Vier Mütter für Edward

Die feine, leichte Wohlfühlkomödie dreht sich, rein äußerlich betrachtet, um das Verhältnis zwischen Müttern und Söhnen. Doch tatsächlich geht es in der Geschichte eines jungen Schriftstellers, der seine Mutter pflegt und sich – wo er doch so viel Erfahrung hat – zusätzlich um die Mütter seiner Freunde kümmern muss, um Macht und Abhängigkeit. Und natürlich geht es auch, denn schließlich sind wir in Irland, auch um die katholische Kirche und um den Glauben an Geister und Mythen. Für so viel Herz, Humor und irischen Charme gab’s beim Londoner Filmfestival den Publikumspreis.

 

Über den Film

Originaltitel

Four Mothers

Deutscher Titel

Vier Mütter für Edward

Produktionsland

IRL

Filmdauer

89 min

Produktionsjahr

2024

Regisseur

Thornton, Darren

Verleih

Pandora Film Medien GmbH

Starttermin

10.07.2025

 

Für Edward ist es absolut selbstverständlich, dass er seine Mutter versorgt. Alma kann seit ihrem Schlaganfall nicht mehr sprechen, sie verständigt sich aber ganz gut über ein Tablet mit Sprachausgabe und scheucht Edward gelegentlich mächtig durch die Gegend. Edward ist ständig für sie da, er kocht für sie, fährt sie in die Kirche und zum Arzt. Damit er immer für sie erreichbar ist, wohnt er in seinem Elternhaus, was sich gut mit seiner Tätigkeit als Schriftsteller vereinen lässt. Er träumt von seinem literarischen Durchbruch, und der könnte nun kurz bevorstehen: Seine progressiven Jugendbücher verkaufen sich gut in den USA, eine Lesereise könnte den Absatz noch weiter anheizen. Edward ist hin- und hergerissen – kann er seine Mutter überhaupt ein paar Tage allein lassen? Sie braucht ihn 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Doch die Entscheidung über seine Reise wird vorerst vertagt, denn plötzlich hat Edward noch weitere drei Mütter auf dem Hals, die von ihm umsorgt werden wollen.

Wie das kommt? – Ganz einfach: Edwards Freunde, die so wie Edward ebenfalls schwul sind, betreuen ebenfalls ihre Mütter. Und weil sie wissen, dass Edward nicht nur sehr freundlich, sondern auch geduldig und aufopferungsvoll ist, lassen sie ihn mitsamt ihren Müttern zurück, als sie zu einem spontanen Pride-Wochenende nach Maspalomas aufbrechen. Und während sich seine Freunde nach Kräften amüsieren, wird der arme Edward zum Betreuer und Pfleger für gleich vier und zusätzlich sehr unterschiedliche Damen.

Der irische Regisseur Darren Thornton („Ein Date für Mad Mary“) hat nach Motiven des italienischen Films „Ein Festmahl im August“ eine sehr warmherzige und intelligente Komödie inszeniert, für die er wieder das Drehbuch mit seinem Bruder Colin schrieb. Die beiden haben ihrer Geschichte eine schöne Mischung aus Humor, tiefen Gefühlen und dramatischen Verwicklungen gegeben. Edward bleibt die zentrale Figur als aufopferungsvoller Sohn und duldsamer Freund, ambivalent bis in die Haarspitzen. Er ist ein König der Entschlusslosigkeit, der sich vor jeder Entscheidung drückt, die er vermutlich ohnehin nicht treffen könnte. Lieber macht er gar nichts, als dass er etwas falsch macht. Oder noch besser: Er lässt sich sein Leben von außen diktieren – durch die Umstände, durch seine Mutter oder durch seine Freunde. Edward weiß nicht, was er will, aber das weiß er ganz sicher. Außerdem hat er definitiv ein Helfersyndrom. Und wenn es keinen anderen Ausweg gibt, dann hat er die Ausrede, dass er sich schließlich um seine Mutter kümmern muss. Mit am besten an diesem Film ist aber, dass das Thema Homosexualität in diesem Film gar nicht thematisiert wird. Diese Selbstverständlichkeit ist äußerst wohltuend.

James McArdle spielt den Edward als sympathischen Sohn und Freund mit sanftem Blick, bis zur Selbstaufgabe bereit, Gutes zu tun. Für ihn ist es selbstverständlich, seine eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen. Er lässt sich von den alten Damen herumkommandieren, bis sie vor ihm merken, dass er eigentlich mehr Hilfe benötigt als sie. Das lange Wochenende, das seine Kumpels mit Strömen von Alkohol und in knappen Badehöschen im sonnigen Süden verbringen, wird für Edward erst zum Stresstest und dann zur Selbstfindungstherapie mit vier sehr effizienten Therapeutinnen.

Dabei wirken Edwards vier Ersatzmütter wie vier irische, also sehr katholische, konservative und abergläubische, aber entzückende Varianten der Golden Girls. Als Gruppe decken sie gemeinsam praktisch alles an angenehmen und unangenehmen Eigenschaften von Müttern ab. Hinzu kommt hier und da ihr bissiger Humor und eine gute Portion Altersweisheit. Die Vier sind gleichzeitig so liebenswert und sympathisch, dass man ihnen sofort alle Charakterfehler verzeihen möchte, wobei auch Mutter Alma sich als durchaus lernfähig erweist. Denn schließlich, wir sind ja in Irland, muss am Ende alles gut werden.

 

Gaby Sikorski

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