You kill me

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Da sich beide auf Missionkurs befinden, fällt ihre Kollision um so heftiger aus. Die Umgangsformen der Mafiakiller auf die Sprache der Therapeuten treffen zu lassen, findet Hollywood offenbar unwiderstehlich. Hier verkörpert „Sir“ Ben Kingsley einen höflichen, eiskalten Engel, der von den Anonymen Alkoholikern trockengelegt werden soll, um sein mörderisches Handwerk fehlerfrei weiterführen zu können. Eine ebenso federleichte wie zweifelhafte tiefschwarze Komödie.

Webseite: www.muecke-filmpresse.de

USA/Kanada 2007
R: John Dahl
B: Christopher Markus, Stephen McFeely
D: Ben Kingsley, Téa Leoni, Luke Wilson, Bill Pullman, Philip Baker-Hall, Dennis Farina
Format: 2.35 : 1
Verleih: Koch Media/Neue Visionen
L: 93 Min.
Start: 5. Juni 2008

PRESSESTIMMEN:

Trocken werden, um zu töten: John Dahls feinsinnige Krimikomödie "You Kill Me" erzählt von einem Berufskiller, der zum Alkoholentzug verdonnert wird. Ben Kingsley brilliert als trunksüchtiger Todesengel.
Der Spiegel

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FILMKRITIK:

Eine Reihe aufwendiger Filmproduktionen wie „Mr. und Mrs. Smith“, „Ghost Dog“, „Grosse Point Blank“ oder „The Big Hit“ positionieren Auftragsmörder als äußerst  liebenswerte Menschen, die dringend Zuwendung brauchen und auch bekommen sollen. Längst hat dieses Konzept in diversifizierter Form mit  „Die Sopranos“ auch die Fernsehserie erreicht. Dagegen scheint sich „You Kill Me“ an Therapie-, Schwulen-, Senioren- und Mafiabildern zu orientieren, wie sie vor zwei Jahrzehnten aus den Federn der Filmautoren sprossen. Die Überraschung besteht hier darin, dass diese Schemata leichtfüßig und widerspruchslos weitergeführt werden.
Mit sehnsuchtsvoll glänzenden Augen spielt Ben Kingsley einen alten Killer namens Frank Falenczyk aus Buffalo im Staat New York, der einen „Job“ im Suff verschläft und darum von seiner polnischen Mafiafamilie zu den „Anonymen Alkoholikern“ nach San Francisco geschickt wird, um wieder korrekt einsatzfähig zu sein. Einen branchennahen Arbeitsplatz erhält er auch. Dank der Vermittlung eines Immobilienspekulanten (Bill Pullman)  arbeitet Frank fortan in einem Bestattungsinstitut als Leichenwäscher und -dekorierer. Seine Liebe zum Detail verzückt die Hinterbliebenen. Zu ihnen gehört die unterkühlte Werbefachfrau Laurel (Téa Leoni), die sich sehr schnell in den abgehalfterten Frank verliebt. Eine unwahrscheinliche Liebesgeschichte nimmt ihren Lauf, die sicherheitshalber von Laurel erklärt wird: „Ich mag ältere Männer. Ihr habt schon so viel experimentiert“. Als sie von seinem eigentlichen Beruf erfährt, macht sich Laurel eifrig daran, Franks „Handwerk“, das Töten, zu erlernen. Umgekehrt erfährt Frank von ihr, dass er die Hügel von San Francisco rückwärts hinuntergehen muss, um die Waden zu schonen. Zwischendurch erledigt er einen brutalen „Auftrag“ in Unterwäsche. Als er in seiner Heimat Buffalo die Ehre seines Clans retten muss, schweißt ihn das nur noch enger mit Laurel  zusammen.

Auch in seiner  „AA“-Therapiegruppe trifft Frank auf unkomplizierte Herzen, angefangen bei seinem neuen, netten, schwulen Kumpel Tom (Luke Wilson), selbst nachdem er den Grund seiner Teilnahme offengelegt hat. „Ich bin hier, um wieder in Vollzeit töten zu können.“ Die Antwort ist Schweigen. Zwar handelt es sich um andere Themen als die gebetsmühlenartig wiederholten Bekenntnisse: „Ich bin Sarah und Alkoholikerin mit Essstörung. Ich glaube, ich war deshalb nie satt, weil ich mich innerlich so leer fühlte.“ Aber in diesem Umfeld soll ja jeder Mensch mit allen seinen Fehlern angenommen werden. In dem Therapiegeschwafel finden sich offenbar weder vorgeschriebene Worte noch Reaktionen für diese Sorte Teilnehmer und so läuft bald alles weiter in glatten Bahnen. Franks Konfrontationen in den „AA“-Sitzungen sorgen für die originellen und spannenden Momente. Streckenweise in absurder Groteske, dann in einer Romanze und mal in film-noir-Düsternis gründelnd, kann sich Regisseur John Dahl, bekannt für krasse und düstere Verwicklungen („Die letzte Verführung“, „Red Rock West“), trotz oder gerade wegen seiner teuren Besetzungsliste nicht so recht für eine Richtung entscheiden. Ben Kingsley weiß daraus seinen eigenen Film zu machen. Er personifiziert beängstigend überzeugend den gänzlich unberechenbaren Typen, der ebenso schnell schießt wie er Sympathien einfährt.

Dorothee Tackmann

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Frank ist Berufskiller für eine Mafia-Gang in Buffalo. Allerdings ist seine Zuverlässigkeit stark eingeschränkt, denn Frank ist Alkoholiker quasi im letzten Stadium. Als er wieder einmal im Vollrausch versäumt, den Chef einer rivalisierenden Mafia-Clique unter die Erde zu bringen, wird er von seinem Boss beurlaubt, das heißt nach San Francisco geschickt, damit herausgefunden werden kann, ob Frank weiterhin zu gebrauchen ist.

Mühsam schleppt er sich zu den Sitzungen der Anonymen Alkoholiker, denn die Flasche ist immer noch in Reichweite. Er findet Arbeit, aber was für eine! In einem Bestattungsunternehmen putzt er die Leichen für das Begräbnis heraus. Er muss mit den von seiner Gang geschickten Aufpassern auskommen, und auch ein paar Freunde kreuzen seinen Weg: die Bestatterin Doris beispielsweise oder der schwule Tom, vor allem aber die Medien-Managerin Laurel. Sie ringt mit dem von Rückschlägen keineswegs verschonten Mann liebevoll um die Gesundung.

Dann brennt es zwischen den beiden verfeindeten Mafia-Gangs lichterloh. Was kann Frank da ausrichten? Und wie groß ist die Gefahr für ihn selbst?

Eine Film-noir-Komödie, die handlungs- wie milieumäßig – Beispiel: eine Beerdigungsparty – bestens ausgedacht ist, die jedoch vor allem davon lebt, dass Ben Kingsley diesen Frank derart überlegen wiedergibt. 

Da wird, ob beabsichtigt oder nicht, aufgrund dieser überzeugenden darstellerischen Leistung die Komödie, die Fiktion, die amüsante Unterhaltung verlassen, und es werden in manchen Situationen die niederschmetternden Folgen der Alkoholkrankheit brutal vor Augen geführt. Doch das ist wie gesagt eher passagenweise der Fall. Der Rest ist pure Unterhaltung. 

Die übrigen Beteiligten (Tea Leoni, Bill Pullman, Luke Wilson und andere) arbeiten Ben Kingsley gut zu.

Thomas Engel