Viet und Nam

Das südostasiatische Land Vietnam heißt im Vietnamesichen Viet Nam, besteht also aus zwei Wörtern. Mit dieser Dualität spielt Trương Minh Quý in seinem Film„Viet und Nam“, der von zwei Männern erzählt, aber auch von zwei Hälften eines Landes, die einst Krieg führten und nicht immer glücklich zusammengewachsen sind. Ein enigmatischer, oft in traumhaften Bildern inszenierter Film, der von einer schwulen Liebe erzählt, aber auch vom Umgang mit der Vergangenheit und einer Zukunft, die oft nur ein Versprechen bleibt.

 

Über den Film

Originaltitel

Viet and Nam

Deutscher Titel

Viet und Nam

Produktionsland

F/CH/FL/VIE

Filmdauer

129 min

Produktionsjahr

2024

Regisseur

Minh Quy, Truong

Verleih

Salzgeber & Co. Medien GmbH

Starttermin

04.09.2025

 

Vietnam 2001. Viet (Dao Duy Bao Dinh) und Nam (Pham Thanh Hai) arbeiten unter Tage in einer der Minen des Landes, bauen Kohle ab, eine schweisstreibende, gefährliche Arbeit. Und sie sind ein Paar, stehlen sich Minuten, in denen sie allein sein und ihre Liebe ausleben können. Über Tage können sie in der konservativen Gesellschaft nicht zusammen sein, dort wird von ihnen erwartet, bald zu heiraten, eine Familie zu gründen.

Nam lebt zusammen mit seiner Mutter Hoa (Nguyen Thi Nga), die auch Jahre nach dem Ende des Krieges nach ihrem Mann, Nams Vater, sucht, der nie zurückkehrte, der verschollen ist, vielleicht irgendwo unter der Erde begraben, ebenso wie es Nam bei seiner Arbeit ständig droht. Zusammen mit dem Veteranen Ba (Le Viet Tung), der behauptet zu wissen, wo Nams Vater begraben sein könnte, machen sich Mutter und Sohn auf den Weg zur Grenze nach Kambodscha.

Auch viele andere Vietnamesen suchen nach den Überresten von Verwandten, im Fernsehen werden Listen Vermisster vorgelesen, eine Frau (Khanh Ngan), die sich als Medium bezeichnet und mit ihrem weiß geschminkten Gesicht wie ein Geist wirkt, verspricht in Kontakt mit den Toten zu sein, auch wenn sie vielleicht nur auf das Geld der Hinterbliebenen aus ist.

Und über allem steht Nams Wunsch, das Land zu verlassen und im Ausland sein Glück zu finden, auch wenn er dafür Viet verlassen müsste. Ein Schlepper verspricht eine Möglichkeit zur Flucht, doch der Weg wäre gefährlich, eingeschlossen in einem Container müsste Nam fliehen, einen gefährlichen Fluss überqueren, geschützt nur von einer Plastikplane, als wäre er eine lebende Leiche.

Bewusst austauschbar wirken die beiden Hauptfiguren in Trương Minh Quý „Viet und Nam“, der letztes Jahr in Cannes in der Nebensektion Un Certain Regard gezeigt wurde. Im Abspann stehen die beiden Schauspieler sogar zusammen mit den Namen Viet / Nam, so als wären sie Zwillinge, die unterschiedliche Aspekte repräsentieren: Den Norden und den Süden, den Wunsch, das Land zu verlassen, das Verlangen, in der Heimat zu bleiben.

Auch auf erzählerischer und visueller Ebene hält sich Quý alle Möglichkeiten offen, entwickelt keine stringente Geschichte, sondern beschreibt in losen Szenen ein Land, das die Grauen des Vietnamkrieges hinter sich zu lassen versucht, das einerseits von einer kommunistisch geprägten Einheitsregierung regiert wirkt, sich andererseits aber wirtschaftlich öffnet und zunehmend kapitalistisch wird.

Weltoffenheit in dieser Hinsicht spiegelt sich allerdings (noch) nicht in Offenheit, was die persönlichen Verhältnisse angeht, gerade wenn es um Homosexualität geht. Nur unter Tage, kaum sichtbar im Schatten des Kohlebergwerkes können Viet und Nam ihre Liebe ausleben, doch das Funkeln der Steine des Flöz lässt es wirken, als wäre sie unter einem Sternenhimmel und sähen in die Weiten des Universums hinein.

Enigmatisch wirken die Bilder oft, surreal und impressionistisch, von Geistern und Wiedergängern bevölkert, so wie die Filme des thailändischen Regisseurs Apichatpong Weerasethakul, der auf ganz ähnliche Weise von der Geschichte seines Landes und homosexuellem Begehren erzählt. Bei Quý findet sich zudem eine globale Perspektive, die von Flucht und Arbeitsmigration erzählt, vom Wunsch nach einer wirtschaftlich besseren Zukunft, für die Menschen nicht nur aus Vietnam, sondern dem gesamten Globalen Süden, große Gefahren auf sich nehmen.

 

Michael Meyns

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