Tove

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In Finnland ist sie eine Institution: Tove Jansson, die vor über 70 Jahren die Mumins erfunden hat, jene fabelhaften Wesen, die mit ihrem immer leicht melancholischen Wesen seitdem Generationen von Kindern beeindruckt haben. „Tove“ ist die filmische Biographie der Künstlerin, ein Film, der mehr in ihr Privatleben als in ihr künstlerisches Schaffen abgleitet. Wer sich mehr von den Mumins erhofft, mag darum enttäuscht werden. Allen anderen präsentiert sich ein leises, gefühlvolles Drama über eine Frau, die frei sein wollte.

Website: www.salzgeber.de/tove

Finnland/Schweden 2020
Regie: Zaida Bergroth
Buch: Eeva Putro, Jarno Elonen
Darsteller: Alma Pöysti, Krista Kosonen, Shanti Roney
Länge: 102 Minuten
Verleih: Salzgeber
Kinostart: 24.3.2022

FILMKRITIK:

1944 im Luftschutzbunker: Tove Jansson (Alma Pöysti) unterhält Kinder mit ihren Geschichten über die Mumins. Für echte Kunst hält sie sie aber nicht, übrigens ebenso wenig wie ihr Vater, der berühmte Bildhauer. Tove möchte wahre Kunst erschaffen, doch es sind die Mumins, die ihr die finanzielle Unabhängigkeit bescheren werden, während sie mit einem verheirateten Politiker eine Affäre beginnt und sich in die Bühnen-Regisseurin Vivica Bandler (Krista Kosonen) verliebt – ein Freigeist wie sie, aber jemand, der auch in Sachen Liebe nicht gebunden sein will.

Zur Mitte der 1940er Jahre einzusetzen, erlaubt es, früher zu dem Moment zu kommen, da Tove Jansson mit ihren Mumins echten Erfolg hat. Aber dafür opfert man die wichtige Beziehung zu ihrem Vater, die danach nur noch gestreift wird. Denn sie stand in seinem Schatten, und er ließ sie das immer spüren. Hier steckt der große Konflikt in Tove Janssons Leben – zumindest, wenn man auf den dramatischen Gehalt achtet.

Stattdessen konzentriert sich der Film mehr auf ihr Liebesleben. Eines, das von einer gewissen Freiheit bestimmt ist, die aber dadurch beschnitten wird, da sie nicht bekommt, was sie will. Das macht Tove Jansson zu einer tragischen Figur – zumindest im Film. Denn während hier diese Beziehung zu Vivica Bandler mit einem Schlussstrich endet, waren beide im wahren Leben weiterhin eng befreundet und einander Vertraute, was die Arbeiten der jeweils anderen betraf. Hier wäre ein etwas authentischerer Erzählansatz sicherlich nicht verkehrt gewesen.

Erahnen kann man im Film noch, dass Jansson viele der Figuren aus dem Mumintal nach realen Menschen gestaltet hat. Mit zweien hat sie auch die Liebe zu Vivica aufgegriffen. Eine Liebe, die damals nicht sein durfte, weil Homosexualität in Finnland noch unter Strafe stand. Bezeichnend darum auch die Szene, als Vivica bereits in Paris ist und Tove per Brief berichtet, wie „Gespenster“ wie sie in der Stadt an der Seine freiheitlicher leben können.

„Tove“ ist ein unaufgeregter Film, der notgedrungen immer große zeitliche Sprünge machen muss. Es hilft, wenn man ein wenig mit Tove Janssons Lebensweg vertraut ist, ansonsten muss man versuchen, die Lücken selbst zu schließen. Mehr Raum zur Entfaltung hätte dem Film sicherlich gutgetan. Aber auch so ist er ein im Großen und Ganzes stimmiges Porträt einer Künstlerin, die von Alma Pöysti hervorragend gespielt wird. Dass die Mumins in „Tove“ etwas unterrepräsentiert sind, hätte der Künstlerin wahrscheinlich sogar gefallen. In späteren Jahren löste sie sich von den Mumins und bedauerte es ein wenig, dass es diese Schöpfung allein ist, wegen der man sich an sie erinnerte. Später schloss sie ihren Frieden damit, dass die Mumins ihr großes Vermächtnis darstellen.

Peter Osteried