Windstill

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Mit ihrem Debütfilm erzählt Nancy Camaldo als Autorin und Regisseurin von drei Menschen, die allesamt in ihrer Situation gefangen sind, die auf das Glück hoffen, ohne in ihrem Leben etwas zu verändern, die träumen, ohne dass es im Grunde die Chance gibt, diese Träume jemals Wirklichkeit werden zu lassen. Ein starker Debütfilm mit einer einprägsamen Geschichte, die über das eigene Leben nachdenken lässt – und darüber, was man selbst auf „irgendwann“ verschoben hat.

Website: www.wfilm.de

Windstill
Deutschland 2020
Regie: Nancy Camaldo
Buch: Nancy Camaldo
Darsteller: Giulia Goldammer, Barbara Krzoska, Thomas Schubert, Anselm Bresgott
Länge: 114 Minuten
Verleih: W-Film
Kinostart: 11.11.2021

FILMKRITIK:

Ein Sommer in Deutschland: Lara ist praktisch nur noch damit beschäftigt, sich um ihr einjähriges Baby zu kümmern, während ihr Freund Jacob in einem miesen Job als Koch arbeitet. Keiner von ihnen erhält Bestätigung. Im Gegenteil, das Leben laugt aus und der Frust sitzt tief. Irgendwann wird es Lara zu viel, weswegen sie das Baby zurücklässt und nach Südtirol geht. Dort bewirtschaftet ihre Schwester Ida einen Bauernhof, doch das Auftauchen von Lara ist nicht unbedingt ein glückliches, da alte Wunden aufgerissen werden.

Inspiriert wurde Nancy Camaldo von einem Freund aus Schulzeiten. Er wollte Pilot werden, als sie ihn wiedertraf, war er es aber nicht. Die Augen waren zu schlecht. Stattdessen träumte er davon, nach Neuseeland auszuwandern. Ein Jahr später traf sie ihn wieder, ausgewandert war er aber nicht. Stattdessen erwartete seine Freundin ein Kind von ihm. Auf die Frage nach Neuseeland antwortete er nur: „Irgendwann mal.“ Das brachte Camaldo zum Nachdenken. Jeder hat seine Träume, jeder wartet auf den Moment, an dem sich alles verändert, an dem der Trott des Alltags zugunsten eines anderen, vielleicht besseren Lebens schwindet. Aber jeder ist in seinem Leben auch gefangen. Es passiert, während wir Pläne schmieden. Nicht jeder Traum wird Wirklichkeit, manche, wenn nicht gar viele, muss man im Lauf der Jahre einfach beerdigen.

Das ist die Essenz von „Windstill“. In diesem Film betrachtet Camaldo das Leben dreier Menschen, die sich allesamt fragen, wann ihr „irgendwann mal“ ist. Ob es schon gewesen ist, ob es gerade ist, ob es noch kommt, all derweil sie sich gefangen fühlen, ohne zu wissen, wie sie aus dem ausbrechen sollen, was ihr Leben ist. Das Älterwerden geht damit einher, dass man realisiert, was nicht mehr möglich ist. An diesem Punkt sind die Figuren von „Windstill“ noch nicht. Sie sind noch zu jung, aber sie befinden sich am Scheideweg. Wenn jetzt nicht die richtigen Weichen gestellt werden, ist ihr Leben, wie es ist. Dann wird sich nichts mehr ändern.

Das macht „Windstill“ zu einem prägnanten Film, weil er den Zuschauer auffordert, über sich selbst nachzudenken. Was waren unsere eigenen Träume? Und wie viel haben wir davon tatsächlich verwirklicht? Die Wahrheit ist aber wohl auch, dass man die Verheißung spürt, aber wie die Hauptfiguren in der eigenen Wohlfühlzone und der täglichen Routine gefangen ist. Ein Film mit Denkanstößen, aber auch dem frustrierenden Gefühl, dass viele von uns nicht sehr weit von den Protagonisten entfernt sind …

Peter Osteried