When Animals Dream

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Für starke Nerven: ein Horrorfilm aus Norwegen als spannendes Melodram um ein junges Mädchen. Marie verliebt sich, aber gleichzeitig stellt sie Veränderungen an ihrem Körper fest, die sie beunruhigen. Ist das Geheimnis ihrer gelähmten Mutter auch ihr eigenes? Kann ihr Vater sie beschützen? Und was wissen die Nachbarn?
Sensibel und mit viel Sinn für elegante Schockeffekte entwirft Jonas Alexander Arnby ein bildgewaltiges Szenarium, in dem es um den Kampf zwischen Instinkten, Gefühlen und Verstand geht.

Webseite: www.when-animals-dream.de

Originaltitel: Når dyrene drømmer
Norwegen 2014
Regie: Jonas Alexander Arnby
Drehbuch: Rasmus Birch
Darsteller: Sonia Suhl, Lars Mikkelsen, Sonja Richter, Jakob Oftebro, Mads Riisom, Gustav Dyekjær Giese
84 Minuten
Verleih: Prokino
Kinostart: 21. August 2014

Pressestimmen:

"Sanfter Horror... psychologisch stimmig, mit betörenden Bildern und klugen Einfällen - und fast ganz ohne Grusel und Schockmomente."
Brigitte

FILMKRITIK:

Wer sich ein wenig mit Horrorfilmen auskennt, weiß sofort, was es bedeutet, wenn es um das Thema Instinkte geht: Dann ist das Animalische im Menschen gemeint, das Tierhafte, die reine Gefühlsebene, die den Verstand komplett ausschaltet. Der Kontrollverlust ist für den modernen Menschen gleichzeitig Wunschvorstellung und Angstvision, bedeutet er doch einerseits die vielleicht höchste Lust und andererseits möglicherweise den Verlust von Verstand, Würde und Menschlichkeit. „When Animals Dream“ lautet der Filmtitel, der von besonderer Bedeutung ist, denn er sagt mehr, als ohne Spoilerverdacht verraten werden kann, über das Tier im Menschen – oder über den Menschen im Tier.
 
Marie ist ein zartes, eher schüchternes Mädchen. Sie lebt mit ihrer gelähmten Mutter und mit ihrem hilfsbereiten, patenten Vater in einem abgelegenen norwegischen Küstenstädtchen irgendwo im Nirgendwo. Zum Geldverdienen gibt es hier nur die Fischfabrik, wo Marie an ihrem ersten Arbeitstag mit ein paar widerlichen Initiationsritualen in den mehr rauen als herzlichen Umgangston zwischen ihren männlichen Kollegen eingeführt wird. Marie hält sich wacker – vielleicht liegt das an dem hübschen Daniel, der ihr sofort gefällt und mit dem sie sich auf Anhieb gut verträgt. Mit stoischer Ruhe erträgt sie die Gemeinheiten ihrer Umgebung, aber sie möchte doch gern erfahren, warum so viele Menschen ihr feindselig und ängstlich begegnen. Während sie mit Daniel die Liebe entdeckt, erfährt sie immer mehr über sich und über ihre Familiengeschichte, die voller schrecklicher Geheimnisse ist. Wird sie sich zu einem Monster entwickeln? Marie will sich ihrem Schicksal stellen.
 
Dies ist nicht nur ein sehr schöner, sondern auch ein klassischer Arthousefilm, denn der Plot verlässt sich mehr auf eine feinfühlig inszenierte, intelligente Story als auf offensichtliche Effekte. Dennoch ist alles dabei, was ein echter Horrorfilm braucht: eine spannungsgeladene Story mit mysteriösen Protagonisten und rätselhaften Ereignissen, ein paar düstere Geheimnisse und nicht zuletzt bedrohliche Musik und diffuses Licht sowie gut ausgekasperte Schreckmomente, die zwar nicht offensiv, aber dafür umso wirkungsvoller eingesetzt werden. Jonas Alexander Arnby schafft mit seinen Bildern, die in den Landschaftsaufnahmen wie edle Pastellmalerei wirken, eine unwirkliche, melancholische Atmosphäre. Die Kleinstadt im hohen Norden scheint wie aus der Zeit gefallen. Es gibt weder Smartphones noch Computer. Gäbe es die Dorfdisco nicht, könnte der Film auch in den 70er oder 50er Jahren angesiedelt sein. Hier, am Rande des Nichts, sind die Menschen roh, brutal und gleichzeitig durch und durch ängstlich. Marie (Sonia Suhl) ist einer von ihnen – und doch ganz anders. Sie geht ebenso grazil wie burschikos durchs Leben. Selten lächelt sie, sie scheint von tiefer Traurigkeit erfüllt. Sonia Suhl sieht aus und spielt ein bisschen wie die junge Meryl Streep, anfangs mehr wie ein ängstliches Rehlein, das sich nur langsam ihrer Macht bewusst wird. Sonja Richter spielt Maries Mutter: Sie hat sich selbst aufgegeben, weil sie eine Wissende ist und um ihre Machtlosigkeit weiß. Marie hingegen, die an sich dieselben körperlichen Veränderungen sieht, die der Vater (Lars Mikkelsen) ihr bei der Mutter verheimlichen möchte, will sich nicht abfinden mit ihrem Schicksal. Sie ist auf der Suche nach einer bewussten Zukunft – als Frau, als Tier und als Individuum. Die Entscheidung, wie sie ihr Leben gestalten möchte, wird ihr abgenommen von den Menschen ihrer Umgebung, die sich so sehr vor ihr fürchten, dass sie sie loswerden wollen. Doch Marie hat einen großen Vorteil im Kampf Gut gegen Böse: Sie weiß, wie sie das Böse besiegen kann, denn sie ringt ständig selbst in ihrem Inneren damit. Sie ist stark, stärker als die schwachen Kreaturen, die sich vor ihr fürchten, und sie hat Daniel, der sie liebt, so wie sie ist. Und sie liebt ihn ebenfalls mit all ihrer Kraft …
 
Jonas Alexander Arnby hat eine nordische Horrorfantasie mit mystisch feministischem Touch geschaffen: gruselig und unglaublich spannend.
 
Gaby Sikorski