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Die Angst vor einem Hundekiller geht um in Los Angeles. Der Anfang 30-jährige Sam (Andrew Garfield) nimmt’s zur Kenntnis. Ihn beschäftigt vielmehr seine bildhübsche Nachbarin (Riley Keough), die, kaum dass er sie näher kennengelernt hat, plötzlich verschwunden ist. Auf der Suche nach ihr in der Stadt der Engel und Hollywoodmythen begegnen ihm immer mehr und mehr Zeichen, die er zwar nicht deuten kann, die aber gerade deshalb eine ungeheure Anziehungskraft auf ihn ausüben. Und das tut auch dieser neue, stilistisch mutige Film von David Robert Mitchell („It follows“) mit seiner Fülle von filmischen und anderen popkulturellen Anspielungen.
Webseite: www.facebook.com/underthesilverlake.derfilm
USA 2018
Regie: David Robert Mitchell
Darsteller: Andrew Garfield, Riley Keough, Topher Grace, Zosia Mamet, Callie Hernandez, Patrick Fischler, Grace Van Patten, Jimmi Simpson, Don McMandus, Jeremy Bobb, Riki Lindhome u.v.m.
Länge: 139 Minuten
Verleih: Weltkino Filmverleih
Kinostart: 6.12.2018
FILMKRITIK:
„Wer braucht schon Werwölfe und Vampire, wir haben doch Computer“, ist einer von so vielen bedeutungsvollen Sätzen in diesem anspielungsreichen Film einer nicht enden wollenden Sinnsuche. Der hier auch: „Wir sehnen uns nach Geheimnissen, weil es keine mehr gibt.“ Doch halt, es gibt sie durchaus und nicht zu knapp in diesem stilistisch wagemutigen Thriller von David Robert Mitchell, der zuletzt mit seinem Horrormovie „It Follows“ Aufmerksamkeit in der Branche und beim Publikum erregte. Man muss die Geheimnisse eben einfach nur richtig entschlüsseln und lesen können. Auch den ein oder anderen Schockmoment setzt der aus Detroit stammende Mitchell ebenfalls wieder, beispielsweise, wenn dem Helden Sam ein Eichhörnchen vor die Füße fällt und blutig zerplatzt – oder war’s eines dieser Stinktiere, von denen immer wieder die Rede ist und deren penetranter Geruch Sams Klamotten anhaftet, was allerdings nicht der einzige Grund ist, dass er von anderen Mitwirkenden immer wieder mal komisch angeschaut wird? Vieles hier ist zusätzlich nämlich auch mit Humor zu nehmen.
Sam (Andrew Garfield) ist ein bisschen so etwas wie ein Tagträumer, der wegen Mietschulden drauf und dran ist, seine Bleibe in Los Angeles zu verlieren. Von seinem Balkon aus oder versteckt hinter seinen – Hitchcock lässt grüßen – Lamellenjalousien, schaut der 33-Jährige barbusigen Nachbarinnen nach, und als ihn die umwerfend schöne Sarah (Riley Keough) zu sich einlädt, beeindruckt ihn das natürlich kolossal. Als sie tags darauf spurlos verschwunden und ihr Appartement leergeräumt ist, wittert er – auch angesichts eines in der Wohnung an die Wand gepinselten mysteriösen Symbols aus dem Zeichensatz der Hobos (heimatlose amerikanische Wanderarbeiter) und eines Mannes mit Augenklappe – eine Verschwörung.
Auf der Suche nach Sarah irrt er durch die Stadt der Engel, verliert seinen schicken Ford Mustang, findet eine Schachtel mit Miniaturstatuen früherer Hollywoodschönheiten, ist zu Gast bei Poolparties und im Modemilieu, begegnet einem suizidalen Comiczeichner und Frauen hinter Eulenmasken ebenso wie einem alten Mann, der von sich behauptet, bereits über Generationen hinweg der eine Schöpfer der gesamten populären Musik zu sein – was er sogleich mit einem wunderbaren Potpourri bekannter Songs am Klavier von Klassik bis Nirvana unterstreicht. Immer wieder kreuzen sich seine Wege mit einer Band namens „Jesus and the Brides of Dracula“ und sorgt ein Hundekiller für Angst und Schrecken. Was immer passiert, Sam glaubt Zusammenhänge zu erkennen, selbst auf einer auf einer Müslipackung abgedruckten Schatzkarte – und stolpert bei seinem Streifzug durch Los Angeles immer tiefer hinein in ein Labyrinth aus Zeichen und Mythen.
Wie dem Hauptdarsteller Andrew Garfield wird einem da immer wieder ein Staunen ins Gesicht gezaubert, vermutlich wird ein einmaliges Sehen dieses lässig-stylischen und poetisch-vespielten Komödienthrillers gar nicht ausreichen, um all die Hinweise, die philosophischen wie moralischen Reflektionen und kulturgeschichtlichen Referenzen von Comic bis Super-Mario-Popkultur oder auch die vielen Anspielungen auf Hollywoodklassiker beim ersten Sehen zu erkennen und zu entschlüsseln, bzw. Zusammenhänge zu erkennen – etwa jenen verzerrten Verweis zu Beginn am Pool an Marilyn Monroe und den aufgrund ihres plötzlichen Todes nie vollendenten Film „Something‘s got to give“. Antworten gibt der Film nicht unbedingt. Doch wer bereit ist, sich zusammen mit Sam durch dieses elegant ebenso wie wild verschlungene Werk treiben zu lassen, wird garantiert belohnt.
Thomas Volkmann