Als Yasemin bei einem Anschlag ums Leben kommt, wird das Leben ihres Mannes auf den Kopf gestellt. Während der Ermittlungen weiß er bald nicht mehr, wem oder was er glauben soll. Das Drama „Was von der Liebe bleibt“ handelt von Liebe, Ängsten, Willkür, Rassismus und dem Zerplatzen aller Träume innerhalb von Sekunden. Eine Fülle an Themen, die „Was von der Liebe bleibt“ stimmig zusammenführt. Ein ehrlicher, intensiver Film, erzählt auf angenehm nüchterne Weise und ohne künstliche Betroffenheit.
Deutschland 2023
Regie: Kanwal Sethi
Buch: Kanwal Sethi
Darsteller: Serkan Kaya, Seyneb Saleh, Amira
Demirkiran, Olga von Luckwald
Länge: 100 Minuten
Verleih: Filmwelt
Kinostart: 02. Mai 2024
FILMKRITIK:
Yasemin (Seyneb Saleh) und Ilyas (Serkan Kaya) leben in Berlin und führen seit fünfzehn Jahren eine glückliche Beziehung. Doch eines Tages wird Yasemin in einem Café von einem Unbekannten brutal erschossen, was Ilyas Leben komplett aus der Bahn wirft. Er muss sich nun allein um die gemeinsame Tochter Senna (gespielt von Amira Demirkiran) kümmern und das Café, das er einst mit Yasemin eröffnete, weiterführen. Hinzu kommt, dass ihn die Polizei zum Kreis der Verdächtigen zählt. Wenig später sorgen Gerüchte um Yasemin für noch mehr Verwirrung: Die Ermordete soll ein Doppelleben geführt und die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK finanziell unterstützt haben.
Regisseur Kanwal Sethi („Once again“) erzählt in seinem neuen Film von der Liebe zwischen zwei Personen, die gemeinsam die Hürden des Lebens bewältigen und alles in allem eine harmonische Beziehung führen. Bis das tragische Ereignis der Ermordung die Idylle brutal zunichtemacht. In geschickt eingebauten und klug mit der filmischen Gegenwartshandlung verwobenen Flashbacks reist Sethi aber immer wieder zurück zu wichtigen Momenten in Yasemins und Ilyas Vergangenheit.
Dazu zählen das Kennenlernen auf einem Spree-Dampfer, die Café-Eröffnungsfeier oder der Moment, in dem Yasemin Ilyas eröffnet, dass sie ein Kind erwartet. Einschneidende, zum Teil sehr intime Augenblicke, an denen uns Sethi teilhaben lässt – und die dem Zuschauer die Figuren näherbringen. Eine Stärke des Films ist die Charakterzeichnung und dabei vor allem die ungeschliffene Authentizität der Figuren. „Was von der Liebe bleibt“ erzählt keine glattgebügelte, kitschige Lovestory mit Menschen ohne Schwächen oder Fehler. Dass Yasemin und Ilyas in vielen Dingen grundverschieden sind und bisweilen widerstreitende Ansichten haben, verschweigt der Film nicht. Im Gegenteil.
Yasemin strebt nach Selbstverwirklichung, ist extrovertiert und geht auch mal (finanzielle) Risiken ein. Das zeigt ihr Vorhaben, neben dem Café mit einem portugiesischen Restaurant einen weiteren gastronomischen Betrieb zu eröffnen. Ilyas hingegen ist zurückhaltender, vorsichtiger und weniger wankelmütig. Der Film handelt also von Personen aus dem echten Leben, das voller Rückschläge und Herausforderungen steckt. Das alles macht aus „Was von der Liebe bleibt“ einen zutiefst menschlichen Film.
Aufgrund der vielen Rückblenden und der Liebesbeziehung, die einen so zentralen Aspekt darstellt, rücken die wichtigsten Fragen rund um den Mord irgendwann in den Hintergrund. Die Suche nach dem Mörder steht eindeutig nicht im Mittelpunkt. Vielmehr hinterfragt Sethi die Ermittlungsarbeit der Polizei kritisch. Dazu zählen fragwürdige Hausdurchsuchungen, Vorverurteilungen und teils hanebüchene Verdachtsmomente sowie Theorien, mit denen die Beamten Elyas und seine Tochter konfrontieren. Sethi prangert damit auch (unterschwelligen) behördlichen Rassismus an.
Die Auflösung erfährt man erst ganz am Ende aus einem Infotext. Zurück blieb kurz zuvor mit den letzten Einstellungen ein innerlich zerrissener, gebrochener Mann, einnehmend verkörpert von Serkan Kaya. In fast jeder Szene des Films zu sehen, überzeugt er mit Ausdruck und einem facettenreichen Spiel.
Björn Schneider