We all bleed red

Kaum eine Berühmtheit wurde nicht von ihm fotografiert, doch sein Herz gehört den Außenseitern der Gesellschaft: Martin Schoeller, deutscher Fotograf, seit Jahren wohnhaft in New York. Seine Stiefschwester Josephine Links porträtiert den Künstler in ihrem ruhigen Dokumentarfilm „We All Bleed Red“ und zeigt einen nachdenklichen, an ganz unterschiedlichen Menschen und ihren Geschichten interessierten Mann.

 

Über den Film

Originaltitel

We all bleed red

Deutscher Titel

We all bleed red

Produktionsland

DEU

Filmdauer

87 min

Produktionsjahr

2024

Regisseur

Links, Josephine

Verleih

Salzgeber & Co. Medien GmbH

Starttermin

28.08.2025

 

Jimmy Carter, Johnny Cash, die Clintons, Donald Trump, George Clooney, Elon Musk

Julia Roberts, Adele, Frank Gehry, Marina Abramović, Barack Obama, Julian Assange, Roger Federer, Zinedine Zidane, Taylor Swift, Clint Eastwood, Lionel Messi, Arnold Schwarzeneger. Die List der Berühmtheiten aus Film, Sport und Politik, die Martin Schoeller im Laufe seiner Karriere vor der Kamera hatte ließe sich beliebig fortführen.

In München geboren, in Frankfurt am Main aufgewachsen, lebt Scholler seit den frühen 90er Jahren in New York, arbeitete erst als Assistent von Annie Leibovitz bevor er selbst bald für seine ungewöhnlichen, nahbaren Star-Porträts berühmt wurde. Bald wurde Schoeller von auflagestarken Magazinen in den USA engagiert, von National Geographic, Vanity Fair, TIME, The New York Times Magazine, Rolling Stone, GQ bis zum The New Yorker.

Besonders seine Arbeit für dieses legendäre Magazin machte Schoeller zum Star und Nachfolger von Richard Avedon, der lange Jahre für den New Yorker berühmte Porträts in einem unverwechselbaren Stil machte. Den fand auch Schoeller bald, nachdem er anfangs noch aufwändig produzierte Fotos machte, für ein Bild von Ang Lee und Michelle Yeoh angesichts ihres Schwertkampffilms „Crouching Tiger, Hidden Dragon“ etwa die Schauspielerin an einem Kran, quasi fliegend, über einer Straße in Chinatown zeigte oder den

Skateboarder Tony Hawks, wie er in seiner Küche einen Sprung vom Küchentisch macht.

Doch erst als Scholler zum Minimalismus griff, wurden seine Porträts unverwechselbar. Seit Jahren fotografiert er bekannte und unbekannte Menschen in extremer Großaufnahme, vor einem hellen Hintergrund, das Gesicht des jeweilig porträtierten füllt das komplette Foto aus. Ein Grund für diese freiwillige Reduktion auf das Wesentliche ist der Mangel an Zeit, den er für seine Arbeit mit Prominenten nur noch zur Verfügung hat. Barack Obama etwa hatte anfangs, als er noch Senator war, viel Zeit, als Präsidentschaftskandidat schon nur noch 20 Minuten, als Scholler ihn dann ein drittes Mal im Weißen Haus fotografierte, dauerte das Shooting nur noch fünf Minuten.

Viel mehr Zeit hat Martin Scholler bei seinen Herzensprojekten, die er von den Gagen für seine Prominenten-Porträts finanziert. Obdachlose, die er auf der Straße anspricht und in ein improvisiertes „Studio“ mitnimmt, zählen ebenso zu seinen Foto-Subjekten, wie Holocaustüberlebende, Bodybuilder oder Menschen, die zum Tode verurteilt waren und schließlich doch freikamen.

Vor allem die Arbeit mit diesen Personen steht im Mittelpunkt von Josephine Links Dokumentarfilm „We All Bleed Red“, die ihren Stiefbruder bei der Arbeit und zu Hause beobachtet. Der passende Titel des Films stammt von einem amerikanischen Ureinwohner, der damit auch Scholler Ansatz auf den Punkt bringt: Egal ob ein Weltstar oder ein Obdachloser vor der Kamera sitzt, am Ende ist es ein Mensch, auch wenn die Lebensverhältnisse gerade durch die extremen gesellschaftlichen Verwerfungen der USA kaum größer sein könnten. Auf seine Art weiß Martin Scholler mit seiner Arbeit auf die herrschenden Ungerechtigkeiten hin und nutzt damit seine Reichweite als Star-Fotograf auf subtile Weise.

 

Michael Meyns

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