Wir wollten aufs Meer

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Das Meer, die Freiheit, davon träumen in Toke Constantin Hebbelns starkem Spielfilmdebüt die zwei Freunde Conny und Andreas. Doch sie leben in der DDR und haben keine Chance ihre Träume zu verwirklichen – außer sie spielen nach den krummen Regeln des Systems. Wie daran Freundschaften zerbrechen erzählt „Wir wollten aufs Meer“ als bewegendes, packendes Drama.

Webseite: www.wirwolltenaufsmeer.de

Deutschland 2012
Regie: Toke Constantin Hebbeln
Buch: Ronny Schalk, Toke Constantin Hebbeln
Darsteller: Alexander Fehling, August Diehl, Ronald Zehrfeld, Phuong Thao Vu, Sylvester Groth, Rolf Hoppe, Hans-Uwe Bauer, Thomas Lawinsky
Länge: 116 Minuten
Verleih: Central/ Wild Bunch
Kinostart: 13. September 2012

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Voller Enthusiasmus kommen die Freunde Conny (Alexander Fehling) und Andreas (August Diehl) 1982 nach Rostock. Dort, am einzigen Hochseehafen der DDR, dem Tor zur Welt, wie es eher ironisch heißt, wollen sie ihren Traum verwirklichen und zur See fahren, Abenteuer erleben, andere Kulturen und Menschen kennen lernen.

Schnitt: Drei Jahre später: Aus dem Traum ist immer noch nichts geworden, denn als allein stehende Männer ohne Familie lässt der Staat sie nicht einfach raus, und so fristen die Freunde ein Dasein als Hafenarbeiter. In der Verzweiflung hat Conny eingewilligt, seinen Vorarbeiter Matze (Roland Zehrfeld) auszuspionieren, der ihm vertraut und von seiner geplanten Republikflucht berichtet. Doch bis zum Verrat eines Freundes will Conny für seine Träume dann doch nicht gehen: Das Tonband landet im Graben, Andreas ist entsetzt, der Bruch der Freundschaft setzt ein. Auf eigene Faust verrät Andreas Matze, doch Conny bleibt stark: Er lehnt die Erpressung zur Mitarbeit ab, wohl wissend, dass er und seine vietnamesischen Freundin Phuong (Phuong Thao Vu) nun vor der Wahl stehen: Die Flucht versuchen oder im Gefängnis landen. Doch während Phuong es tatsächlich über die Grenze schafft und nun in Hamburg auf Nachricht von Conny wartet, landet der im Gefängnis, ausgerechnet in der Zelle von Matze. Andreas wiederum, nach einem Unfall im Rollstuhl sitzend, beginnt immer intensiver für die Stasi zu arbeiten und macht dabei auch vor seinem früheren und einzigen Freund Conny nicht halt.

Freundschaft und Liebe vor dem Hintergrund des repressiven Systems der Staatssicherheit. Immer wieder fühlt man sich in Toke Constantin Hebbelns Film an „Das Leben der Anderen erinnert“, der auf teilweise sehr ähnliche Weise von Freundschaft und Verrat erzählte, sich mit seiner sympathischen Stasi-Figur allerdings deutlich weiter aus dem Fenster lehnte als es Hebbeln und sein Co-Drehbuchautor Ronny Schalk hier tun. Sie bewegen sich mit der Charakterisierung der drei Hauptfiguren in bekannten Fahrwassern. Es liegt vor allem an den exzellenten Schauspielern, das Figuren wie Fehlings unbeugsamer Conny und Diehls innerlich zerrissener Verräter Andreas nicht zu Klischees werden. Besonders Diehl überzeugt einmal mehr in seiner Rolle als einstiger Lebemann, der nun, an den Rollstuhl gefesselt, nur noch die Anwerbungsversuche seines Vorgesetzten beobachten kann und nicht mehr selbst aktiv ist. Immer wieder hofft man, dass er mit seinen Manipulationen letztlich doch versucht, dass System zu benutzen und Conny zu helfen, doch immer wieder muss man realisieren, dass Andreas das Unglück Connys wichtiger ist als die einstige Freundschaft.

