Whisky mit Wodka

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WHISKY MIT WODKA, der wie SOMMER VORM BALKON in Kollaboration mit Wolfgang Kohlhaase entstand, ist Andreas Dresens ambitioniertestes Projekt bislang. Die Komödie mit den bitteren Untertönen erzählt von einem Filmdreh an der Ostsee, bei dem alle Szenen mit dem alkoholkranken Hauptdarsteller zur Sicherheit noch einmal mit einem Double gedreht werden. Der Film um verletzte Eitelkeiten, Ehrgeiz, Einsamkeit und Würde bedient die Register des großen Kinos – und ist dennoch am besten in den ganzen ruhigen Kammerspielszenen.

Webseite: www.whiskymitwodka.senator.de

Deutschland 2009
Regie: Andreas Dresen
Buch: Wolfgang Kohlhaase
Kamera: Andreas Höfer
Darsteller: Henry Hübchen, Corinna Harfouch, Sylvester Groth, Markus Hering, Valerie Tscheplanowa
Verleih: Senator/Vermietung über Central
Starttermin: 3.9.2009
Länge: 104 min
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Während Andreas Dresen noch an dem intimen Kammerspiel WOLKE 9 arbeitete, begann er bereits mit den Dreharbeiten zu seinem bisher aufwendigsten Film. WHISKY MIT WODKA erzählt nach einer wahren Begebenheit die Geschichte eines Filmdrehs. Der gesichtslose Allerwelts-Regisseur Martin Tellek (Sylvester Groth) dreht eine aufwendige Dreiecksgeschichte in einem Ostseebad in den Dreißigern. Weichzeichner, weiße Anzüge, eine Billigversion von Tod in Venedig. Hauptdarsteller ist der charismatische Otto Kullberg (Henry Hübchen), die Hauptdarstellerin ist Telleks eigene Frau Bettina (Corinna Harfouch), die zugleich eine ehemalige Geliebte von Kullberg ist. Als Kullberg schon am ersten Tag betrunken am Set erscheint und den Film in Gefahr bringt, schlägt der Produzent vor, zur Sicherheit parallel mit einem anderen Hauptdarsteller noch einmal zu drehen. Tellek brüllt zwar zunächst seinen Lieblingsspruch „Ich bin doch kein Eimer, in den jeder scheisst!“, gibt dann aber doch sehr schnell klein bei und engagiert Arno Runge (Markus Hering) als Ersatzmann.

Aus der grotesken Ausgangsituation haben Andreas Dresen und sein Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase eine Komödie entwickelt, in der nach einem eher klamottigen Anfang immer mehr dunkle und wehmütige Töne zum Vorschein kommen. Neben dem Egomanen Otto, der auf einmal merkt, dass seine Tage gezählt sind, bilden sein hoffnungsvoller Gegenspieler Arno, der opportunistische und schmierige Tellek und die unzufriedene, verspannte Bettina das Zentrum der kleinen Zeltstadt am Meer, in der das Filmteam lebt. Jeder haust für sich in einem Wohnwagen, und unter der Glamour-Oberfläche des Filmemachens kämpft jeder mit der Angst vor der Einsamkeit und dem Älterwerden, und gibt sich in kleinen und großen Kompromissen auf.

Das ambitionierte Spiel mit Komik und Tragik, Bosheit und Menschlichkeit, Film und Realität ist gut ausgedacht, und solide und unterhaltsam inszeniert, kommt aber an die großen Vorbilder des Genres, die über Film als Leben erzählen (ALL ABOUT EVE, SUNSET BOULEVARD, EINE AMERIKANISCHE NACHT) nicht heran. Vielleicht, weil Dresen die Komik bewusst ausbremst, seinen Figuren allzu verständnisvoll begegnet und sich in der Inszenierung nicht recht zwischen einer filmischen Kunst-Welt und schlichten Alltagsbildern entscheiden kann. Am stärksten ist WHISKY MIT WODKA immer dann, wenn es so zweisam und privat wird, wie in WOLKE 9 oder in den Paar-Gesprächen von HALBE TREPPE, wenn etwa Bettina und Otto im alten Landgasthof so tun, als ließe sich die Zeit zurück drehen und eine vergangene Affäre wiederholen. Oder wenn Arno versucht, der nette Typ zu sein und Otto dennoch auszubooten.

Arno, der ewige Zweite, der am meisten an die an die unscheinbaren Helden der anderen Dresen-Filme erinnert, ist dann auch die interessanteste und facettenreichste Figur des Films. Markus Hering spielt ihn als verwuschelten, einsamen, eher genügsamen aber dann doch irgendwo auch ehrgeizigen Typ. Einen, der sich, anders als der große Otto mit den großen Monologen, wirklich verwandelt, wenn er im Film-im-Film die Bühne betritt.

Hendrike Bake