Woman

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Frauen. Ein umfassendes Thema, zu dem es unendlich viel zu sagen gibt. Angehört werden Frauen trotz allem jedoch oft immer noch nicht, gerade wenn es um Themen wie Missbrauch und Ausbeutung geht. Auch darum geht es in „Woman“, einer Dokumentation von Anastasia Mikova & Yann Arthus-Bertrand, vor allem aber um die Stärke und das Selbstvertrauen des angeblichen schwachen Geschlechts.

Website: https://mindjazz-pictures.de/filme/woman/

Dokumentation 
Frankreich 2019
Regie & Buch: Anastasia Mikova & Yann Arthus-Bertrand
Länge: 105 Minuten
Verleih: Mindjazz Pictures
Kinostart: n.n.

FILMKRITIK:

Vor fünf Jahre kam „Human“ ins Kino, ein umfassendes visuelles Projekt über den Menschen, bei dem der französische Fotograf Yann Arthus-Bertrand Regie führte. Etliche der verwendeten Interviews führte damals die junge ukrainische Journalistin Anastasia Mikova, die nun zur Co-Regisseurin aufgestiegen ist. Kein Wunder, denn wie Arthus-Bertrand selbst sagt, fühlte er sich als Mann bei etlichen Aspekten seines neuen Projekts außen vor und nicht in der Lage, aber auch kaum berechtigt, eine Meinung zu haben.

In erster Linie Mikova war es dann, die Frauen in aller Welt fand und interviewte, grob gesagt zur Frage, was es bedeutet, Frau zu sein. Eine Frage, auf die es sicher viele Antworten gibt, die abhängig vom kulturellen und sozialen Umfeld der jeweiligen Frau ist, die jedoch heute, in Zeiten von #metoo, vor allem auch bedeutet deutlich zu machen, wie Frauen unterdrückt, misshandelt oder vergewaltigt werden.

So gibt es in „Woman“ zwar auch Momente, in denen Frauen über ihren Alltag reden, über ihr Leben oder ihre Arbeit, doch der Fokus liegt auf anderen Bereichen. Um Genitalbeschneidung, Zwangsheirat, Verkauf in die Sklaverei geht es, um Diskriminierung und Nötigung. Erschütternde Berichte sind das zum Teil, erzählt von Frauen, deren Narben oft nicht zu sehen sind, manchmal aber doch, wie im Fall einer Frau, die mit Säure überschüttet wurde oder einer anderen, die so heftig geschlagen wurde, dass sie auf einem Auge erblindete.

Gefilmt wurden die Frauen vor neutralem, schwarzen Hintergrund, in den stets gleichen, halbnahen Einstellungen. Auf Texteinblendungen wird verzichtet, allein auf Grund von Sprache, dem Äußerem, der Kleidung kann man ahnen, aus welchen Ländern und Kulturkreisen die Interviewten stammen. Ein großer Fluss entsteht so, das Bild von einer globalen Frau, wobei sich beim Bemühen, ein großes Bild zu formen, bisweilen doch der Eindruck aufdrängt, wo denn die beschworene Vielfalt der Frauen geblieben ist? Zwar wurde in aller Welt gedreht, kommen Frauen aus westlichen Kreisen, Afrika, Asien, der islamischen Welt, Indien und manch anderen Orten zu Wort, doch zumindest im Blick, den Mikova und Arthus-Bertrand auf die Welt werfen, werden Frauen über einen Kamm geschoren: Oft unterdrückt, aber am Ende doch selbstbewusst und stark, das ist die ebenso schlichte, wie zeitgemäße Botschaft, die „Woman“ transportiert.

Dazu passt auch die Machart des Films, der, wie man das vom Fotografen Yann Arthus-Bertrand gewohnt ist, sehr ästhetisch ist, der aber auch – leider – einen großen Hang zum Kitsch hat. Gleich zu Beginn schwebt da etwa eine kaum bekleidete Frau im Wasser, in den Tiefen des Ozeans, begleitet von ätherischen Klängen. Immer wieder werden die Porträts der Frauen dann von Aufnahmen unterbrochen, die Frauen bei ihrem Alltag zeigen, in Fabriken, auf Feldern, oft in Zeitlupe, meist auf eine Weise ästhetisiert, die unnötig anmutet. Denn auch ohne sie zu sentimentalisieren, vermitteln die bloßen Erzählungen der Frauen vielfältige Eindrücke über die eine Hälfte der Menschheit, die immer noch viel zu oft als die Schwache gilt.

Michael Meyns