Video Kings

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„Anarchistisches Piraten-Movie“ hat Bela B. Felsenheimer die Kiez-Komödie „Video Kings“ genannt. Dem ist nicht zu widersprechen, wohl aber die Frage erlaubt: was ist das eigentlich, ein Piraten-Movie? Um Video-Piraterie geht es dabei nur bedingt, wobei dem Internet durchaus eine größere Rolle zugedacht wurde: als Marketinginstrument nämlich. Der skurrilen Geschichte zweier Versager hinterm Tresen einer schlecht laufenden Videothek in Berlin-Neukölln jedenfalls könnte zumindest in Szenekreisen ein Achtungserfolg beschieden sein.

Webseite: www.videokings.de

www.myspace.com/videokings

Deutschland 2007
Regie: Daniel Acht & Ali Eckert
Darsteller: Fabian Busch, Wotan Wilke Möhring, Monica Nancy Wick, Hendrik Arnst, Thomas Schmidt, Bela B. Felsenheimer, Peter Thorwart, Steffen Wink, Oliver Korittke, Badesalz, Til Schweiger
94 Minuten, ab sechs Jahren
Verleih: Madhouse Pictures
Kino-Start am 6.9.07

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Piraten-Movie also. Von Augenklappe jedoch keine Spur. Am Bug eines Schiffes wird hingegen doch posiert. Flo (Fabian Busch), unterbezahlter Angestellter des gleichnamigen Videoladens „Video Kings“ im Berliner Bezirk Neukölln träumt sich in Gedanken wie Leonardo DiCaprio in „Titanic“ an die Seite von im richtigen Leben erst noch zu erobernder Frauen. Überhaupt: gerade weil Flo sich sein Leben fortlaufend nach dem Vorbild von Filmszenen denkt, bringt er tatsächlich nie etwas auf die Reihe. In dieser Disziplin ist auch sein illegal in der Videothek arbeitender Kollege Hotte (Wotan Wilke Möhring) ein absoluter Meister.

Weil beide ständig knapp bei Kasse sind und auch das Finanzamt schon mit Pfändung droht, lassen sie sich wiederholt mit Bernhard (Peter Thorwart), dem etwas zwielichtigen Konkurrenten, auf Ratespielchen à la „Wer wird Millionär“ ein. Dann soll Flo noch die Frau seines Chefs bespitzeln, was insofern noch zu Problemen führen wird, als eine Videokassette mit Beweismaterial in falsche Hände gerät. Vielleicht sind ja auch dies die Piratenmethoden, die Bela B. Felsenheimer (der als Tommy ständig irgendwelche geklaute Ware an den Mann bringen will) auf den Gedanken eines Piraten-Movies brachten?

„Video Kings“ mit dem ebenfalls von einem Losertypengespann bevölkerten US-Independent Film „Clerks“ zu vergleichen, liegt irgendwie nahe. Auch, weil die armseligen Helden – Flo insbesondere – ständig nur die für sie magischen Momente ihrer Lieblingsfilme zitieren. Hotte mit seiner sensationellen Vokuhila-Frisur und einem wie mit einem Lineal gezogenen Frontscheitel, der ausgebeulten Hose und dem seine Gedankenleistungen trefflich beschreibenden T-Shirt-Aufdruck „Jetlag“ ist aber bei weitem nicht jener Gesprächspartner, mit dem es sich über anspruchsvolle Filme und Themen diskutieren ließe. Besser also den Vergleich mit „Clerks“ wieder verwerfen.

Offensichtlicher ist beim Stichwort Kiezkomödie die Nähe zu Filmen wie „Kebap Connection“ aus dem Hamburger Schanzenviertel und der Ruhrpott-Trilogie mit „Was nicht passt wird passend gemacht“, „Bang Boom Bang“ und „Goldene Zeiten“ von Peter Thorwart. Der ist ebenso wie Darsteller Oliver Korittke auch in „Video Kings“ an Bord. Doch nicht genug der illustren Namen. Til Schweiger taucht als Promoter in einem TV-Verkaufskanal im Supermann-Kostüm auf und streitet sich am Ende mit den als Schutzengel dämliche Ratschläge erteilenden Blödelbarden von Badesalz darüber, wer Flo nun den besseren Tipp für ein Happy-End gegeben hat. Unschwer zu erkennen: den Beteiligten hat die Mitwirkung an „Video Kings“ richtig Spaß gemacht.

