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Ach wie süß: Ein Rapper mit Panda-Maske. Zudem einer mit enormer Fan-Gemeinde sowie zahlreichen Preisen im Regal. CRO nennt sich der junge Musiker, Carlo Waibel heißt er mit bürgerlichem Namen. Wie er aussieht, weiß kaum jemand. Das erfährt man nun endlich in diesem Film: natürlich nicht! Dafür ein bisschen, wie Deutschlands erfolgreichster Rapper so tickt. Ein Biopic der freilich etwas anderen Art, das sich in drei clever konstruierten Film-Variationen recht verspielt auf die Fährte des Panda-Phänomens macht. Dazu gibt’s eine hübsche Lovestory, zudem Til Schweiger, der dem Affen Zucker gibt sowie einen brillanten Ratschlag zum perfekten Kino-Date.  

Webseite: www.warnerbros.de

D 2016
Regie: Martin Schreier
Darsteller: David Schütter, Peri Baumeister, Marc Benjamin, Cro, Til Schweiger, Wotan Wilke Möhring, Samuel Finzi
Filmlänge: 115 Minuten
Verleih: Warner Bros. GmbH
Kinostart: 6.10.2016
 

FILMKRITIK:

„Schweigers Chicken“ steht als Leuchtreklame auf einem pompösen Hochhaus der 30-Jahre. Nebenan im Nachtclub wird gleich die Hölle los sein: Mafiosi mit Maschinengewehren liefern sich eine Actionschlacht wie aus dem Bilderbuch. Einer der verwegensten Gangster trägt eine Panda-Maske. Was das soll? Nur so eine spontane erste Idee für einen Film über Cro. Der nämlich hat in einem Wettbewerb 40.000 Euro Preisgeld ausgesetzt für den besten Einfall, der ihn auf die Kinoleinwand bringt. Drei Finalisten setzen sich durch. Vanessa (Peri Baumeister), die Filmstudentin mit Asperger-Syndrom, will eine Doku über den Rapper machen. („CRO? Und was ist das!“ fragt ihr skeptischer Dozent). Der im Bürojob frustrierte Cartoonist Ludwig (Marc Benjamin) plant einen ambitionierten Animationsstreifen über die Anfänge des Panda-Musikanten. Frauenheld und Filmfreak Dawid (David Schütter) schließlich will zeigen, wie es mit Cro in 30 Jahren aussehen wird. Ein Drehbuch hat der großmäulige Sohn eines Kinobetreibers zwar noch nicht, dafür weiß er sicher, dass Til Schweiger den Rapper als Rentner spielen soll.
 
Der wild vergnügte Genre-Mix aus drei Varianten über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Rap-Stars wird ergänzt um eine klassische Lovestory unter dem Filmemacher-Trio. Der sensible Zeichner Ludwig schwärmt für der schüchternen Vanessa. Die wiederum wird sofort zum Objekt der Begierde des selbstgefälligen Aufreißers Dawid. Um ans Ziel zu kommen, setzt der coole Charmeur auf die romantischer Karte und lädt die Filmstudentin zur Privatvorstellung von deren Lieblingsfilm ins eigene Kino. Die Turtelei findet jedoch ein jähes Ende, worauf sich Konkurrent Ludwig wieder Hoffnungen machen kann.  
 
Unterdessen werkeln die jungen Kreativen weiter an ihren Filmvisionen. Dort gerät die Zukunft für den gealterten Cro zu Farce: Statt in der Schleyer-Halle („Gibt’s die überhaupt noch?“, fragt sein ergrauter Manager) muss der abgehalfterte Star bei Spargel-Festen auftreten und sich mit Howard Carpendale (leibhaftig!) prügeln. Als Trost kann er endlich jene wilden Sex-Orgien feiern, die ihm mit Maske nicht möglich waren:„Lebt alles aus, was er als Panda nicht konnte.“ schreibt Dawin ihm freudig ins Drehbuch. Seriöser fällt die Doku-Version von Vanessa auf. In seinem ehemaligen (tatsächlich realen!) Kinderzimmer plaudert Carlo Waibel über sein Lampenfieber oder die Masche mit der Maske. Dann jedoch macht die Studentin eine Entdeckung, die alle Cro-Fans ziemlich schockieren könnte. Den Skandal enthüllt sie live auf der Konzertbühne - nur wer bis nach dem Abspann bleibt, erfährt des mysteriösen Rätsels wahre Lösung.  
 
Wie es sich für einen wilden Jungfilmer gehört, setzt Martin Schreier bei seinem Kinodebüt auf unkonventionelle Erzählformen - biedere Filme über Musiker gibt es schließlich zur Genüge. Der cineastische Cro-Cocktail aus Farce, Doku, Animation und Lovestory gelingt mit der notwendigen Lässigkeit und ironischen Brechungen. „In jedem Aspekt des Films soll die DNA von Cro zu spüren sein“, sagt Schreier über sein Konzept. Til Schweiger hadert derweil in seinem Film-im-Film-Auftritt mit dem einfallslosen Drehbuchautoren: „Da kann ich auch gleich in die ‚Lindenstraße’ gehen!“. Während sich Schweiger mit sichtlichem Vergnügen zum eitlen Affen macht, zeigt Jung-Star David Schütter, dass er mehr drauf hat als das coole Werbe-Modell für Levis-Jeans à la Brad Pitt zu sein. Mit überzeugender Leichtigkeit mutiert der 25-Jährige vom Möchtegern-Macho zum Softie-Sensibelchen, das beim Kino-Flirt mit seinem Schwarm synchron die Dialoge aus „Die Faust im Nacken“ nachspricht. Gegen solche Leinwandpräsenz hat man eigentlich mit Panda-Maske eine reelle Chance. Dennoch gönnt sich Carlo Waibel ein paar unmaskierte Cameo-Auftritte - für seine Fans allemal ein hübsches Suchspiel.                  

Dieter Oßwald