Frei, aber doch nah an der Realität erzählt, gelingt es Hebbeln auf überzeugende Weise vom inneren Druck eines Systems zu erzählen, in dem der Einzelne nicht frei war. Welche furchtbaren Entscheidungen dadurch geradezu erzwungen wurden, ist fraglos ein beliebtes Thema des deutschen Kinos geworden, doch wenn es so überzeugend erzählt wird wie hier, vergibt man gern eine eher konventionelle Herangehensweise. Zumal mit Fehling, Diehl und Zehrfeld, drei Schauspieler den Film prägen, denen man momentan eigentlich in allem gern zusieht, erst recht in einem berührendem Film wie diesem.

Michael Meyns

Ein Film in etwa vergleichbar mit „Das Leben der anderen“.

DDR, 80er Jahre. Andreas und Cornelis haben einen Traum. Sie wollen zur Handelsmarine, um aus dem Land herauszukommen. Nicht unbedingt fliehen, aber etwas anderes sehen als immer nur die DDR.

Sie haben im Grunde eine einzige Möglichkeit: Sie müssen mit dem Regime, der Stasi vor allem, zusammenarbeiten, um einen solchen Job zu bekommen. Sie wissen, dass der Hafenmitarbeiter Matthias Schönherr „rüber machen“ will. Der müsste verraten werden.

Andreas (Andy) und Cornelis (Conny) sind sehr gute Freunde. Doch am Verrat Schönherrs scheiden sich die Geister. Conny springt ab, Andy bleibt „IM“. Die beiden trennen sich, streiten sich, verprügeln sich, werden sich in Zukunft bekriegen.

Conny will nun mit seiner vietnamesischen Freundin Phuong Mai selbst in den Westen. Sie fliehen über die CSSR, werden jedoch von Andy verraten. Mai gelingt die Flucht nach Hamburg, Conny wird verhaftet und für Jahre ins Gefängnis geworfen.

Andy wird dagegen hauptamtlicher Stasi-Mitarbeiter, intrigiert jetzt jahrelang gegen Conny, fälscht die Briefe von Mai an ihn, besucht seinen ehemaligen Freund in der Haft und tut so, als wolle er ihm helfen, betreibt aber durch und durch ein falsches Spiel. Mai ist längst in ihre Heimat zurückgekehrt. Für Conny und Mai scheint alles verloren.

Bis zum Fall der Mauer. Conny fährt jetzt zur See – nach Südostasien. Mai wird er niemals aufgeben.

Eine verzwickte, manchmal etwas konstruiert wirkende Geschichte, die aber eine gewisse damals in der DDR herrschende Atmosphäre nicht besser wiedergeben könnte. Viele bespitzeln viele, unmenschliche Haftbedingungen, immer wieder Misstrauen, Eingesperrtsein im eigenen Land, Folter, unterwürfige bis brutale Staats- und Stasi-Diener, keine Aussicht auf eine Änderung.

Beileibe nicht alles in der DDR war so, das muss unmissverständlich klar sein. Aber manches oder vieles war eben so, und es ist gut, dass und wie es hier gezeigt wird.

Drehbuch und Regie sind von der besten Sorte, das Produktionsdesign und die Ausstattung ebenfalls.

Die Schauspieler leisten tolle Arbeit: Alexander Fehling als aufrecht gebliebener und liebender Conny, August Diehl als lumpiger wenn auch reuiger Andy, Ronald Zehrfeld als verratener Matthias Schönherr, Sylvester Groth als korrupter Stasi-Diener, Rolf Hoppe als schleimiger Oberst Phuong Thao Vu als treue Mai und Annika Blendl als auf ihren Mann wartende Sabine Schönherr, Mutter zweier Kinder.

Ein pamphletartiges aber zum großen Teil wirklichkeitsnahes DDR-Drama.

Thomas Engel