Inwieweit die hier verabreichte launige Aneinanderreihung einfach strukturierter Witze und milieuspezifischer Klischees auch beim Publikum auf fruchtbaren Boden fallen, das freilich ist eine andere Sache. Sinnfreiheit, neue Maßstäbe in Sachen Geschmacklosigkeit und die Einführung eines neuen Proletenduos jedenfalls entstanden bei vollem Bewusstsein der Mitwirkenden und insgesamt auch mit wenig Geld. Dies erklärt auch, warum im Vorfeld über das Internet und bei Live-Aktionen in diversen deutschen Städten bereits kräftig die Werbetrommel für diesen mit reichlich handgemachter Rockmusik versehenen Film gerührt wird. Was den „Arctic Monkeys“ gelang, das versuchen nun eben auch die Macher von „Video Kings“. In Szenekreisen könnten sie damit Erfolg haben.

Thomas Volkmann

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Ein ziemlich heruntergekommener Neuköllner Videoverleih-Laden, in dem Flo und Horst Dienst tun. Viel los ist nicht, und trotzdem meldet sich das Finanzamt. Horst oder Hotte, wie er auch genannt wird, setzt, so heißt es irgendwo typisch für die Art dieses Films, „mit seiner Frisur auch für eingefleischte Proleten neue Maßstäbe der Geschmacklosigkeit“. Flo ist lange vergeblich in die im Nachbarhaus lebende Ramona verliebt. Aus ihrer Wohnung dringen immer wieder ebenso vertraute wie verdächtige Laute, so dass man lange nicht weiß, ob sie Trainerin ist oder Tänzerin, Schlampe oder ein ganz und gar anständiges Mädchen.

Viel passiert nicht. Ab und zu melden sich ein paar Schläger, vielleicht Schutzgelderpresser. Oder Kunden, die Abgefahrenes verlangen. Flo muss außerdem der Frau des Chefs der beiden nachspionieren, die mit einem anderen Kerl etwas hat. Der Verdächtige ist doch nicht etwa Hotte? Flo wird gegen Ende schließlich von einem Mädchen mit italienischem Anhang bedrängt. Es sieht so aus, als müsse er sie in Kürze heiraten. Aber da geht nichts. Sein Herz gehört Ramona.

Umfangreiche Handlungsideen gibt es hier nicht. Hauptsächlich sind Flo und Hotte mit sich selbst beschäftigt. Sie klopfen lockere Sprüche, rennen nur wegen des Allernötigsten hin und her, „verarschen“ sich, zitieren Dutzende von Filmtiteln. Von Kino und Video verstehen sie etwas. Respekt!

Nichts Großes, aber ganz lustig. Als Locations dienen gerade mal der Laden, Ramonas Wohnung und einige Straßensituationen. Sonst nichts. Auf Förder- oder Fernsehgelder hat man ganz offensichtlich verzichtet, um ohne Kompromisse, nach eigenem Gutdünken und eigenen Fähigkeiten drehen zu können.

Dafür ist ein riesiger Werbeaufwand geplant, um das junge Zielpublikum zu erreichen. Das Rockpublikum auch. Denn die zu der Produktion passende Rockmusik ist in Hülle und Fülle vorhanden.

Ebenso wie ein paar zugkräftige Darsteller. Til Schweiger, Oliver Korittke, Wotan Wilke Möhring, Fabian Busch und Badesalz zum Beispiel.

Ein Indie-Film mit Berliner Kiez-Atmosphäre. Von den Autoren und Produzenten als „Screwball-Komödie“ gesehen. Nicht gerade bedeutend, aber ganz lustig. Teilweise originell. Ein wenig auch das, was man „abgefahren“ nennt. Für ein ganz spezielles, vorwiegend junges Publikum.

Thomas Engel