Schon im letzten Jahr lief „Weihnachten in der Schustergasse“ in seiner norwegischen Heimat, pünktlich zu Weihnachten gibt es den heimeligen Film nun auch im deutschen Kino. Erzählt wird eine Geschichte, die ein wenig an das Musical „Annie“ erinnert – über ein junges Mädchen, das in einem grummeligen älteren Mann einen Vaterersatz findet.
Website: https://www.capelight.de/weihnachten-in-der-schustergasse
Den første julen i Skomakergata
Norwegen 2023
Regie: Mikal Hovland
Drehbuch: Maren Skolem
Darsteller: Kaya Ekerholt McCurley, Kåre Conradi, Lene Kongsvik Johansen, Håkon Seip
Länge: 94 Minuten
Verleih: Capelight Pictures
Kinostart: 14. November 2024
FILMKRITIK:
Das erste Weihnachten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs: In einem kleinen, verschneiten Dorf ist die kleine Stine aus einem Zug gesprungen, da sie Schwarzfahrerin war. Sie läuft durch den Ort und direkt ins Haus des Schuhmachers Andersen, der seit langer Zeit seiner eigenen Tochter entfremdet ist und sich mürrisch von allem zurückgezogen hat. Stine ist eigentlich nicht sein idealer Hausgast, aber das Mädchen schafft es, den Griesgram aus der Reserve zu locken. Sie verändert aber nicht nur das Leben des Schustermeisters, sondern auch der anderen Dorfbewohner, während Autoritätsfiguren danach trachten, das Mädchen wieder dorthin zurückzubringen, wo es ausgebüxt ist.
„Weihnachten in der Schustergasse“ ist ein unglaublich liebevoll gestalteter, sehr auf die Details bedachter Film, der mit reichlich weihnachtlichem Feeling daherkommt, ohne zu sehr auf die weihnachtlichen Elemente zu setzen. Das weihnachtliche Setting ist nur Hintergrund, mehr geht es um die Leben, die durch eine Begegnung verändert werden. Stine ist der Katalysator, nicht nur für den Schuster, sondern auch für all die anderen im Dorf. Weil das Mädchen sie aus ihrem Alltag reißt. Zugleich findet sie die Geborgenheit, die sie bislang vergeblich gesucht hat.
Stine ist eine Ausreißerin, ein Mädchen, das nach einem neuen Heim, mehr aber noch nach einer neuen Familie sucht. Dabei wirkt sie auf Andersen beflügelnd, weil dieser sich schon viel zu lange in sein kleines Schneckenhaus verkrochen hat. Der Film spielt damit, dass es Disruptoren im Leben braucht, dass das Glück oft aus unerwarteter Richtung kommt, und dass Familien nicht durch Blutsbande, sondern durch ein fürsorgliches Miteinander entstehen.
Der Film ist ruhig und unaufgeregt erzählt. Die Bedrohung für Stine, da sie wieder ins Internat gebracht werden soll, ist eher harmloser Natur – ebenso, wie man sie sich bei einem Kinderfilm vorstellt. Das ist Regisseur Mikal Hovals Werk in erster Linie, aber er hat ihn so schön gestaltet, dass sich auch ein älteres Publikum in dieser einfachen Geschichte verlieren kann.
Besonders erwähnenswert: Die Synchronisation ist ausgesprochen schön geworden, das gilt vor allem in Hinblick auf die Rolle Andersen, die von Detlef Bierstedt mit unglaublich viel Wärme und Hingabe interpretiert wird. „Weihnachten in der Schustergasse“ ist ein liebenswerter, simpler, aber ausgesprochen schöner Film, der perfekt in die Weihnachtszeit passt.
Peter Osteried