Tintenherz

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Unzählige Kinder haben der Verfilmung von Cornelia Funkes Bestseller „Tintenherz“ entgegengefiebert und sich gefragt, ob Mo, Meggie, Staubfinger, Capricorn und all die anderen Gestalten wohl ihren Vorstellungen entsprechen werden. An Helden und Schurken,  üppiger Ausstattung und prächtigen Kostümen fehlt es nicht in Iain Softleys Abenteuerfilm. Der britische Regisseur verwandelt die Vorlage in ein solides Spektakel mit dem nötigen Quantum Humor und Spannung. Der Grundgedanke des Buches – die Macht der Literatur und der Fantasie -, tritt dabei zugunsten der Action in den Hintergrund. Allerdings sind die Verwicklungen so zahlreich und das Tempo ist so hoch, dass es streckenweise etwas unübersichtlich wird.

Webseite: www.tintenherz-derfilm.de

INKHEART
USA, Großbritannien, Deutschland 2008
Regie: Iain Softley
Buch: David Lindsay-Abaire
Kamera: Roger Pratt
Darsteller: Brendan Fraser, Paul Bettany, Helen Mirren, Andy Serkis, Eliza Hope Bennett, Rafi Gavron, Sienna Guillory
Länge: 106 Minuten
Verleih: Warner
Kinostart: 11. Dezember 2008

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Dank Cornelia Funke wissen Millionen Leser, was eine Zauberzunge ist: Ein Mensch, der Figuren aus einem Buch herauslesen und zum Leben erwecken kann. Mo Folchart (Brendan Fraser) besitzt diese Fähigkeit. Leider hat die Sache einen Haken, den Mo nicht kennt, als er seine Fähigkeit entdeckt. Für die herausgelesene Figur verschwindet ein Mensch in dem jeweiligen Buch. Das ist in Mos Fall seine Frau Resa (Sienna Guillory). Nun muss er sich mit seiner Tochter Meggie (Eliza Hope Bennett) auf die Suche nach dem Buch „Tintenherz“ begeben, um die Sache rückgängig zu machen. Sein Gegenspieler Capricorn hat daran kein Interesse und vernichtet alle Exemplare, derer er habhaft wird. Denn ihm und seiner Rittertruppe gefällt die zentralgeheizte Welt viel besser als das zugige Mittelalter-Universum des Buches, dem sie entsprangen. Mo und Meggie nehmen den Kampf auf – mit nichts weiter als der Kraft des Wortes.

Die Grenze zwischen Realität und Fantasie ist fließend, besonders bei Kindern, für die Buchfiguren so echt sein können wie der Sitznachbar im Klassenzimmer. Dieses Phänomen greifen Kinderbuchautoren immer mal wieder auf, etwa Michael Ende in seiner „Unendlichen Geschichte“. Cornelia Funke gelang mit „Tintenherz“ eine hübsche Variation des Themas und ein verdienstvolles Plädoyer für das Lesen. Im Film ist davon einiges erhalten. Der Vater, der vorliest, seltene Bücher in einem Antiquariat, wertvolle Schätze in einer Bibliothek und nicht zuletzt die mit Buchstaben übersäte Haut der aus Büchern entsprungenen Gestalten sind zu sehen. 

Doch im Vordergrund steht der Kampf zwischen Gut und Böse und die für Hollywood übliche Betonung der family values. Die Burg des finsteren Capricorn ist der Hauptschauplatz des Schlagabtauschs, der nicht mit Waffen (die gibt es natürlich, sie werden aber kaum benutzt), sondern mit Worten ausgetragen wird. Es werden Märchenfiguren und Stürme herbeigelesen, und bei Bedarf regnet es auch Goldtaler. 

Regisseur Softley und Kameramann Roger Pratt, der auch Harry Potter ins Bild setzte, wollen mit jeder Sequenz überwältigen. Das gelingt ihnen, aber wegen des Tempos, das sie vorlegen, findet sich der Zuschauer in dem wuseligen Hin und Her nicht immer zurecht. Die Orientierung wird dadurch erschwert, dass es keine klare Leitfigur gibt. Auch wenn das Familienschicksal das treibende Element ist, stehen Mo, Meggie und Resa nicht uneingeschränkt im Fokus. Als Figuren sind der sich nach seiner Buch-Heimat  sehnende Staubfinger (Paul Bettany) und die resolute Großtante Elinor (Helen Mirren) schärfer konturiert. Mit Abstrichen auch der aus Tausendundeiner Nacht herbeigezauberte Farid (Rafi Gavron). Sie setzen die schauspielerischen Akzente in einem von der Handlung dominierten Film, deren logische Stolpersteine das Erzähltempo flugs überrollt. 

Am Ende bleibt die sympathische Erkenntnis, dass Bücher ein großes Abenteuer sind. Und auf die Frage, ob die Figuren der Fantasie entsprechen, gibt’s von Fenoglio, dem „Tintenherz“-Autor im Buch, schon mal eine Antwort. „Genauso habe ich mir dich vorgestellt“, sagt er, als er einem seiner Geschöpfe im richtigen Leben begegnet. 

Volker Mazassek

Mortimer „Mo“ Folchart und seine 12jährige Tochter Meggie lesen nicht nur gerne, sie haben dabei eine besondere Gabe. Sie können nämlich bei lautem Vorlesen Figuren aus ihren Büchern zum Leben erwecken. Allerdings hat die Sache eine Kehrseite: Entsteigt nämlich eine Figur einem Roman, muss ein anderer Mensch darin verschwinden.

Genau auf diese Weise ist Mos Ehefrau und Meggies Mutter Resa vor Jahren verloren gegangen. Verständlich, dass Mo überall das Buch „Tintenherz“ sucht, das nur noch in ganz wenigen Exemplaren existiert, das aber mit dem Verschwinden Resas in Zusammenhang steht.

Mo sucht geduldig, doch da nimmt ein Drama seinen Lauf. Der Schurke Capricorn hat Meggie entführt und verlangt von ihr, dass sie mit ihrem besonderen Talent seinen mächtigsten Verbündeten ins Leben holt: den Schatten. Mo muss nun versuchen, seine Tochter zu retten und gleichzeitig einige Gestalten, darunter „dunkle Ehrenmänner“, in Bücher zurückzuverbannen, aus denen sie stammen. Er nimmt dazu eine bunt zusammen gewürfelte Truppe aus der realen und aus der Zauberwelt zu Hilfe.

Cornelia Funke ist die Autorin der literarischen Vorlage, Iain Softley der Regisseur dieses Films. Beide haben sich schon in manchem als künstlerische Schwergewichte ausgewiesen. Der Rang von Cornelia Funke ist zumindest an den Millionen Lesern ihrer Bücher zu messen, derjenige Softleys an schönen Filmen wie zum Beispiel „Die Flügel der Taube“.

Im Falle des vorliegenden Streifens hat der Regisseur in fast ein wenig zu ausgedehnter Weise und manchmal leicht verwirrend alles aufgeboten, was das amerikanische Filmemachen hergibt: Magie, virtuelle Welten, Pomp, Märchenstimmung, romantische Schauplätze, gut dirigierte Massenszenen, Action, „Böse“ und „Gute“ sowie eine sehr ansehnliche Schauspielertruppe. 

Familienunterhaltung mit filmischem Niveau. 

Thomas Engel