.de/

Till
USA 2022
Regie: Chinonye Chukwu
Buch: Michael Reilly, Keith Beauchamp, Chinonye Chukwu
Darsteller: Danielle Deadwyler, Jalyn Hall, Jamie Renell, Whoopi Goldberg

Länge: 130 Minuten
Verleih: Universal
Kinostart: 16. Januar 2023

FILMKRITIK:

1955: Der 14-jährige Emmett, der mit seiner Mutter in Chicago lebt, freut sich darauf, seine Verwandten in Mississippi, dem Süden der USA, besuchen zu können. Seine Mutter Mamie warnt ihn, dass das Leben für Schwarze dort unten anders ist. Er soll Weiße nicht ansprechen, immer „Ja, Sir“ und „Nein, Ma’am“ sagen, und sich zur Not auch selbst demütigen, um Ärger aus dem Weg zu gehen. Der Junge scheint das nicht zu verstehen. In einem Laden spricht er einer weißen Frau ein Kompliment aus. Er meint, sie sähe aus wie ein Filmstar. Sie greift zur Waffe, Emmett und seine Freunde fliehen. In der Nacht wird Emmett dann von zwei weißen Männern aus dem Haus seines Onkels heraus entführt – Tage später wird seine Leiche gefunden. Mamie beschließt, Fotografen dokumentieren zu lassen, wie zerschlagen das unkenntliche Gesicht ihres Jungen ist. Die Mörder werden gefasst, aber sie stehen vor einem weißen Gericht mit weißen Geschworenen …

Das Foto von Emmett Till hat man wahrscheinlich schon einmal gesehen. Es sorgte in den USA der 1950er Jahre für Entsetzen. Der Mord an Till trug dazu bei, dass 1957 die Bürgerrechtsbewegung Auftrieb erhielt. Erst im Jahr 2022 trat in den USA der Emmett Till Antilynching Act in Kraft, der einen Lynchmord automatisch auch zum Hassverbrechen macht. Der Film kommt damit gerade recht, um daran zu erinnern, wie es in den USA war, und daran zu gemahnen, dass noch längst keine Gleichheit erreicht ist. Das macht „Till – Kampf um die Wahrheit“ zu einem wichtigen Film, umso mehr in einer Zeit, in der konservative Kräfte in den USA versuchen, die Vergangenheit umzudeuten.

Der Film ist natürlich in keiner Weise überraschend. Selbst, wenn man noch nie von Emmett Till gehört hat, kann man doch erahnen, wie das Ganze ausgeht – so wie Mamie Till, die vor Verkündung des Urteils den Gerichtssaal und Mississippi verlässt, weil sie sowieso weiß, wie hier Recht gesprochen wird. Aber darum geht es nicht. Es geht vielmehr darum, den Finger auf die Wunde zu legen. Zu zeigen, was schieflief, anzuprangern, was noch schiefläuft, und zu fordern, weiterhin Veränderungen Vorschub zu leisten.

Der Film ist exzellent umgesetzt. Die Gerichtsszenen sind vielleicht etwas zu konventionell, mit emotionaler Wucht kommt dieses Werk aber allemal daher. Er zeigt Emmett Tills geschundenes Gesicht, nicht jedoch, wie es dazu kam – das überlässt er der Phantasie des Zuschauers.

Großartig ist Danielle Deadwyler, die Mamie mit Integrität, Herz und der Entschlossenheit, für Gerechtigkeit zu kämpfen, spielt. Ihre Leistung ist eindrucksvoll – durchaus auch Oscar-würdig. In einer Nebenrolle als ihre Mutter agiert Whoopi Goldberg, die 1996 schon in einem anderen Film, in dem es um einen Mord an einem Farbigen geht, mitgewirkt hat – in „Das Attentat“, in dem es um Medgar Evers ging, der in „Till – Kampf um die Gerechtigkeit“ auch vorkommt.

 

Peter Osteried